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Nachmittags schiffte ich mich nach Massaua ein. Achmet war jetzt fieberfrei, ich ließ ihm jedoch noch einige Medikamente zurück, um einem Rückfall vorzubeugen. Er versprach mir, bald mit Booten und Mannschaft nach Massaua zu kommen und uns nach Arkeeko abzuholen. Am Ufer erwartete mich ein Bote des Naybe, der mich bitten ließ, zu ihm zu kommen, um mit ihm zu reden. Ich ließ ihn aber wissen, dass dies unmöglich sei, da ich dringend nach Massaua eilen müsste, um für seinen Neffen Achmet Arzneimittel zu holen. Wir langten um 8 Uhr auf der Insel an, sehr zur Freude unserer Diener, welche sich vor einem hinterlistigen Streich des Naybe gefürchtet hatten. Wir brachten alles ungestört in Ordnung und vollendeten unsere Aufzeichnungen über diese wenig gastfreundliche Insel, die wegen des vielen unter allerlei nichtigem Vorwand und Treulosigkeit vergossenen Christenblutes berühmt ist.
Massaua ist ein sehr ungesunder Ort, wie auch die ganze Küste des Roten Meeres von Suez bis Bab el-Mandeb. Heftige Fieber – Nedad – spielen die Hauptrolle und enden im Allgemeinen am dritten Tag mit dem Tod. Erlebt der Kranke den fünften Tag, erholt er sich oft nur durch Wassertrinken und dadurch, dass man ihn im Bett mit viel kaltem Wasser begießt und in dieser Nässe liegen lässt. Es gibt hier kein wirksameres Mittel als die Chinarinde, man muss sie aber auf eine ganz andere Art und auch zu einem anderen Zeitpunkt geben als in Europa. Würde der Arzt zuerst durch Abführen den Patienten auf das Chinin vorbereiten, würde dieser am Fieber sterben, ehe die Vorbereitung vorbei wäre. Sobald sich Ekel oder Abneigung vor dem Essen, öfteres Gähnen, Drücken in den Augen und eine ungewöhnliche, wenngleich nicht schmerzhafte Empfindung im Rückgrat einstellt, darf keine Zeit versäumt werden. Man muss sofort und oft kleine Dosen Chinin einnehmen, keine Nahrungsmittel zu sich nehmen und nur reichlich Wasser trinken. Ich wagte das häufige Begießen mit kaltem Wasser nie oder nur höchst selten, obgleich ich überzeugt bin, dass es oft einen großen Nutzen hat. Die zweite oder dritte Dosis Chinin, wenn man auch nur eine geringe Menge nimmt, bewirkt unfehlbar eine Abführung. Ist diese reichlich, stirbt der Kranke selten, sondern erholt sich meist sehr schnell. Mäßiges Purgieren ist also meistens zu befolgen und Reis ist in diesem Zusammenhang eine weit bessere Speise als Obst.
Es ist bei den Einwohnern von Massaua eine angestammte Gewohnheit, in der Frühe vor dem Öffnen der Türen Myrrhe und Weihrauch zu verbrennen, und wenn sie des Nachts oder früh am Tag ausgehen, haben sie immer ein kleines, stark mit beidem durchräuchertes Läppchen bei der Hand, dessen Zipfel sie in die Nasenlöcher stecken, um sich vor der ungesunden Luft zu schützen.
Wir verließen Massaua am 10. November mit Achmets Soldaten und Booten. Überdies hatten wir noch die drei Diener aus Abessinien und fürchteten uns nun nicht mehr vor dem Naybe, der seinerseits nicht mehr an uns zu denken schien.
In der Bai zwischen Massaua und Arkeeko liegen die beiden Inseln Toulahout und Shek Seide. Beide sind unbewohnt und haben kein Wasser. Am westlichen Ende von Shek Seide ist das Grab eines Heiligen oder Marabuts.
Achmet fühlte sich jetzt zwar viel besser, war aber doch noch nicht gesund. Er war fieberfrei, dafür zeigten sich aber Symptome einer Dysenterie14. Die beiden Tage über, die ich in seinem Haus zubrachte, versuchte ich diese Krankheit zu bekämpfen und war zum Teil auch recht erfolgreich. Er zeigte sich dafür sehr dankbar, da er sich ganz außerordentlich vor dem Tod fürchtete. Der Naybe besuchte ihn jeden Tag mehrere Male. Weil ich Achmet vor meiner Abreise aus Arkeeko wiederhergestellt sehen wollte, versteckte ich mich bei diesen Gelegenheiten, weil ich entschlossen war, bei der ersten Unterredung mit dem Naybe auf meiner sofortigen Abreise zu bestehen.
Am 13. nachmittags besuchte ich den Naybe in seinem Haus. Er empfing mich höflicher als gewöhnlich, oder besser gesagt, nicht so grob und ungesittet, denn bis jetzt hatte ich noch nie auch nur einen Anflug von Höflichkeit in seinem Benehmen bemerkt. Es war ihm soeben die Nachricht gebracht worden, dass einer von seinen Leuten, der für ihn Geld eintreiben sollte, mit ebendiesem Geld davongelaufen sei. Weil ich ihn beschäftigt sah, empfahl ich mich wieder und fragte lediglich, ob er mir Aufträge für Abessinien zu geben habe, worauf er antwortete. »Wir haben noch Zeit genug, darüber zu reden; kommt nur morgen wieder her.«
Am nächsten Tag in der Frühe stellte ich mich seinem Befehl gemäß wieder ein, nachdem ich vorher mein Gepäck fertiggemacht hatte. Er empfing mich wie am Tag zuvor und sagte mir mit ernsthafter Miene, dass er entschlossen sei, meine Reise mit allen Kräften zu fördern, allerdings unter der Bedingung, dass ich ihm die Achtung erweise, die ihm alle Reisenden schuldig seien. Er ersehe aus meinem Zelt, dem Gepäck und den Waffen, dass ich kein Mann von niedrigem Stand sei, was auch der Firman des Großherrn und die übrigen Briefe bezeugten. Es würde folglich eine große Beleidigung für ihn sein, wenn ich ihm weniger als tausend Patakas15 anböte. Er wolle sich aber in Anbetracht des Statthalters von Tigre, zu dem ich reiste, mit dreihundert begnügen, doch solle ich ihm schwören, dies nicht bekannt zu machen, da er sich vor der Schande fürchte, die es ihm einbringen würde.
Hierauf antwortete ich in demselben ernsthaften Ton, dass er nicht unrecht hätte, sich für dreihundert Patakas zu schämen, wo ihm doch tausend mehr Ehre und Vorteil brächten. Er brauchte also nichts weiter zu tun, als diese Summe in seine Abrechnung mit dem Statthalter von Tigre aufzunehmen, um dadurch Ehre und Interesse miteinander zu verbinden. Wolle er mich die Reise aber nicht fortsetzen lassen, sei ich bereit umzukehren, in diesem Fall aber erwartete ich zehntausend Patakas von Metical Aga für meine bisherige Mühe, Aufregung und den Zeitverlust, welche ihm dieser wohl aufrechnen würde. Der Naybe antwortete mit keiner Silbe, murmelte aber zwischen den Zähnen: »Sheitan afrit!« (»Der Teufel!« oder »Der Plagegeist!«) »Seht nur«, fing darauf einer von den Dienern des Königs an, von dem ich zuvor kein Wort gehört hatte, »ich habe Befehl, diesen Mann zu meinem Herrn zu bringen. Von Patakas habe ich nichts gehört. Die Armee ist im Begriff, gegen Waragna Fasil16 aufzubrechen, ich darf also keine Zeit verlieren.« Darauf nahm er seinen kurzen roten Mantel unter den Arm, schüttelte den Staub davon ab, hängte ihn über die Schulter und streckte dem Naybe die Hand mit den Worten hin: »In einer Stunde bin ich auf dem Weg nach Abessinien, mein Gefährte wird hier bei diesem Mann bleiben. Gebt mir, was Ihr mir für die Herreise schuldig seid, und ich will alle Botschaften, die ein jeder von Euch mir aufträgt, bestellen.« Der Naybe sah sehr verlegen aus. »Überdies«, setzte ich hinzu, »seid Ihr mir dreihundert Patakas schuldig, weil ich Eurem Neffen das Leben gerettet habe. Ist sein Leben nicht dreihundert Patakas wert?« Der Naybe befahl darauf dem Diener des Königs, nicht an diesem Tag abzureisen, sondern am folgenden Morgen zu ihm zu kommen, um seine Briefe mitzunehmen. Dann wollte er uns weiter nach Abessinien schicken.
Als die Freunde, die ich mir in Massaua und Arkeeko gemacht hatte, sahen, wie eigensinnig sich der Naybe unserer Abreise widersetzte, rieten sie mir, weil sie sein grausames Naturell kannten, alle Gedanken auf Abessinien fahren zu lassen. Die Schwierigkeiten bei der Reise durch Samhar, unter den vielen Stämmen, über die er befehlen konnte, würden täglich größer werden, und wir