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– Fürchtest Du Dich vor mir, Kathi?
– Der Braten, Herr – –
Kathi bückte sich, um ein Stück Holz aufzuheben. Das Tuch verschob sich durch diese Bewegung und Herr Czabo sah die nackte, schöne Schulter der Köchin.
– Kathi!
– Herr Czabo!
– Sieh' mich an, ich meine es gut mit Dir.
Bei diesen Worten ergriff er den Arm des jungen Mädchens, so daß es ihn ansehen mußte. Des Apothekers Gesicht schwamm in einem Meere von Freundlichkeit.
– Kathi, sei offen – was fehlt Dir? Aengstigt Dich etwas?
– O nein.
– Und doch glaube ich es zu errathen.
– Sie, Herr Czabo?
– Dein Vetter Lajos ist ein alter Bekannter – –
– Lajos – war er bei Ihnen?
– Ich meine nur, er kann es mir sagen.
– Das glaube ich nicht, sagte Kathi mit einem schmerzlichen Lächeln.
– Und wenn er es mir schon so halb und halb gesagt hätte?
Aus Kathi's Augen blitzte ein seltsamer Strahl und ihr Kopf hob sich hoch empor.
– Lajos, rief sie, unmöglich!
Herr Czabo wunderte sich einen Augenblick über den Ton, in welchem diese Worte gesprochen wurden.
– Ei, mein Kind, sagte er mit einem feinen Lächeln, fürchtest Du, daß Dein Geheimniß verrathen werde?
Der Köchin Gesicht nahm den vorigen Ausdruck wieder an.
– Herr, ich habe keine Geheimnisse.
– Du liebst – nicht wahr? Unglücklich?
– Sie haben Recht, Herr Czabo, sagte Kathi lächelnd, indem sie zu ihren kleinen Füßen hinabsah.
– Und wer ist denn dieser glückliche Mann?
– Das kann ich nicht sagen.
– Ist er jung?
– Sehr jung.
– Reich?
– Sehr reich.
– Soldat?
– Von hohem Range.
– Ah, ich verstehe! rief Herr Czabo. Er diente wohl im Heere der Rebellen und ist jetzt flüchtig oder gar erschossen oder erhängt? Mein Kind, mit einem Rebellen mußt Du es nicht halten, diese Leute haben alle keinen guten Charakter.
– Sie irren, Herr Czabo, er ist kein Rebell.
– Nun, so sage es endlich, wer ist es?
– Unser junger Kaiser!
– Mädchen, rief erstaunt der Apotheker, bist Du toll? Doch es freut mich, daß Du nicht zu den sinnverwirrten Frauenzimmern gehörst, die sich an Rebellen und schlechte Mannsbilder hangen. Du bist ein loyales Mädchen und sollst so lange in meinem Hause bleiben, als es Dir gefällt.
– Ich danke, Herr Czabo!
– Hier nimm, fügte er hinzu, indem er eine Börse mit Geld aus seiner Tasche zog – es ist Dein halbjähriger Lohn im Voraus – kaufe Dir Kleider, oder was Du sonst gebrauchst, ich habe es gern, wenn meine Domestiken hübsch gekleidet gehen.
Ohne sich länger zu besinnen, ergriff Kathi die Börse.
In diesem Augenblicke ertönte ein Marsch von Trommeln durch die Straße. Als ob der kriegerische Schall sie wie ein Blitzstrahl berührt hätte, ließ Kathi die kaum empfangene Börse mit einem leisen Schrei des Schreckens zu Boden fallen, wobei sich ihre Blicke starr auf das Fenster hefteten, das nach der Straße hinaus ging.
Der Apotheker war selbst auf einen Augenblick verblüfft, er schob seine Brille vor die Stirn und starrte ebenfalls nach dem Fenster.
Ein Regiment österreichischer Infanterie in weißen Uniformen, blauen Hosen und großen Bärenmützen marschirte an dem Hause des Apothekers vorüber.
– Kaiserliche Soldaten! rief Herr Czabo, öffnete ein Fenster und sah mit großem Interesse dem kriegerischen Schauspiele zu. Jeder Andere würde sich über die hinkenden Teufel geärgert oder sie bemitleidet haben – Herr Czabo aber rief entzückt aus:
– Wie herrlich! Da kommen die Helden, die das Land erhalten! Ihr edeln Krieger, die Ihr muthig Euer Blut verspritzt für die gerechte Sache, für das milde, gerechte angestammte Kaiserhaus, für Ruhe und Ordnung im Lande – seid willkommen! Es lebe der Kaiser! Der Vater des Vaterlandes! Der hoffnungsvolle Jüngling!
Und rechts und links in der Straße fanden des Apothekers Ausrufungen ein lebhaftes Echo, man sah selbst weiße Tücher aus den Fenstern flattern, geschwungen von alten Weibern mit Hornbrillen auf den zusammengeschrumpften Nasen und Hunde oder Katzen zärtlich an ihre Brust drückend.
– Gott sei Dank, rief der Apotheker, daß wir endlich wieder Soldaten in unsern Mauern haben, nun kann man sich doch ruhig zu Bett legen und ruhig wieder aufstehen. Es lebe der Kaiser!
Kathi schien die Begeisterung ihres Herrn für das angestammte Kaiserhaus nicht zu theilen, der Anblick der Soldaten schien einen tiefen Eindruck auf sie ausgeübt zu haben.
Unbeweglich stand sie an der Seite des Fensters und sah mit schmerzlichen Blicken die weißen Krieger vorüberziehen.
Die Straße war nicht breit, so daß die äußern Rotten des Regimentes dicht an den Häusern marschirten.
Ein junger Mann mit gebräuntem Gesichte und einem großen vollen Barte sah das hübsche Mädchengesicht – rasch trat er einen Schritt seitwärts aus dem Gliede, streckte die Hand aus und trommelte eine Secunde mit den Fingern an der Stelle der Fensterscheibe, wo sich Kathi's Gesicht zeigte.
Mit einem unterdrückten Schrei der höchsten Ueberraschung oder des Schreckens fuhr die Köchin zurück und verbarg sich hinter der Wand.
In demselben Augenblicke mußte der junge Soldat seinen Scherz büßen: ein Korporal hob seinen langen Stock und führte einige derbe Schläge auf die Beine des Kriegers, der für seinen Kaiser in die Schlacht zog, um ihm den Thron zu erhalten.
Diese Aufrechterhaltung strenger Mannszucht sahen die beiden Personen in der Küche nicht mehr, nur die Hunde und alten Weiber in den Fenstern der Häuser hatten Gelegenheit, sich darüber zu wundern.
– Kathi, rief Herr Czabo, Du zitterst ja am ganzen Körper!
– Es ist nichts, Herr, der übermüthige Soldat hat mich ein wenig erschreckt.