Dr. Norden Jubiläumsbox 7 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Als sie dem Portier sagte, daß sie Malena Steiner sprechen wolle, sah der sie prüfend an.
»Sind Sie die Ärztin?« fragte er.
»Ist etwas passiert?« fragte Anouk erschrocken.
»Frau Steiner ist wohl zusammengeklappt. Ist ja auch kein Wunder bei dem Streß, der hier jetzt herrscht.«
»Ich bin Therapeutin und Frau Steiners Freundin«, erklärte Anouk, »wo finde ich sie?«
Der Portier rief einen jungen Mann herbei, der Anouk erst mal bewundernd anstarrte, und sie dann zu Malena brachte.
Sie lag in ihrem Büro auf dem Ledersofa, bewußtlos und sehr blaß.
»Der Notarzt ist schon verständigt, wo er nur bleibt«, stammelte eine junge Frau.
»Sie muß sofort in die Klinik, es scheint eine Lebensmittelvergiftung zu sein«, erklärte Anouk.
Der Sanitätswagen kam und auch der Notarzt. Anouk kannte ihn, es war Dr. Weber.
»Bitte, schnell zur Behnisch-Klinik«, sagte sie. »Ich komme nach. Ich möchte erst noch Herrn Allwoerden sprechen.«
Ihr wurde gesagt, daß er in einer Besprechung sei, aber sie ließ sich nicht abweisen. Sie ging zu seinem Büro, das Türschild hatte sie vorhin bereits gesehen.
Wie sie es sich gedacht hatte, er hatte keine Besprechung, er saß an seinem Schreibtisch und legte schnell das Telefon auf, als Anouk eintrat. Aber sie mußte wohl etwas in ihrem Blick haben, das auch ihn der Sprache beraubte, zumindest für ein paar Momente.
»Mein Name ist Maurus, ich bin eine Freundin von Malena Steiner«, sagte sie, »und ich möchte um Aufklärung ersuchen, was für Schadstoffe in ihrem Essen oder Getränk waren.«
Er schnappte nach Luft und lief rot an. Sie registrierte, wie unnatürlich fleckig sein Gesicht wurde. Allerdings dachte sie erst später darüber nach.
»Was wollen Sie damit sagen?« fragte er gereizt.
»Da niemand sonst betroffen zu sein scheint, muß ich annehmen, daß ihr jemand vielleicht einen Streich spielen wollte. Ich werde dafür sorgen, daß dies genau untersucht wird.«
»Mit welchem Recht?« fragte er, aber seine Stimme klang heiser.
»Malena ist in einem sehr schlechten Zustand. Ich kann das beurteilen, denn ich habe Medizin studiert und bin Therapeutin.«
Seine Augenbrauen schoben sich zusammen. »Ich bin natürlich daran interessiert, daß dieser Zwischenfall aufgeklärt wird. Frau Steiner ist eine sehr geschätzte Mitarbeiterin. Ich hoffe, daß sie bald genesen wird.«
Anouk maß ihn mit einem durchdringenden Blick, und er wurde unsicher, wie jeder, den sie so ansah.
»Ich werde jetzt zur Klinik fahren. Sie hören noch von mir.« Er griff sofort zum Telefon, als sie gegangen war. Nervös wartete er auf eine Stimme am anderen Ende, aber es meldete sich nur ein Anrufbeantworter.
»Ich muß dich sofort sprechen, wenn du nach Hause kommst. Melde dich bei mir und keine dummen Ausreden.«
Unbeherrscht warf er den Hörer zurück und verließ sein Büro. Er erwiderte keinen Gruß und konnte gar nicht schnell genug zu seinem Wagen kommen. Man dachte sich einiges, und es wurde getuschelt, aber leider bekam Anouk davon nichts mit. Sie war inzwischen schon in der Behnisch-Klinik und konnte mit Jenny Behnisch sprechen.
»Es ist ein Betäubungsmittel, aber es muß erst analysiert werden. Sie wird es doch wohl kaum selbst genommen haben, Anouk?« meinte Jenny.
»Sie nimmt ganz selten mal eine Tablette, und gestern war sie noch top in Ordnung. Ich habe einen zwingenden Verdacht, aber leider keine Beweise. Immerhin könnte man die vielleicht noch beschaffen. Ich werde die Polizei einschalten.«
»Glauben Sie ernsthaft an Absicht?«
»Sie wissen doch, daß ich manchmal Visionen habe und diesmal ist es mehr als das. Ich kann es jetzt nicht erklären, später einmal. Kann ich zu Malena?«
Sie war schon weitgehend versorgt worden, und ihr Zustand war stabil. Aber sie war noch nicht bei Bewußtsein. Dr. Dieter Behnisch meinte, daß es ein starkes Mittel gewesen sein mußte. Anouks Miene war finster, als sie die Klinik verließ, aber sie erinnerte sich gerade noch rechtzeitig, daß sie einen Termin mit Lennart van Eicken hatte.
Zu Hause angekommen, hatte sie noch zehn Minuten Zeit, Inspektor Heller anzurufen, den sie persönlich kannte und als sehr loyal schätzte. Sie schilderte ihm kurz, was geschehen war und sie verabredeten sich für siebzehn Uhr im Präsidium. Sie hoffte, daß Lennart dafür Verständnis haben würde.
*
Lennart kam pünktlich, aber er blieb ein paar Minuten von dem anmutig wirkenden kleinen Haus stehen, das zwischen den jetzt kahlen Bäumen doch so einladend wirkte. Anouk nannte es ihr ›Hexenhäuschen‹, was Lennart allerdings nicht wußte. Für ihn hatte es eine ganz eigene Anziehungskraft, einen besonderen Reiz, wie er ihn zum ersten Mal in seinem neuen Leben empfand. Er fragte sich unwillkürlich, ob es in seinem früheren Leben auch ein Haus gab, in dem er sich wohl gefühlt hatte.
Hier tat er es, das wurde ihm noch mehr bewußt, als sein Druck auf die Glocke ein musikalisches Dingdong auslöste und Anouk ihm die Tür öffnete. Er blickte in zwei rätselhafte Augen, und ein elektrisierender Funke raubte ihm den Atem.
»Ich heiße Sie willkommen, Herr van Eicken«, sagte Anouk, und ihre weiche Stimme schmeichelte sich in sein Ohr.
Es war eine anheimelnde Atmosphäre in diesem Haus, aber es war vor allem Anouk, die einen solchen Zauber auf ihn ausübte, daß eine atemlose Spannung ihn gefangennahm. Er war sich aber nicht bewußt, daß er sich bereits in einer Art Hypnose befand und Anouk bereits Macht über ihn gewonnen hatte.
Sie bedeutete ihm, in dem großen Ledersessel Platz zu nehmen und verspürte selbst eine unerklärliche Befangenheit, als das helle Tageslicht auf sein Gesicht fiel, denn sie sah sekundenschnell ein anderes Gesicht und erschrak, weil dies eine blitzartige Erinnerung in ihr wachrief.
Sie mahnte sich zur Ruhe, wußte sie doch, wie wichtig diese war, wollte sie etwas erfahren, womit sie diesem Mann, der jetzt ihr Patient war, helfen konnte.
»Ich habe eine besondere Methode«, begann sie stockend.
»Das sagte mir Dr. Norden. Was kann ich tun?«
»Sie sollen gar nichts tun. Sie lehnen sich zurück und entspannen sich. Ich zünde eine Kerze an, und Sie konzentrieren sich auf die Flamme. Alles andere geschieht wie von selbst.«
»Wie von selbst«, murmelte er, und Anouk dachte, daß sie noch nie ein so gutes Medium gehabt hatte. Als