Reisen zur Entdeckung des Nils. James Bruce

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Reisen zur Entdeckung des Nils - James Bruce Edition Erdmann

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Meeresfrüchten vermischt ist. Es gibt keine Pflanzen, außer einer geringen Menge Binsengras, gerade hinreichend, die wenigen hier lebenden Antilopen und Ziegen zu ernähren. Von den Letzteren gibt es hier eine schöne Art; sie sind klein, kurzhaarig, mit dünnen scharfen Hörnern, welche Ringe haben, und sehr schnell auf den Füßen.

      Obgleich Dahalac in der Nähe von Abessinien liegt, sind die Jahreszeiten doch nicht gleich, denn hier fällt von Ende März bis Anfang Oktober kein Regen. Aber in den Zwischenmonaten, meist im Dezember, Januar und Februar, kommen heftige Regengüsse vor, die zwölf Stunden anhalten, die Insel überschwemmen und die Zisternen so voll füllen, dass das Wasser darin den ganzen folgenden Sommer hinreicht. Einzig in diesen Zisternen findet man Wasser. Es sind noch dreihundertsiebzig erhalten, alle in festen Stein gehauen. Man hält sie für Werke der Perser, es ist aber wahrscheinlicher, dass sie von den ersten Ptolemäern herrühren. Die Erbauer dieser prächtigen Behältnisse mögen aber sein, wer sie wollen, es müssen jedenfalls Menschen gewesen sein, die sich von den heute hier lebenden sehr unterschieden haben. Denn diese besitzen nicht einmal den Arbeitseifer, auch nur eine einzige von diesen dreihundertsiebzig Zisternen zum Gebrauch der Leute in einem reinlichen Zustand zu halten. Sie stehen jeder Art von Tieren offen und sind mit Kot halb gefüllt, welchen diese, wenn sie trinken oder baden, zurücklassen. Wäre nur eine einzige Zisterne gereinigt und mit einer Türe verschlossen, hätte man gesundes und wohlschmeckendes Wasser für das ganze Jahr.

      Die Bewohner von Dahalac scheinen ein einfältiges, furchtsames und unschädliches Volk zu sein. Es ist die einzige Gegend von Afrika oder Arabien, wo keine Waffen getragen werden. Niemand hat eine Flinte, ein großes Messer oder einen Säbel in der Hand.

      Die Einwohner scheinen gesund zu sein, sie versicherten mir auch, dass nur wenige Krankheiten unter ihnen herrschten, wenn nicht zuweilen im Frühling die Schiffe aus Jemen und Jidda die Kinderblattern einführten. Die wenigsten, die davon befallen würden, kämen dann mit dem Leben davon. Ich fand keinen Mann unter ihnen, der sechzig Jahre alt zu sein schien, woraus ich schließe, dass sie nicht alt werden, obgleich die Luft gesund sein sollte, weil den ganzen Sommer der Nordwind weht, welcher die Hitze mäßigt.

      Von allen Inseln, die wir auf dieser Seite des Kanals passierten, ist allein Dahalac bewohnt. Die Sprache hier ist die der Hirten; die meisten Bewohner sprechen aber auch Arabisch. Von hier aus sahen wir auch die hohen Berge von Abessinien, die sich längs der Küste wie eine Mauer bis nach Suakin hinstrecken.

      Wer die abessinische Seite des Kanals durchfahren will, tut gut daran, die Insel Dahalac an der Ostseite zu passieren oder sich wenigstens der letzten Insel, Wowcan, nicht mehr als zehn Seemeilen zu nähern. Besser ist es, sich ungefähr zwölf Seemeilen westwärts von Jebel Teir oder fast in der Mitte des Kanals zwischen diesem und der Insel zu halten. Dann ist man außer jeder Gefahr.

      Als wir am 14. im Hafen von Dobelew ankamen sowie bei der Abfahrt am 17., lief die Flut wie das Wasser durch eine Schleuse, und wir fürchteten, obwohl wir unter vollen Segeln liefen, von unserem Kurs ab- und auf die Felsen zugetrieben zu werden.

      Der Kanal zwischen dem Festland und der Insel ist sehr schmal und die Einwirkung von Sonne und Mond hatte diese ungewöhnlich heftige Flut veranlasst, indem sie eine ungeheure Menge Wasser durch den engen Raum presste.

      Nachdem wir unser Schiff untersucht und unbeschädigt gefunden hatten, auch genügend Wasser, so schlecht es auch war, zur weiteren Reise geladen hatten, segelten wir von Dobelew ab. Wegen widrigen Windes mussten wir gegen 5 Uhr in zehn Faden Tiefe ankern. Am 18. segelten wir mit Wind aus Nordwest und hatten auch eine starke Strömung aus derselben Richtung. Bald waren wir wieder genötigt, vor Anker zu gehen, da wir eine sehr seichte und schmale Stelle vor uns hatten.

      Die Flut drang nun mit ungewöhnlicher Heftigkeit ein und lief wie der Nil oder sonst ein schneller Fluss, eher wie ein Bach, der eine Mühle antreibt, und nicht wie das Meer, wenn es mit der Flut steigt. Nach 1 Uhr hatten wir genug Wasser, um weitersegeln zu können, und wir wurden durch die Heftigkeit des Stroms auf eine in der Tat fürchterliche Weise durch die enge Passage gejagt.

      Um halb 4 Uhr fuhren wir zwischen Ras Antalou, dem Nordkap von Dahalac, und der kleinen Insel Dahalottom hindurch, welche mit einigen Bäumen besetzt ist. Die Straße zwischen dem Kap und der Insel ist eineinhalb Meilen breit. Um 4 Uhr am Nachmittag ankerten wir in der Nähe der kleinen Insel Surat.

      Am 19. September lichteten wir bei Surat gegen 7 Uhr morgens die Anker, um 11 Uhr passierten wir die Insel Dergaiham, die drei Meilen im Nordosten lag, und um 5 Uhr nachmittags lagen wir im Hafen von Massaua. Wir hatten siebzehn Tage, den Tag, an dem wir in Loheia an Bord gingen, eingeschlossen, mit dieser Fahrt zugebracht, obwohl man sie bei günstigem Wind im Allgemeinen in drei Tagen und oft in noch kürzerer Zeit zurücklegt. Daran war jedoch nicht bloß das Wetter schuld. Wir verbrachten viel Zeit mit der Besichtigung der Inseln und mit astronomischen Beobachtungen.

      1 Der Sitz der englischen Ostindien-Kompanie in Arabien.

      2 Geleitbrief, »Schutzbrief«, Bestallungsurkunde – in heutigen Übertragungen meist »Ferman« genannt.

      3 Direkter Abkömmling des Propheten Mohammed.

      4 Titel des Oberhaupts (Häuptling) von Massaua.

      5 Die früher übliche Bezeichnung für Äthiopien. Der Name Abessinien ist die latinisierte Form des arabischen Wortes »habesch«, womit südarabische Volksgruppen bezeichnet werden, welche in vorchristlicher Zeit in dieses Land eindrangen und die sabäische Sprache und Schrift mit sich brachten. Heute ist dieser bis in unser Jahrhundert hinein verwendete Name nicht mehr gebräuchlich und wird von den modernen Äthiopiern sogar als diskriminierend empfunden. Der Name Äthiopier findet sich schon in der altägyptischen Geschichte und bedeutet so viel wie »die mit den verbrannten Gesichtern«.

      6 Michael Suhul war Statthalter der Provinz Tigre und zugleich auch Ras (im Sinn von Erster Minister oder Premierminister zu verstehen). Er hatte nach dem König die höchste politische Position im Land mit fast unbeschränkten Machtbefugnissen, welche von Michael auch weidlich ausgenutzt wurden. In ganz kurzem Zeitabstand ließ er zwei Könige ermorden, die seinen Vorstellungen nicht entsprachen und seiner Gier nach Geld und Ruhm im Wege standen. Er setzte einen ihm genehmeren Prinzen auf den Thron, welchen er leichter manipulieren konnte. Dies geschah unmittelbar vor der Ankunft des James Bruce in Gondar, der Hauptstadt des Reiches.

      7 Salutschießen.

      8 Arabia felix: Seit der Römerzeit übliche Bezeichnung des Jemen.

      9 Schiffskapitän.

      10 In den verschiedenen Ländern variierendes Längen- und Tiefenmaß (so viel, wie ein Mann mit ausgestreckten Armen umfassen kann). Hier ist der englische Faden (fathom) gemeint, der heute noch in der Seefahrt für Tiefenangaben Verwendung findet (1 Faden = 1,83 m).

      2. KAPITEL

      Unerfreuliches und gefährliches Verweilen in Massaua

      Massaua,

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