Thekla, oder die Flucht nach der Türkei. August Schrader
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– Janos Esthi, mein schönes Kind, kaiserlicher Korporal im zwanzigsten Infanterie-Regimente. Es lebe der Kaiser! Es leben die Schönen! Es lebe der Krieg!
Mit einem Anstande, der den österreichischen Korporalen in der Regel nicht eigen zu sein pflegt, ergriff Janos Esthi Netti's weiche Hand und drückte ehrfurchtsvoll einen Kuß darauf, ohne daß es das junge Mädchen zu verhindern vermochte. Nicht ein Korporal, ein Officier höhern Ranges schien sich in dem Zimmer zu befinden.
– Herr Korporal! rief Niklas, der sich ärgerte, ihn bei Netti eingeführt zu haben.
– Ah, mein Rekrut! Ich sehe, mein junger Freund, Sie haben einen unbedingten Beruf für das Heldenhandwerk. Liebesgram – es ist klar! fügte er mit einem Seitenblicke auf Netti hinzu. O der kleine Gott mit der Binde vor den Augen ist der glücklichste Werber in allen Armeen der Welt!
– Herr Korporal, was sagen Sie da?
– Ich sage, daß Sie eine edle, kriegerische Physiognomie besitzen, daß Sie für den Ruhm geschaffen sind. Wahrhaftig, ich glaube in Ihnen den Kriegsgott zu erblicken, wie er für das Regiment angeworben wird. Nur eins ist mir unerklärlich, fügte der Korporal lächelnd hinzu.
– Und was? fragte Niklas.
– Daß ein so liebenswürdiger junger Mann Unglück in der Liebe haben kann. Bei Gott, man ist hier sehr difficil!
In Niklas Augen glänzte ein Hoffnungsstrahl, er hielt die Ironie des fröhlichen Korporals für Wahrheit.
– Wahrhaftig, sagte er vorwurfsvoll, ich begreife es auch nicht!
– Um den Schönen zu gefallen, fuhr Janos Esthi mit Galanterie fort, bedarf es nur einer Uniform und vorzüglich der meines Regimentes. Wenn man einmal darin steckt, hat man ununterbrochen Glück bei dem schönen Geschlecht.
– Ach, Herr Korporal, so haben Sie doch die Güte und stecken Sie mich hinein! rief eifrig der lange Mann.
– In die Uniform? Gut, verabredet und beschlossen. Ich habe Ihr Wort, alles Uebrige ist unnütz. Freuen Sie sich, junger Held, in dem Regimente der Ehemänner wären Sie vielleicht ein schlechter Soldat geworden, aber in dem meinigen werden Sie ein verführerischer Grenadier werden.
– Ich wäre doch lieber in das andere Regiment eingetreten, flüsterte Niklas vor sich hin und stieß einen tiefen Seufzer aus.
– Herr Niklas, sagte Netti, die ruhig in einer Fenstervertiefung gestanden und dem Gespräche der beiden Männer zugehört hatte – gehen Sie in die Apotheke und bitten Sie meinen Vater, daß er komme.
Niklas entfernte sich. Nach einigen Minuten trat Herr Czabo ein.
– Was wünschen Sie? fragte er grüßend den Korporal.
– Mein Herr, war die artige Antwort, hier ist mein Einquartierungsbillet. Es lebe der Kaiser!
Der Apotheker hob sein schwarzes Käppchen mit der linken Hand empor und reichte die rechte dem Soldaten.
– Bei diesem erhabenen Namen seien Sie mir willkommen! Ja, es lebe der Kaiser! Sie sind hier bei einem seiner wärmsten Anhänger und einem Soldaten, wie Sie – ich habe die Ehre, Kommandant der hiesigen Schutzwehr zu sein.
– Doppelter Grund, uns näher kennen zu lernen. Ihr Name, mein Herr?
– Istvan Czabo, Apotheker.
– Ein herrliches Geschäft! rief der Korporal. Nun, Herr Istvan Czabo, ist mein Quartier in Ordnung?
– Versteht sich. Sie sollen bei mir vollkommen zufrieden sein.
– Ich zweifle nicht einen Augenblick daran, sagte der Soldat mit einer nachlässigen Verbeugung. Gleich bei dem Eintritte wird das Riechorgan durch einen angenehmen Geruch gekitzelt, ohne die angenehmen Gegenstände zu berücksichtigen, die das Auge erfreuen.
– Ein galanter Soldat! dachte Herr Czabo.
– Fräulein Tochter? fragte der Sohn des Mars mit einer Protectormiene, die zugleich auch den Kenner verrieth.
– Ja, mein Herr!
Der Korporal wandte sich mit großer Unbefangenheit zu Netti.
– Fräulein Czabo ist der Inbegriff aller Vorzüge des schönen Geschlechts. Ich mache Ihnen mein Compliment!
Die Ungezwungenheit des Gastes schien dem Apotheker nicht zu behagen, er trat rasch zu seiner Tochter und sagte in einem unwilligen Tone:
– Herr Korporal, meine einzige Tochter Netti!
– Bei Gott, ein schöner Name! Aber noch schöner ist das Gesicht – –!
– Bitte, mein Herr, fuhr Czabo rasch fort – ich muß Ihnen bemerken, daß meine Tochter Braut ist und vielleicht in einigen Tagen schon ihre Verlobung feiert – mit einem braven jungen Manne. Sind Sie noch im Orte, so lade ich Sie hiermit dazu ein.
– Ich nehme die Einladung an. Wir trinken dann auf das Wohl des Kaisers.
– Und des wackern Generals Görgey! rief der Apotheker.
– Das Eine geht nicht ohne das Andere. Ich sehe, daß Sie – –
– Daß ich als Ungar eben so gut kaiserlich gesinnt bin, als Sie?
– Dazu gehört nicht viel! lachte der Korporal vor sich hin.
– Kathi, Kathi! rief der Apotheker durch die halbgeöffnete Thür.
– Gleich, Herr Czabo, gleich! hörte man die Stimme der Köchin im Hause rufen.
Der Korporal war zu Netti getreten und unterhielt sich halb leise mit ihr.
Kathi, die nach Tische ihre Toilette gemacht und den Ruß aus dem Gesichte und von den Händen gewaschen hatte, trat ein. Als sie den Korporal sah, der ihr den Rücken zuwandte, schwand auf einen Augenblick die Röthe ihres Gesichts, sie behielt jedoch äußerlich ihre Fassung.
– Kathi, befahl der Apotheker, hier ist der Schlüssel zu dem Garten und hier der zu dem Gartenhause. Arrangire sogleich das Zimmer darin und führe dann den Herrn dorthin, er wird es bewohnen.
– Kathi, rief Netti, ich werde Dich begleiten!
Der Korporal wandte sich und sah die Köchin, die zitternd an der Thür stand.
Als ob ein jäher Schlag alle seine Glieder gelähmt, stand er wie Lot's Salzsäule in der Mitte des Zimmers und starrte mit großen Augen die bebende Magd an. Kathi's Blicke hafteten eben so starr auf dem Soldaten. Sie fuhr mit der Hand über die Augen, als ob sie eine Wolke verwischen wollte.
– Thekla! flüsterte der Soldat.
– Himmel, er ist's! flüsterte das junge Mädchen.
Der gegenseitige Anblick der beiden Personen hatte einen tiefen Eindruck