Wilderer und Jäger Staffel 1. Anne Altenried

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Wilderer und Jäger Staffel 1 - Anne Altenried Wilderer und Jäger Staffel

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Fluch zwischen den Lippen. Nun half nur noch eisernes Leugnen. Zornbebend stampfte er mit dem Fuß auf. »Mal werd ich als Wilderer verdächtigt und dann wieder als Schurzbandljäger«, schimpfte er. »Die bitterböse Zaglauerhex hat net bloß einen schlechten Schlaf, sondern noch schlechtere Augen. Was kümmert’s mich, wer um ihr Gartenhäusl herumschleicht? Ich jedenfalls net. Und was den ›Federerbräu‹ anbelangt …« Blitzschnell überlegte er und meinte, eine glaubhafte Ausrede gefunden zu haben. »Von Urlaubern bin ich zum Fensterln angehalten worden. Sie wollten alpenländisches Brauchtum aus nächster Näh erleben. Ein saftiges Trinkgeld hab ich dafür gekriegt.« Zur Bekräftigung seiner Worte nickte er lebhaft mit dem Kopf.

      Martha wandte sich ihm zu. Er konnte aus den grünlichen schräg gestellten Augen nicht herauslesen, was sie dachte und schöpfte leise Hoffnung. Ihre Worte fegten diese Hoffnung hinweg.

      »Viel zu lang bin ich auf deine Sprüch hereingefallen«, sagte die Jägerstochter leise. »Wahrscheinlich hat mir eine unsinnige Lieb den Verstand vernebelt. Der Nebel hat sich jetzt verzogen, Ludl. Ich hab dich durchschaut. Zum Glück noch rechtzeitig. Gehen wir ohne böse Gedanken auseinander. Ohne Feindschaft und ohne Hass. Und wenn wir uns im Dorf begegnen, dann geben wir uns die Hand und wechseln freundliche Wörtl miteinander. So ist’s am besten.«

      »Nein, Rotschöpfl!«, rief er erschüttert aus. Seine Erschütterung war in diesem Moment echt. »Du darfst mich net von dir stoßen. Ich könnt’s net verwinden. Viel zu gern hab ich dich.«

      Ungestüm packte er sie an den Schultern und presste die Schlanke an sich. Sie wehrte sich nicht. Auch als er ihr Gesicht mit heißen Küssen übersäte. Verwirrt sah er sie an und ließ sie los.

      »Wie eine Tote liegst du in meinem Arm, Martha«, stammelte er.

      Die Rothaarige stand auf, ordnete die Frisur und klopfte Sägespäne von den Brettern aus dem Leinenkleid. »Es rührt sich nix mehr in mir, wenn du mich anfasst, Ludl«, murmelte sie. »Was war, ist endgültig vorbei. Damit musst du dich abfinden.«

      Bleich erhob er sich. Er suchte seinen Hut, fand ihn und drückte ihn auf die vollen braunen Haare. »Zur Lieb kann man freilich keinen Menschen zwingen«, sagte er dumpf. »Ist gar ein anderes Mannsbild schuld an deinem Sinneswandel?«

      Sie lächelte. »Nur du, Ludl. Kein anderer«, erklärte sie.

      Der untere Rand des Sonnenballs schien die Schroffen und Grate der Bergkette zu berühren. Seine Glut tauchte die Felsen in feuriges Gold. Die beiden jungen Menschen hatten in dieser Stunde keinen Blick dafür. Sie überhörten auch das leise, melodische Rauschen des Stieglerbaches hinter ihnen. Ein rot bäuchiger Dompfaff saß auf dem schief hängenden Dach der Sägemühle und jubilierte in die abendlichen Lüfte. Sein Gesang wurde nicht vernommen.

      »Darf ich dich wenigstens noch ein Stück begleiten, Martha?«, fragte er fast demütig.

      Martha nickte zustimmend. »Es soll dir net verwehrt sein, Ludl.«

      Schweigend schlenderten sie nebeneinander durch die Stille. Ihre Schritte knirschten im Sand. An den Wegrändern standen Büsche und Beerensträucher. Irgendwo zirpte eine einsame Grille.

      »Mir hat man erzählt, dass der Mangold-Severin ein paar Besoffene verscheucht hat, die dir ein bissel zu nah gekommen sind. Stimmt das, Madl?«

      Die Jägerstochter nickte. »Das hat er«, sagte sie mit einer Wärme in der Stimme, die ihn aufhorchen ließ. »Er war im richtigen Moment zur Stelle. Zu der Zeit wirst du wohl grad einer Sommerfrischlerin Schmus ins Ohr geflüstert haben.«

      »Dalkerter Schwatz«, brummte er verdrossen. Er schielte mit verkniffener Miene zu seiner Begleiterin hinüber. »Hast dich auch herzhaft bei ihm bedankt für den tapferen Beistand, Madl?«

      »Freilich«, sagte sie gelassen. »Und auch der Vater hat net versäumt, sich ausgiebig bei ihm zu bedanken.«

      »Ah!« Ludl stieß einen leisen Pfiff aus und machte schmale Augen. »Der Severin war also bei euch im Haus?«

      »Er hat mich bis vor die Tür begleitet. Da hat ihn der Vater ins Haus gebeten und mit einem Glasl Rotwein bewirtet. Ich denk, der Severin hat’s verdient.«

      Der Bergführer ließ ein unschönes Lachen hören. »Schau an«, höhnte er. »Für den Bauernlackl hat dein Vater wohl mehr Sympathie als für mich? Der Severin ist ja auch ein kreuzbraves Bürschl, das keine Wildererbüchs anrührt.« Er lachte wieder. »Wenn er sich da nur net täuscht, dein siebengescheiter Vater.«

      Martha blieb stehen. Sie rümpfte ihr hübsches, sommersprossiges Näschen. »Willst ihn gar anschwärzen, den Mangoldsohn?«, fragte sie und bog die Mundwinkel verächtlich nach unten. »Ich halte den Severin für einen grundanständigen Menschen.«

      »Soso.« Der Spott in Ludls Miene war nicht zu übersehen. »Ich könnt dir und deinem Vater ein Geschichterl erzählen, über das ihr euch gewaltig wundern tätet. Vielleicht tu ich’s auch noch einmal. Aber heut hab ich keine Lust dazu.«

      Martha ging weiter und beschleunigte ihre Schritte. Sie wollte den Mann an ihrer Seite so schnell wie möglich loswerden. Den Mann, für den vor kurzer Zeit ihr Herz noch voller Liebe geschlagen hatte. Sie begriff nicht mehr, wie sie ihm jemals hatte zugetan sein können. An diesem Tag war es wie Schuppen von ihren Augen gefallen. Sie sah ihn, wie er wirklich war, rücksichtslos, treulos, gewissenlos.

      Am Dorfrand streckte sie ihm die Hand entgegen, und sogar das fiel ihr schwer. »Ich wünsch dir alles Gute, Ludl«, sagte sie.

      »Das wünsch ich dir auch«, sagte er heiser. »Vielleicht bereust du noch einmal, dass du mich wie ein ausgedientes Möbelstück beiseitegeschoben hast. Vom Severin wirst dir net viel erhoffen dürfen. Der hält sich an die Posthalterin. Ihr Mann hat ein schönes Stück Geld hinterlassen.« Er grinste. »Und ein weiches Betterl wird sie wohl auch haben.«

      Wortlos drehte sich Martha um und schritt davon. Aus schmalen Augen sah er hinter ihr her, bis sie um die nächste Straßenecke gebogen war. Martha lief mehr als sie ging. Nur fort aus der Nähe dieses Menschen. Atemlos langte sie daheim an. Der Vater war noch nicht von seinem Reviergang zurückgekehrt. Sie setzte sich zu ihrer kranken Mutter ans Bett. Die beiden Frauen plauderten eine Weile miteinander, dann ging Martha in die Küche, um das Abendbrot zuzubereiten.

      Der Vater kam erst, nachdem sie in der guten Stube das Lampenlicht eingeschaltet hatte, denn die Dunkelheit kroch in den Raum. Er sah kurz nach seinem immer noch bettlägerigen Weib und setzte sich dann müd an den Tisch der Wohnstube. Martha eilte in die Küche, kehrte mit einem Tablett zurück, auf dem Teller und Schüssel standen. Sie trug auf und nahm dem Vater gegenüber Platz. Dieser zerteilte mit dem Messer das Fleischstück und schob einen großen Brocken in den Mund.

      »Ich hab dich net so zeitig daheim erwartet«, sagte er kauend. »Warst doch mit dem sauberen Herrn Neudecker verabredet.«

      Die Tochter nahm einen Schluck aus dem Milchglas. »Das Stelldichein hat net lang gedauert«, antwortete sie stockend. »Ich hab Schluss gemacht mit ihm.«

      Ebenhecht hörte auf zu kauen. Er legte Messer und Gabel beiseite. »Ist das wahr?«, fragte er ungläubig.

      »Es ist wahr«, sagte die Rothaarige, hob den Blick von ihrem Teller und sah den Vater fest an. »Ein bissel spät sind mir die Augen aufgegangen. Aber lieber spät, als gar net.«

      Der Jäger haschte über den Tisch hinweg nach ihrer Hand. »Du ahnst net, Kind, wie froh du mich machst«, sagte er bewegt. »An seiner Seite hätt ich deine Zukunft

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