Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman - Leni Behrendt Leni Behrendt Staffel

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ich aufgegeben. Viel ist es aber trotzdem nicht.«

      »Wir lassen es morgen holen.«

      Er nahm ihr das Köfferchen aus der Hand, umfaßte mit der freien Rechten ihre Schulter und zog sie fort, zum Wagen hin. Besorgt prüfte sein Blick den Himmel.

      Sie mußten es schaffen! Denn blieben sie hier, konnten sie stundenlang warten, bis sich das Gewitter ausgetobt hatte.

      »Rasch, Sölve, steig ein –«, ermunterte er. Dann nahm er ebenfalls Platz, und Hussa, den heimatlichen Stall witternd und das aufziehende Wetter fürchtend, jagte davon.

      Als hätte das Gewitter nur auf diesen Augenblick gewartet, brach es nun los. Und zwar mit einer Wucht, daß selbst dem Manne angst und bange wurde.

      Sinnlos vor Furcht raste Hussa dahin, daß die Insassen des Wagens hin und her geschleudert wurden. Sölve schrie laut auf.

      »Halte dich an mir fest!« rief er ihr durch den Sturm entgegen; denn er hatte beide Hände nötig, um den rasenden Hussa zu zügeln.

      Blitz auf Blitz durchzuckte den schwarzen Himmel, der Donner knatterte und dröhnte fast ohne Pause, der Regen prasselte hernieder, daß die beiden Menschen trotz ihrer Wettermäntel in wenigen Minuten durchnäßt waren.

      Sölve hielt den Onkel mit beiden Armen umklammert und ihr Gesicht an seine Schulter gedrückt, um die grellen Blitze nicht sehen zu müssen. Bei jedem Donnerschlag zuckte sie zusammen, und die Blicke Götteruns gingen immer wieder besorgt zu ihr hin. Er machte sich heftige Vorwürfe, daß er das Gewitter nicht doch abgewartet hatte.

      Kurz bevor sie von der Chaussee in die Allee einbogen, die zum Schloß führte, ließ die feste Umklammerung des Mädchens nach. Der Kopf rutschte von Götteruns Schulter und schlug hart auf die Seitenlehne des Wagens.

      »Sölve, Kind, was hast du denn?« rief er erschrocken, packte die Zügel mit einer Hand und umfaßte das Mädchen, das vom Sitz zu fallen drohte, mit dem freien Arm. So fuhren sie vor das Portal, wo Frau Fröse sie schon erwartete.

      Vom Hof her kam ein Stallbursche gelaufen, der das Gefährt in Empfang nahm.

      Das Unwetter hatte nachgelassen, war aber immer noch arg genug, um die Menschen nicht eine Sekunde länger als nötig im Freien verweilen zu lassen. Darum versuchte Götterun erst gar nicht festzustellen, warum seine Begleiterin so plötzlich in sich zusammengesunken war, sondern hob die verhüllte Gestalt auf die Arme und trug sie an der erschrockenen Hausdame vorbei in die Halle. Dort schob er die Kapuze von Sölves Gesicht und sah in ein totenbleiches Antlitz.

      »Großer Gott, sie ist ja ohnmächtig! Armes Ding. Ich könnte mich ohrfeigen, daß ich sie dem rasenden Wetter aussetzte. Bitte, Frau Fröse, Sie nehmen sich wohl ihrer an –?«

      »Selbstverständlich, Herr Baron. Vielleicht bringen Sie die junge Dame in das für sie bestimmte Zimmer.«?

      Schweigend stieg der Schloßherr mit seiner Last die breite teppichbelegte Marmortreppe hinauf, durchquerte ein Vorzimmer und öffnete die Tür zu einem Gemach, in dem alles licht und traut war.

      Auf das weiße flauschige Fell, das den Diwan bedeckte, legte er die stille Gestalt, zog die Kapuze von Gesicht und Kopf und erschrak von neuem über die Blässe des verhärmten Antlitzes.

      Er nahm schweigend die starkriechende Essenz, die Frau Fröse ihm reichte, und rieb der Ohnmächtigen damit Stirn und Schläfen.

      Sein Bemühen wurde auch bald belohnt. Sie schlug die Augen auf, ließ sie angstvoll umherschweifen und erschauerte.

      »Wo bin ich –?«

      »Zu Hause, kleine Sölve!«

      »Ach ja – zu Hause – bei dir – Onkel Jobst – wie schön«, stammelte sie, schlang die Arme wieder um seinen Hals und drückte ihre Lippen auf die seinen.

      »Onkel Jobst, daß ich zu dir kommen durfte –«

      Mit einem tiefen Seufzer ließ sie die Arme sinken und kuschelte sich in das Kissen.

      Behutsam griff Götterun nach ihrem Puls, richtete sich dann auf und sah seiner Hausdame in das bekümmerte Gesicht.

      »Der Puls geht schwach, aber regelmäßig. Zuerst muß sie aus den nassen Kleidern und ins Bett. In der Zeit werde auch ich mich umziehen.«

      Als er eine halbe Stunde später gebadet und frisch gekleidet wieder erschien, schlief Sölve in ihrem Bett mit den duftigen Spitzenvorhängen in tiefster Erschöpfung.

      In den schneeweißen Kissen und der zartgrünen Daunendecke trat die Blässe ihres Antlitzes noch schärfer hervor. Und hätte der leise Atem das Spitzengeriesel des Nachtkleides über der Brust nicht ezritten lassen, so hätte man diese bleiche, regungslose Gestalt für tot halten müssen.

      Lange sah Jobst von Götterun auf das Mädchen nieder.

      »Hat sie etwas gegessen?« fragte er die danebenstehende Hausdame flüsternd.

      »Nein, Herr Baron, sie ist nicht wieder erwacht. Es ist wohl auch am besten, wenn wir sie schlafen lassen. Ich habe Anna schon Bescheid gesagt. Sie kann, während ich zu Abend esse, bei ihr wachen. Zur Nacht schlage ich mein Lager auf dem Diwan auf.«

      »Wird das nicht Ihre Nachtruhe stören, Frau Fröse?«

      »Durchaus nicht, Herr Baron. Und wenn schon – es geschieht ja für Ihren Gast.«

      Darauf erwiderte der Mann nichts. Er ergriff die feine Frauenhand und drückte sie voll Verehrung an die Lippen.

      Ein junges adrettes Mädchen trat ein, dem die Hausdame Verhaltensmaßregeln gab. Dann ging sie in Begleitung des Schloßherrn ins Speisezimmer.

      Der alte Diener Michael ebenso wie der Oberinspektor und viele andere Angestellte auf Uhlen geboren und im Dienste derer von Götterun ergraut, stand schon wartend an der Anrichte.

      Während des Mahles wurde nicht viel gesprochen. Doch als man in dem Teezimmerchen saß, tief in die bequemen Sessel geschmiegt, den Mokka trank, den niemand so köstlich zuzubereiten verstand wie Frau Fröse, Zigaretten rauchte, Obst und Konfekt naschte, wie der Baron es nach den Hauptmahlzeiten liebte, da kam man auf Sölve Jödeborg zu sprechen.

      »Da scheint uns der Gewittersturm ja ein arg zerzaustes Vöglein ins Haus geweht zu haben«, sagte die Hausdame zu Götterun, der gedankenverloren seine Zigarette rauchte. »Ich muß schon sagen, daß ich in meinem Leben kaum jemanden in einer so jammervollen Verfassung gesehen habe wie dieses arme Menschenkind. Wie alt ist die junge Dame eigentlich?«

      »Sölve – wie alt? Warten Sie mal – achtzehn oder neunzehn muß sie sein. Und jammervoll sagen Sie, Frau Fröse?«

      »Mehr als das, Herr Baron. Man kann auch sagen: halb verhungert. Was mag dem armen Kinde geschehen sein?«

      Jobst von Götterun gehörte nicht zu den Menschen, die ihr Herz sozusagen auf der Zunge tragen. Aber sprach er doch einmal über das, was ihn quälte, dann geschah es zu der schlanken weißhaarigen Frau, dem guten Geist seines Hauses, wie er sie nannte.

      Seit fast zehn Jahren im Hause, hatte sie sich immer wieder bewährt und stets ihre Aufopferung und Treue bewiesen. Aus diesem Grunde war sie dem Schloßherrn ans Herz gewachsen wie etwas,

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