Butler Parker Staffel 2 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Parker erhob sich würdevoll und klopfte sich mit leichter Hand einige Gräser von seinem schwarzen Anzug herunter. Dann hob er die Brieftasche auf und wartete darauf, daß der junge Mann sich von seinem Schock erholte.
Der junge Mann hatte Pech.
Während seines Rundtanzes geriet er in die gefährliche Nähe eines recht dornigen Strauches. Bevor Parker warnend einschreiten konnte, steppte der Schläger zielsicher in diesen Strauch hinein.
Keuchendes Brüllen war die Reaktion.
Der junge Mann, der immer noch vor lauter Tränen nichts sehen konnte, arbeitete sich mühsam aus dem Strauch hervor und blieb dann japsend und nach Luft schnappend stehen. Er getraute sich nicht mehr, auch nur noch einen einzigen Schritt zu tun.
»Sie sollten das unnötige Reiben der Augen auf jeden Fall aufgeben und einstellen«, meinte Parker schließlich, »meiner bescheidenen Schätzung nach müßten Sie jetzt wieder sehen können. Ich würde es an Ihrer Stelle auf einen ersten, schüchternen Versuch ankommen lassen.«
Der junge Schläger hielt sich an den Ratschlag.
Zuerst öffnete er das linke, dann das rechte Auge. Aus rot entzündeten Augen starrte er den Butler an, der steif und würdevoll vor ihm stand und zustimmend nickte.
»Lassen Sie sich das eine kleine Lehre sein«, meinte Parker, »es gehört sich einfach nicht, Brieftaschen ohne Erlaubnis aus fremden Taschen zu ziehen.«
»Mann, was war das?« stöhnte der Schläger. Dicke Krokodilstränen rollten über seine Wangen.
»Ordinärer schwarzer Küchenpfeffer«, erläuterte der Butler, »übrigens eine ausgesuchte Qualität, wie Sie vielleicht inzwischen festgestellt haben.«
»Verdammter Gauner...!« brüllte der junge Mann. Dann griff er den Butler übergangslos an. Er hatte die feste Absicht, noch einmal mit seinem Totschläger zuzulangen. Er holte weit aus und schlug dann zu, zumal Parker sich nicht vom Fleck weggerührt hatte.
Der junge Mann erlebte seine zweite Niederlage.
Bevor der Totschläger sein Ziel erreichen konnte, schob der Butler den bleigefütterten Bambusgriff seines Universal-Regenschirms unter das Armgelenk des jungen Mannes.
Der Schläger brüllte auf.
Er hatte das Gefühl, als sei sein Arm in Stücke zerbrochen worden. Er fiel auf die Knie und ließ einen zweiten Weinkrampf über sich ergehen.
»Ich muß feststellen, daß Ihre Erziehung große Lücken aufweist«, tadelte der Butler, »wie ein Taschendieb sehen Sie nicht aus. Ein durchschnittlicher Wegelagerer sind Sie gewiß auch nicht. Wer gab Ihnen den Auftrag, meine Brieftasche zu durchsuchen? Sollte man Sie beauftragt haben, meine Identität festzustellen?«
Der junge Mann stöhnte und rieb sich vorsichtig den schmerzenden Arm.
»Einige kühle Umschläge werden genügen, um Sie wieder in Form zu bringen«, sagte Parker, »richten Sie Ihrem Auftraggeber aus, daß ich Überfälle nicht sonderlich schätzen.«
»Dir zahlen wir’s noch heim!« drohte der heulende junge Mann. »Dich nehmen wir noch auseinander.«
Parker, an Drohungen dieser und ähnlicher Art hinreichend gewöhnt, kümmerte sich nicht weiter um den Burschen. Er legte den Griff seines Universal-Regenschirms über den linken Unterarm und schritt von dannen.
Ungehindert erreichte er den Ausgang des Friedhofes und wechselte hinüber zu seinem hochbeinigen Monstrum, das auf dem Parkplatz stand. Er setzte sich ans Steuer seines recht ungewöhnlichen Privatwagens und fuhr davon.
Doch er bog schon in die erste Querstraße ein, wendete und beobachtete dann die Zufahrtsstraße zum Friedhof »Schattenhain«. Er wollte herausbekommen, wer ihn hatte niederschlagen und berauben wollen.
Lange brauchte er nicht zu warten.
Ein Ford tauchte auf und rollte langsam über die Hauptstraße. Am Steuer erkannte Parker den jungen Schläger, der sich während der Fahrt immer wieder die Augen wischte und sie mit einem Taschentuch austrocknete. Der ordinäre schwarze Küchenpfeffer schien noch immer zu wirken.
Der Butler prägte sich das Kennzeichen des Wagens genau ein. Es beruhigte ihn zu sehen, daß der Ford hier in Los Angeles registriert war. Das vereinfachte die weiteren Ermittlungen.
Minuten später, als er sicher sein konnte, daß der Ford auf der großen Durchgangsstraße war, verließ Parker die Seitenstraße und rollte würdevoll zurück zu seinem Hotel, ohne sich dabei um die teils entsetzten, teils amüsierten Blicke zu kümmern, die seinem Privatwagen galten.
*
»Wo haben Sie so lange gesteckt?« erkundigte sich Mike Rander, nachdem der Butler das geräumige Hotelzimmer betreten hatte. »Es wird langsam Zeit für uns. Die Maschine geht in einer guten Stunde. Sie wollen ja schließlich noch Ihr Monstrum verladen lassen, oder?«
»Ich habe mir die Freiheit genommen, Sir, den Friedhof Schattenhain zu besuchen.«
Mike Rander, der hinter dem Schreibtisch stand und einige Akten sortierte, sah ruckartig hoch.
»Sie waren auf einem Friedhof?« fragte er dann überrascht.
»In der Tat, Sir. Ich besuchte das Grab von Mister Glenn Hastings.«
»Ich begreife!« Mike Rander sah seinen Butler kopfschüttelnd an. »Sie rechnen also immer noch damit, daß ich diesen Fall übernehme, wie?«
»Noch ist es kein Fall, Sir, wenn ich mir diesen bescheidenen Hinweis erlauben darf.«
»Stimmt haargenau, Parker. Und darum werden wir Los Angeles auch verlassen. Richard Hastings muß sich damit abfinden, daß sein Sohn nicht mehr lebt. Sinnlos, nach Rätseln zu suchen. Ich habe mir die Geschichte von ihm genau erzählen lassen.«
»Glenn Richard ertrank auf See, wenn ich recht verstanden habe, Sir.«
»Richtig, Parker. Er geriet mit seiner Motorjacht in einen plötzlichen Sturm. Das Boot kenterte, und Glenn Hastings ertrank. Er wurde nach Tagen erst gefunden und dann beigesetzt Was soll daran schon sensationell oder rätselhaft sein?«
»Mister Richard Hastings vermutet jedoch ein Verbrechen, Sir.«
»Ein Hirngespinst, weiter nichts...! Glenn Hastings war der typische Playboy, der auf Kosten seines Vaters lebte. Und das noch nicht einmal schlecht. Wieso sollte dieser Playboy einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein? Und das ausgerechnet auf hoher See? Nein, nein, Parker, die Sache ist klar für mich. Ein Vater will und kann sich mit dem Tod seines einzigen Sohnes einfach nicht abfinden. Das ist der einzige Grund, warum Richard Hastings ein Verbrechen vermutet Die Natur kann er schlecht anklagen, also sucht er nach einem Schuldigen, der für ihn greifbar ist.«
»Darf ich Ihnen ein kleines Erlebnis erzählen, Sir?«
»Erlebnis?