Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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meiner kleinen Hütte war, durchglühte mich ein schönes Gefühl von Zufriedenheit. Und ich wußte, daß es ein Band zwischen uns gab, ein schweigendes Etwas, das früher nicht gewesen war.

      Ich erwachte mit einem drückenden, geheimnisvollen Gefühl. Etwas in meiner Umgebung schien mir zu fehlen. Aber das Geheimnisvolle und Drückende verschwand, als ich einige Augenblicke wach gelegen hatte und mir darüber klargeworden war, was mir fehlte: Es war der Wind. Ich war in einem Zustand der Nervenanspannung eingeschlafen, wie man ihn beim Vernehmen andauernder Geräusche oder Bewegungen bekommt, und erwacht war ich noch gespannt und vorbereitet auf einen Druck, der nun nicht mehr auf mir lastete.

      Es war seit Monaten die erste Nacht, die ich unter Dach verbracht hatte, und einige Minuten lang genoß ich das herrliche Gefühl, mollig unter meinen Decken zu liegen, ohne Nebel und Spritzern ausgesetzt zu sein. Als ich mich angekleidet hatte und die Tür öffnete, hörte ich noch die Wellen gegen den Strand schlagen und vom Sturm der vergangenen Nacht schwatzen. Es war ein klarer Tag, und die Sonne schien. Ich hatte lange geschlafen und trat nun mit plötzlich erwachter Energie aus meiner Hütte, entschlossen, die verlorene Zeit einzuholen, wie es sich für einen Bewohner der Mühsalinsel ziemte. Draußen aber blieb ich plötzlich stehen. Ich mußte wohl meinen Augen trauen, und doch war ich einen Augenblick betäubt von dem, was sich mir offenbarte. Dort am Strande, keine zwanzig Meter entfernt, lag ein entmastetes Schiff. Masten und Spieren, Wanten, Schote, Leinen und zerfetzte Segel hingen in einem Gewirr über Bord. Ich rieb mir die Augen. Es war die Kombüse, die wir gezimmert hatten, es waren die mir so vertraute Achterhütte und die niedrige Kajüte, die sich kaum über die Reling erhob. Es war die Ghost.

      Welche Laune des Schicksals hatte sie hierhergeführt, gerade hierher? Welcher unglaubliche Zufall? Ich blickte auf die finstere, unübersteigbare Felswand hinter mir und fühlte tiefe Verzweiflung. Entrinnen war hoffnungslos, ganz unmöglich. Ich dachte an Maud, die in der Hütte schlief, welche wir erbaut hatten. Dann wurde mir schwarz vor Augen.

      Wahrscheinlich war es nur der Bruchteil einer Sekunde, aber mir erschien es wie eine Ewigkeit, bis ich wieder zu mir kam. Dort lag die Ghost, den Bug gegen die Küste. Ihr zersplitterter Bugspriet ragte über den Strand, das Gewirr ihrer Spieren schlug gegen die dunkle Schiffsseite, wenn die Wellen sie hoben.

      Plötzlich fiel mir der seltsame Umstand auf, daß sich nichts an Bord regte. Müde vom nächtlichen Kampf mit der See, mochten alle noch schlafen. Mein nächster Gedanke war, daß Maud und ich doch noch entkommen könnten. Wenn wir das Boot erreichten und um die Landzunge fuhren, ehe jemand erwachte?

      Ich wollte sie rufen und sofort mit ihr aufbrechen, als ich mich entsann, wie klein die Insel war. Wir konnten uns nicht auf ihr verstecken. Uns blieb nichts als das unermeßliche, mitleidlose Meer. Ich dachte an unsere gemütlichen kleinen Hütten, an unsere Vorräte an Fleisch, Tran, Moos und Holz, und mir war klar, daß wir die winterliche See und die schweren Stürme, die kommen mußten, nie überstehen konnten.

      So stand ich zögernd vor ihrer Tür. Es war unmöglich, unmöglich! Ein wilder Gedanke fuhr mir durch den Kopf: sie töten, während sie schlief. Aber dann faßte ich, wie in einer Erleichterung, einen besseren Entschluß.

      Alle schliefen. Warum nicht jetzt an Bord der Ghost kriechen - ich kannte ja den Weg zu Wolf Larsens Koje - und ihn töten, ehe er erwachte? Dann - nun, dann würden wir ja sehen. War er erst tot, dann war Zeit, an alles andere zu denken. Und außerdem: Wie die Lage sich auch gestalten mochte - schlechter, als sie jetzt war, konnte sie kaum werden.

      Mein Messer hing mir an der Hüfte. Ich ging wieder in die Hütte, um die Büchse zu holen, vergewisserte mich, daß sie geladen war, und schritt zur Ghost hinab. Mit einiger Schwierigkeit, und nicht ohne mich bis auf die Haut zu durchnässen, kletterte ich an Bord. Die Backluke stand offen. Ich blieb stehen, um den Atemzügen der Mannschaft zu lauschen, aber nichts regte sich. Ich mußte keuchen bei dem Gedanken, der mir plötzlich durch den Kopf fuhr: Wenn die Ghost verlassen war! Wieder lauschte ich. Nichts. Vorsichtig stieg ich die Schiffstreppe hinab. Der Raum strömte den muffigen, kalten Geruch aus, der einer leerstehenden Wohnung anhaftet. Rings über den Fußboden verstreut lagen abgelegte Kleidungsstücke, alte Seestiefel, zerlöchertes Ölzeug - all die wertlosen Dinge, die sich während einer langen Fahrt in der Back ansammeln.

      In größter Hast verlassen! war meine Schlußfolgerung, als ich wieder an Deck stieg. Die Hoffnung wurde wieder lebendig in meiner Brust, und ich sah mich mit größter Kaltblütigkeit um. Ich bemerkte, daß die Boote fehlten. Das Zwischendeck erzählte dieselbe Geschichte wie die Back. Auch die Jäger hatten eiligst ihre Habseligkeiten zusammengepackt. Die Ghost war verlassen. Sie gehörte Maud und mir. Ich dachte an die Vorräte und an die Apotheke unter der Kajüte, und mir kam der Einfall, Maud mit etwas Gutem zum Frühstück zu überraschen.

      Die Erleichterung und das Bewußtsein, daß ich die schreckliche Tat, derentwegen ich gekommen war, nicht auszuführen brauchte, beseelten mich mit kindlichem Eifer. Ich ging auf die Laufbrücke, indem ich zwei Stufen auf einmal nahm, und dachte an nichts Bestimmtes, fühlte nichts außer Freude und der Hoffnung, daß Maud schlafen würde, bis meine Frühstücksüberraschung fertig war. Als ich um die Kombüse bog, dachte ich mit neuer Freude und Befriedigung an die prächtigen Kochgeräte drinnen. Ich sprang auf den Rand der Achterhütte und sah - Wolf Larsen. So überwältigt, so betäubt war ich vor Überraschung, daß ich noch drei oder vier Schritte weiterging, ohne anhalten zu können. Er stand auf der Laufbrücke - nur Kopf und Schultern sichtbar - und starrte mir gerade ins Gesicht. Seine Arme ruhten auf der halbgeöffneten Schiebeluke. Er machte keine Bewegung - er stand nur da und starrte mich an. Ich begann zu zittern. Das alte Gefühl von Übelkeit überkam mich. Ich legte die Hand auf den Rand der Hütte, um mich zu stützen. Meine Lippen schienen plötzlich ausgetrocknet zu sein, und ich befeuchtete sie für den Fall, daß ich sprechen sollte. Meine Augen wichen nicht eine Sekunde von ihm. Keiner von uns beiden sprach.

      In seinem Schweigen, seiner Unbeweglichkeit lag etwas Unheilverkündendes. All meine alte Furcht kehrte zurück, und dazu kam eine neue, die hundertmal größer war. Und so standen wir da und starrten uns an. Ich wurde mir der Notwendigkeit bewußt zu handeln. Aber meine alte Hilflosigkeit hatte mich wieder gepackt, und so wartete ich, daß er die Initiative ergreifen sollte. Die Augenblicke schwanden, und ich sah plötzlich, daß meine Lage dieselbe war wie damals, als ich mich dem großen Robbenbullen genähert hatte: Die Absicht, ihn zu töten, wurde verdrängt von dem Wunsche, ihn fortlaufen zu sehen. Aber endlich dachte ich doch daran, daß ich gekommen war, um selbst zu handeln, nicht, um Wolf Larsen das Heft in die Hand zu geben.

      Ich spannte beide Hähne der Büchse und richtete den Lauf auf ihn. Hätte er sich bewegt oder versucht, sich von der Laufbrücke auf mich zu stürzen, ich würde ihn niedergeschossen haben. Aber er blieb unbeweglich stehen und starrte mich weiter an. Und wie ich ihm, die erhobene Büchse in den Händen, ins Gesicht blickte, hatte ich Zeit zu sehen, wie verstört und abgezehrt er aussah. Es war, als hätte eine furchtbare Gemütsbewegung es verwüstet. Die Wangen waren eingesunken, die Stirn war gerunzelt und sorgenvoll. Seltsam erschienen mir seine Augen, und zwar nicht nur im Ausdruck, sondern in ihrer physischen Beschaffenheit, als ob Sehnerven und Bewegungsmuskeln irgendwie beschädigt wären und die Augäpfel sich verrückt hätten.

      Alles dies sah ich, denn da mein Hirn jetzt mit ungeheurer Schnelligkeit arbeitete, fuhren mir tausend Gedanken durch den Kopf, und doch konnte ich nicht abdrücken. Ich senkte die Büchse und trat an die Ecke der Kajüte, hauptsächlich um meine Nerven zu beruhigen und dann wieder zu zielen, aber auch, um näher an ihn heranzukommen. Wieder hob ich die Waffe. Ich war jetzt kaum mehr als Armeslänge von ihm entfernt. Es gab keine Hoffnung mehr für ihn. Ich hatte meinen Entschluß gefaßt. Es war unmöglich, ihn zu verfehlen, ein so schlechter Schütze ich auch sein mochte. Und doch kämpfte ich mit mir und konnte nicht abdrücken.

      „Nun?" fragte er ungeduldig.

      Ich versuchte vergebens, meinen

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