Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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sich die Tür, und sie trat ein.

      „Das ist nicht recht von Ihnen!" Mit diesen Worten begrüßte sie mich. „Sie haben meine Vorrechte verletzt. Sie wissen doch, daß das Kochen meine Sache ist und -"

      „Nur dies eine Mal", bat ich.

      „Wenn Sie versprechen, es nicht wieder zu tun", lächelte sie. „Es sei denn, daß Sie meiner geringen Leistungen müde geworden wären."

      Zu meiner großen Freude hielt sie nicht ein einziges Mal Ausschau nach dem Strande, und ich konnte den Erfolg verzeichnen, daß sie, ohne etwas zu merken, ihren Kaffee aus der Porzellantasse trank und sich Marmelade auf einen Zwieback strich. Aber das dauerte natürlich nicht lange. Ich sah ihre Überraschung. Sie hatte gemerkt, daß sie von einem Porzellanteller aß. Ihre Augen fielen auf das Frühstück, und nun sah sie eines nach dem andern. Dann blickte sie mich an undwandte das Gesicht langsam nach dem Strande. „Humphrey!" rief sie.

      Der alte, unsagbare Schrecken stieg in ihre Augen. „Ist - er -?" fragte sie zitternd.

      Ich nickte.

      Wir warteten den ganzen Tag, daß Wolf Larsen an Land käme. Wir befanden uns in unerträglicher Spannung. Bald sah der eine, bald der andere angstvoll nach der Ghost. Aber er kam nicht. Er zeigte sich nicht einmal an Deck.

      „Vielleicht hat er seine Kopfschmerzen", sagte ich. „Als ich ihn verließ, lag er auf der Achterhütte. Dort mag er die ganze Nacht gelegen haben. Ich glaube, ich werde einmal hinübergehen und nachsehen."

      Maud sah mich flehend an.

      „Es ist ganz gefahrlos", versicherte ich ihr. „Ich nehme die Revolver mit. Sie wissen, daß ich alle Waffen genommen habe, die es an Bord gab."

      „Aber seine Arme, seine Hände, seine entsetzlichen Hände!" erwiderte sie. Und dann rief sie laut: „Ach, Humphrey, ich fürchte mich so vor ihm! Gehen Sie nicht - bitte gehen Sie nicht!"

      Sie legte ihre Hand bittend auf die meine, und mein Puls flog. In diesem Augenblick verrieten meine Augen sicher, was ich fühlte. Ich wollte meinen Arm um sie legen wie damals in der Robbenherde, aber ich besann mich und hielt mich zurück.

      „Es ist nicht gefährlich für mich", sagte ich. „Ich werde nur über den Bug lugen."

      Sie drückte mir innig die Hand und ließ mich gehen. Aber die Stelle an Deck, wo ich ihn hatte liegenlassen, war leer. Er war offenbar nach unten gegangen. Diese Nacht wachten wir abwechselnd. Denn niemand konnte wissen, was Wolf Larsen einfallen konnte. Er war zu allem fähig.

      Wir warteten sowohl den nächsten Tag wie den darauffolgenden, ohne daß er ein Lebenszeichen gegeben hätte.

      „Es sind wohl wieder die Kopfschmerzen", sagte Maud am Nachmittag des vierten Tages, „vielleicht ist er krank, sehr krank, oder gar tot. Oder er liegt im Sterben", fügte sie hinzu, nachdem sie einen Augenblick auf meine Antwort gewartet hatte.

      „Um so besser!" erwiderte ich.

      „Aber denken Sie, Humphrey, ein Mitmensch in seiner letzten einsamen Stunde!"

      „Vielleicht", meinte ich.

      „Ja, vielleicht", räumte sie ein. „Wir wissen es nicht. Aber wenn, dann wäre es schrecklich. Ich würde es mir nie verzeihen. Wir müssen etwas tun."

      „Vielleicht", meinte ich wieder.

      „Sie müssen an Bord gehen und einmal nachsehen, Humphrey", sagte sie. „Und wenn Sie mich auslachen wollen, so haben Sie meine Einwilligung und meine Verzeihung dazu."

      Ich erhob mich gehorsam und schritt zum Strande hinab.

      „Aber seien Sie vorsichtig!" rief sie mir nach.

      Ich winkte ihr von der Back aus und ließ mich auf das Deck gleiten. Dann ging ich nach achtern auf die Laufbrücke und rief Wolf Larsen. Er antwortete und schickte sich an, die Treppe heraufzusteigen, und ich spannte meinen Revolver. Ich tat es ganz offen, aber er nahm keine Notiz davon. Er machte körperlich denselben Eindruck wie das letztemal, als ich ihn gesehen hatte, aber er war finster und schweigsam. Die wenigen Worte, die wir wechselten, konnten kaum eine Unterhaltung genannt werden. Ich fragte ihn nicht, warum er nicht an Land, und er mich nicht, warum ich nicht an Bord gekommen war. Seine Kopfschmerzen waren, wie er sagte, besser, und so verließ ich ihn ohne ein weiteres Wort.

      Maud hörte meinen Bericht mit sichtbarer Erleichterung, und der Anblick des Rauches, der sich etwas später aus der Kombüse erhob, versetzte sie in bessere Stimmung. Am nächsten und übernächsten Tage sahen wir wieder den Rauch aufsteigen, und hin und wieder ließ Wolf Larsen sich auf der Achterhütte sehen. Aber das war auch alles. Er machte keinen Versuch, an Land zu kommen. Das wußten wir, denn wir hielten weiter unsere Nachtwachen. Seine Untätigkeit ängstigte und beunruhigte uns.

      Auf diese Weise verging eine ganze Woche. Wir hatten keinen andern Gedanken als Wolf Larsen, und der Druck, den seine Anwesenheit auf uns ausübte, hinderte uns, uns irgendwie mit den Dingen, die wir geplant hatten, zu befassen.

      Aber am Ende der Woche hörte der Rauch auf, aus dem Kombüsenschornstein zu steigen, und Wolf Larsen zeigte sich nicht mehr auf der Achterhütte. Auch mir war nicht wohl zumute bei dem Gedanken, daß dieser Mann, den ich zu töten versucht hatte, so nahe seinen Mitmenschen allein sterben sollte. Er hatte recht: Die Tatsache, daß er Hände, Füße und Körper hatte wie ich, bedeutete eine Forderung, die ich nicht außer acht lassen konnte. Das zweite Mal wartete ich daher nicht, bis Maud mich schickte.

      Als ich bei der Back war, zog ich mir die Schuhe aus und ging auf Strümpfen geräuschlos nach achtern. Diesmal rief ich auch nicht von der Laufbrücke. Ich stieg vorsichtig hinunter und fand die Kajüte leer. Die Tür zu seiner Kabine war verschlossen. Ich dachte zuerst daran anzuklopfen, erinnerte mich dann aber meiner vorgeschobenen Absicht und entschloß mich, sie auszuführen. Sorgfältig jedes Geräusch vermeidend, hob ich die Falltür im Boden und legte sie um. In der Apotheke wurden sowohl Kleidungsstücke wie Lebensmittel aufbewahrt, und ich nahm die Gelegenheit wahr, um mich mit Unterwäsche zu versehen. Als ich wieder heraufkam, hörte ich ein Geräusch aus Wolf Larsens Kabine. Ich duckte mich und lauschte. Der Türgriff knarrte. Instinktiv schlich ich mich hinter den Tisch zurück und spannte meinen Revolver. Die Tür öffnete sich, und er erschien. Nie hatte ich eine so tiefe Verzweiflung gesehen wie die, welche sich auf seinem Gesicht - dem Gesicht Wolf Larsens, des Kämpfers, des starken Mannes, des Unbezwinglichen - ausprägte. Wie eine Frau, die die Hände ringt, hob er die geballten Fäuste und stöhnte. Dann ließ er die eine Hand sinken und fuhr sich mit der Handfläche langsam über die Augen, als wischte er Spinnweben beiseite. „Großer Gott!" stöhnte er, und wieder hob er die Fäuste in der unendlichen Verzweiflung, die in seiner Kehle zitterte.

      Es war gräßlich. Ich bebte am ganzen Körper und konnte fühlen, wie mir der Schauder den Rücken entlangrann und der Schweiß auf die Stirn trat. Es gibt sicher wenige Dinge in der Welt, die furchtbarer sein können als der Anblick eines Starken in dem Augenblick seiner äußersten Schwäche, seines völligen Zusammenbruchs.

      Aber durch die Anspannung seines unbezwinglichen Willens gewann Wolf Larsen seine Selbstbeherrschung wieder. Es war eine mächtige Anspannung. Seine ganze Gestalt wurde von dem Kampfe geschüttelt. Es sah aus, als sollte er im nächsten Augenblick bewußtlos niederstürzen. Sein Gesicht zuckte und verzerrte sich vor Schmerz, bis er wieder zusammenbrach. Und wieder hob er die Fäuste und stöhnte. Ein-, zweimal schöpfte er tief Atem und seufzte. Dann gelang es. Ich hätte fast glauben können, daß es der alte Wolf Larsen war, und doch lag in seinen

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