Das Wunder der Liebe. Barbara Cartland
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Nachts weinte Ophelia oft bitterlich und trug sich mit dem Gedanken wegzulaufen und eine von den Cousinen ihrer Mutter zu bitten, bei ihr bleiben zu dürfen.
Aber sie wußte, wie sehr sie ihren Vater damit verletzen würde und hatte außerdem das ungute Gefühl, daß ihre Stiefmutter sie zurückholen würde. Sie war ein Mensch, der jemanden brauchte, an dem er die Wut auslassen konnte, und dazu war ihr Ophelia recht.
Außerdem hatte Ophelia mittlerweile ihre Aufgaben: Sie mußte die Blumen arrangieren, mußte Kleidungsstücke ausbessern und die Bücher in der Bibliothek auswechseln.
Nicht, daß Lady Langstone je einen Blick in ein Buch geworfen hätte. Sie informierte sich lediglich über die Titel, die gerade in aller Munde waren - Gedichte von Lord Byron oder den letzten Roman von Sir Walter Scott, zum Beispiel.
Sie las ein oder zwei Seiten, dann mußte Ophelia die Bücher zurückbringen - was sie allerdings erst dann tat, wenn sie sie selbst gelesen hatte.
Obwohl sie manchmal alle Hände voll zu tun hatte, gab es lange Stunden, die sie mit Lesen verbrachte. Ihre Stiefmutter hatte es gleich zu Anfang klipp und klar ausgesprochen: Ophelia hatte zu verschwinden, wenn sie Gäste empfing. Ihre Freunde sollten nicht einmal wissen, daß das junge Mädchen überhaupt im Haus war.
„Ich bin einfach noch zu jung“, hatte sie erklärt, „um als Begleitperson für ein junges Mädchen aufzutreten. Es wird also gar nicht erst an die große Glocke gehängt, daß du mit deinem Vater und mir zusammenlebst. Ist das klar?“
„Ja, Mama“, hatte Ophelia geantwortet.
„Falls ich merke, daß du dich irgendwelchen Besuchern aufdrängst, wirst du mich kennenlernen. Und du wirst es nie wieder versuchen, das schwöre ich dir.“
Ophelia hatte die Drohung verstanden.
„Ich werde dafür sorgen, daß mich niemand sieht“, hatte Ophelia erwidert.
Wenn ihr Vater und ihre Stiefmutter keine Gäste hatten, was selten vorkam, nahm Ophelia die Mahlzeiten mit ihnen zusammen ein. Daß sie nie anwesend war, wenn Leute zum Essen geladen waren, schien ihrem Vater nicht aufzufallen.
Zumindest sagte er nichts, und Ophelia kam sich manchmal wie ein Gespenst vor, das auftauchte, wenn es im Haus still und ruhig war, und das in seinem Zimmer verschwand, wenn im Salon gelacht und geflirtet wurde.
Jetzt ging sie zum Fenster und sah hinaus.
Wie habe ich bloß so ungeschickt sein können, fragte sie sich wieder.
Ihre Stiefmutter durfte nicht erfahren, daß sie Graf Rochester begegnet war, sonst...
Ophelia schauderte zusammen und ihre Hände zitterten.
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