Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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war ebenso ängstlich wie ich bei der Aussicht auf den bevorstehenden Kampf, und daß wir Grund genug dazu hatten, mußten wir uns selbst sagen, als wir jetzt aus der Nähe die schimmernden Zahnreihen und die hundeähnlichen Mäuler sahen.

      „Ich dachte immer, daß sie sich vor den Menschen fürchteten", sagte sie.

      „Das tun sie wohl auch", meinte ich einen Augenblick später, als ich das Boot einige Ruderschläge näher an Land gebracht hatte. „Wenn ich kühn an Land ginge, würden sie sich vielleicht aus dem Staube machen." Aber ich zögerte doch.

      „Ich habe einmal von einem Manne gehört, der in eine Brutstätte wilder Gänse eindrang", sagte Maud. „Sie töteten ihn."

      „Die Gänse?"

      „Ja, die Gänse. Mein Bruder hat mir davon erzählt."

      „Aber ich weiß, daß man sie mit Knüppeln erschlägt", sagte ich hartnäckig.

      „Ich glaube, Tundragras würde ein ebenso gutes Dach abgeben", meinte sie.

      Ihre Worte verfehlten ihre Wirkung und trieben mich erst recht an. Ich konnte unmöglich vor ihren Augen feige sein. „Los!" sagte ich, indem ich den Riemen durchs Wasser zog und den Bug auf den Strand laufen ließ.

      Ich stieg aus und rückte tapfer einem langmähnigen Bullen entgegen, der dort inmitten seines Harems lag.

      Ich war mit dem gewöhnlichen Knüppel bewaffnet, mit dem die Ruderer die angeschossenen Robben erschlagen, die dann durch die Jäger mit einem Haken an Bord gezogen werden. Der Knüppel war nur einen halben Meter lang, und in meiner prachtvollen Unwissenheit ließ ich mir nicht träumen, daß der Knüppel, der zum Robbenschlagen an Land gebraucht wird, fast eineinhalb Meter mißt. Die Kühe watschelten mir aus dem Wege, und die Entfernung zwischen mir und dem Bullen verringerte sich. Er erhob sich auf seine Flossen und schien sehr beleidigt zu sein. Es waren jetzt noch einige Meter zwischen uns, aber ich rückte immer weiter vor in der Erwartung, daß er kehrtmachen und davonlaufen würde.

      Als ich noch zwei Meter entfernt war, überkam mich plötzlich ein furchtbarer Schrecken. Was geschah, wenn er nicht davonlief? Nun, dann würde ich ihn eben niederschlagen, antwortete ich mir. In meiner Angst hatte ich ganz vergessen, daß ich nicht gekommen war, um den Bullen in die Flucht zu jagen, sondern um ihn zu töten. Und in diesem Augenblick schnaubte er und stürzte sich knurrend auf mich. SeineAugen flammten, sein Maul stand weit offen, die Zähne leuchteten grausam weiß. Ich gestehe ohne Scham, daß ich meinerseits kehrtmachte und das Hasenpanier ergriff. Er bewegte sich zwar ungeschickt, war aber doch schnell. Nur zwei Schritte trennten mich noch von ihm, als ich ins Boot taumelte. Ich wehrte ihn mit dem Riemen ab, und seine Zähne gruben sich tief ins Blatt. Das feste Holz zersplitterte wie eine Eierschale. Maud und ich waren bestürzt. Im nächsten Augenblick war er unter dem Boot, packte mit seinen Zähnen den Kiel und schüttelte uns heftig.

      „Nein, nein!" rief Maud. „Lassen Sie uns umkehren."

      Ich schüttelte den Kopf. „Was andere Männer können, kann ich auch, und ich weiß, daß andere Männer Robben erschlagen haben. Aber ich glaube, das nächstemal werde ich die großen Bullen in Ruhe lassen."

      Ich ruderte einige hundert Meter den Strand entlang, um meine Nerven zu beruhigen, und ging dann wieder an Land.

      „Nur vorsichtig sein!" rief sie mir nach.

      Ich nickte und schritt weiter, um einen Flankenangriff auf den nächsten Harem zu machen. Es ging auch alles gut, bis ich einen Schlag auf den Kopf einer Kuh richtete und zu kurz schlug. Sie schnaufte und watschelte schwerfällig fort. Ich lief hinterher und schlug wieder, traf aber statt des Kopfes die Schulter.

      „Aufgepaßt!" hörte ich Maud rufen.

      In meiner Aufregung hatte ich auf nichts sonst geachtet, und als ich jetzt aufblickte, sah ich den Herrn des Harems hinter mir hersetzen. Wieder floh ich ins Boot, aber diesmal machte Maud nicht den Vorschlag, daß wir umkehren sollten.

      „Ich denke, es wäre besser, die Harems in Ruhe zu lassen und es mit den einzelnen, harmlosen Robben zu versuchen", sagte sie.

      „Mir scheint, Ihre kriegerischen Instinkte sind erwacht", lachte ich.

      Sie errötete tief. „Ich gebe zu, daß ich mich ebenso ungern wie Sie in eine Niederlage schicken möchte. Aber Ihnen fehlt die richtige Methode. Ja, wenn Sie nicht so nahe an sie heranzugehen brauchten -"

      „Das ist es ja!" rief ich. „Ich brauche einen längeren Knüppel. Und da ist der zerbrochene Riemen gerade recht." Ich zeigte auf einen jungen Bullen im Wasser. „Wir wollen ihn beobachten und ihm folgen, wenn er an Land geht."

      Das Tier schwamm direkt an den Strand und kletterte in eine kleine Lücke zwischen zwei Harems, deren Herren Warnrufe ertönen ließen, ihn jedoch nicht angriffen. Wir sahen, wie er sich mühsam auf einem offenbar vorgezeichneten Wege zwischen den Harems hindurchwand.

      „Also los jetzt!" sagte ich und trat an Land, aber ich gestehe, daß mir das Herz bis an den Hals schlug bei dem Gedanken, daß ich mitten durch diese ungeheure Herde schreiten sollte.

      „Ich glaube, es wäre klug, das Boot festzumachen", sagte Maud.

      Sie war mit mir ausgestiegen, und ich betrachtete sie mit Verwunderung.

      Sie nickte entschieden. „Ja, ich begleite Sie, es ist also am besten, Sie sichern das Boot und bewaffnen mich auch mit einem Knüppel."

      „Lassen Sie uns umkehren", sagte ich mutlos. „Ich denke, Tundragras wird es auch tun."

      „Sie wissen gut, daß es nicht geht", lautete ihre Antwort. „Soll ich vorausgehen?"

      Achselzuckend, aber auch mit wärmster Bewunderung für diese Frau, gab ich ihr den zerbrochenen Riemen und nahm selbst einen anderen. Die ersten Schritte unserer Wanderung machten wir mit großer Angst. Einmal schrie Maud laut, als eine Kuh neugierig ihren Schuh beschnüffelte, und ich beschleunigte meine Schritte aus demselben Grunde. Aber außer einigen warnenden Kläff lauten von beiden Seiten gab es keine Zeichen von Feindseligkeit. Es war ein Robbenbrutplatz, der noch nie einen Jäger gesehen hatte, die Robben waren daher friedlich und furchtlos zugleich. Mitten in der Herde war der Lärm entsetzlich, fast schwindelerregend. Ich blieb stehen und lächelte Maud ermutigend zu, denn ich hatte mein Gleichgewicht rascher als sie wiedergefunden. Ich konnte sehen, daß sie sich sehr fürchtete.

      Sie trat ganz nahe an mich heran und rief: „Ich fürchte mich schrecklich!"

      Aber ich hatte meine Furcht überwunden. Das friedliche Benehmen der Robben hatte mich ermutigt. Maud dagegen zitterte vor Angst.

      Eine Viertelstunde landeinwärts stießen wir auf die Holluschickis, gewandte junge Bullen, die sich hier in der Einsamkeit ihres Junggesellenlebens austobten und Kraft sammelten für die Tage, da sie sich die Würde von Ehemännern erkämpfen sollten.

      Jetzt ging alles glatt. Ich wußte genau, was ich zu tun hatte. Ich schrie, machte drohende Bewegungen mit dem Knüppel und stieß die faulsten sogar mit dem Riemen, und auf diese Weise schnitt ich schnell etwa zwanzig der jungen Burschen von ihren Kameraden ab. Sobald einer von ihnen den Versuch machte, zum Wasser durchzubrechen, stellte ich mich ihm in den Weg. Maud beteiligte sich heftig am Treiben, und ihr Schreien und Schwingen mit dem abgebrochenen Riemen bedeutete eine große Hilfe für mich. Ich bemerkte aber, daß sie hin und wieder ein Tier durchschlüpfen ließ, wenn es besonders matt

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