Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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lieben deshalb, so echt weiblich war es! Auch lag in ihrem Gefühl nicht die geringste Sentimentalität. Sie stimmte mir bei, daß wir mit der größten Härte vorgehen mußten, wenn wir von hier fortkommen wollten, obgleich sie vor dem Gedanken zurückschauderte, daß ich, um uns zu retten, vielleicht gezwungen war, ihn zu töten.

      Am nächsten Morgen frühstückten wir, und als der Tag anbrach, waren wir schon an der Arbeit. Vorn im Raum fand ich unter allerlei Gerümpel einen leichten Wurfanker, und mit einiger Mühe schaffte ich ihn an Deck und ins Boot. Ich befestigte ihn im Stern, ruderte ein gutes Stück in unsere Bucht hinaus und ließ den Anker hinab. Kein Lüftchen regte sich, die Flut war hoch, und der Schoner schwamm frei. Mit großer Anstrengung - das Spill war ja zerbrochen - brachte ich die Ghost dann durch Handkraft an den Anker heran, der zu klein gewesen wäre, um sie auch nur bei einer leichten Brise zu halten. Dann ließ ich den großen Steuerbordanker hinab. Am Nachmittag arbeitete ich am Spill. Drei Tage hatte ich damit zu tun. Es gab wohl nichts, wozu ich mich weniger geeignet hätte als zum Mechaniker - ein einfacher Maschinist hätte das, wozu ich diese drei Tage brauchte, in ebensoviel Stunden geschafft. Ich mußte erst mit dem Werkzeug umgehen und die einfachsten Grundregeln der Mechanik kennenlernen, die für den Fachmann eine Selbstverständlichkeit waren. Aber am Ende der drei Tage hatte ich ein Ankerspill, das, wenn auch schwerfällig, arbeitete. Es funktionierte nie so gut wie das alte, aber es ging jedenfalls und ermöglichte mir die Arbeit.

      Im Laufe eines halben Tages bekam ich die beiden Marsstengen an Bord, hatte den Scherenkran aufgetakelt und wie zuvor mit Pardunen versehen. Und diese Nacht schlief ich an Bord neben meinem Werke. Maud, die sich geweigert hatte, an Land zu bleiben, schlief in der Back. Während ich am Spill arbeitete, hatte Wolf Larsen daneben gesessen, gelauscht und sich mit Maud und mir über unwichtige Dinge unterhalten. Von keiner Seite wurden Andeutungen über die Zerstörung des Scherenkrans gemacht; ebensowenig sagte er wieder etwas davon, daß ich sein Schiff in Ruhe lassen sollte. Aber immer wieder fürchtete ich ihn, der, blind und hilflos, lauschte, immer lauschte, und ich hütete mich, während der Arbeit in die Reichweite seiner starken Arme zu kommen.

      Als ich nachts unter meinem Scherenkran schlief, wurde ich durch seine Schritte an Deck geweckt. Es war eine sternenklare Nacht, und ich konnte ihn undeutlich umhertappen sehen. Ich wickelte mich aus meinen Decken und schlich geräuschlos auf Strümpfen hinter ihm her. Er hatte sich mit einer Ziehklinge aus dem Werkzeugkasten versehen und wollte sich nun daranmachen, die Falle, die ich wieder an dem Scherenkran befestigt hatte, zu durchschneiden. Er betastete die Falle und merkte, daß sie nicht straff gezogen waren. Hier nützte die Ziehklinge nichts. Er zog die Leinen daher an und machte sie fest. Dann schickte er sich an zu schneiden.

      „An Ihrer Stelle würde ich es nicht tun", sagte ich ruhig.

      Er hörte das Klicken meiner Pistole und lachte. „Hallo, Hump!" sagte er. „Ich wußte gut, daß Sie da waren. Sie können meine Ohren nicht täuschen."

      „Das ist nicht wahr, Wolf Larsen", erwiderte ich ebenso ruhig wie zuvor. „Ich warte aber auf eine Gelegenheit, Sie zu töten. Also schneiden Sie nur weiter."

      „Die Gelegenheit haben Sie immer", sagte er.

      „Los, schneiden Sie!" drohte ich bedeutungsvoll.

      „Das Vergnügen gönne ich Ihnen doch nicht", lachte er, wandte sich um und ging nach achtern.

      „Es muß etwas geschehen, Humphrey", sagte Maud am nächsten Morgen, als ich ihr den nächtlichen Zwischenfall erzählt hatte. „Solange er seine Freiheit hat, ist er zu allem fähig. Er kann das Schiff in den Grund bohren oder in Brand stecken. Man kann gar nicht wissen, worauf er verfällt. Wir müssen ihn festnehmen."

      „Aber wie?" fragte ich und zuckte hilflos die Achseln. „Ich wage mich nicht in die Reichweite seiner Arme, und er weiß gut, daß ich ihn nicht erschießen kann, solange er sich auf passiven Widerstand beschränkt."

      „Es muß eine Möglichkeit geben", beharrte sie. „Lassen Sie mich nachdenken."

      „Es gibt eine Möglichkeit", sagte ich grimmig.

      Sie sah mich erwartungsvoll an.

      Ich hob den Robbenknüppel.

      „Töten werde ich ihn nicht", sagte ich. „Und ehe er sich erholt hat, habe ich ihn gut und sicher gebunden."

      Sie schüttelte schaudernd den Kopf. „Nein, so nicht. Es muß ein weniger brutales Mittel geben. Lassen Sie uns noch warten."

      Aber wir sollten nicht lange warten, bis die Frage von selbst gelöst wurde. Als Wolf Larsen an Deck kam, bemerkten wir sofort etwas Seltsames an ihm. Sein Gang war noch unsicherer als sonst. Als er die Kajüte an Backbord passierte, schwankte er geradezu. Am Rand des Hüttendecks taumelte er, hob die Hand, um die gewohnte Bewegung des Wegwischens zu machen, und fiel die Treppe hinunter auf das Hauptdeck. Er kam auf die Füße;, stolperte aber und schlug mit den Armen um sich, um das Gleichgewicht zu bewahren. Auf der Laufbrücke blieb er eine Weile benommen stehen, dann krümmte er sich plötzlich und brach zusammen. Die Füße glitten ihm fort, und er stürzte aufs Deck.

      Wir traten zu ihm, aber er schien das Bewußtsein verloren zu haben und atmete nur keuchend. Maud hockte neben ihm nieder, hob ihm den Kopf, um den Blutandrang zu vermindern, und schickte mich in die Kajüte, um ein Kissen zu holen. Ich brachte auch Decken, und wir betteten ihn. Ich fühlte ihm den Puls. Der schlug regelmäßig und kräftig und war ganz normal. Das war merkwürdig, und ich wurde mißtrauisch.

      „Wie, wenn er sich nur verstellt?" sagte ich, noch sein Handgelenk haltend.

      Maud schüttelte den Kopf mit einem vorwurfsvollen Ausdruck. Aber im selben Augenblick entriß er mir sein Handgelenk und umklammerte das meine wie ein Tellereisen. In Todesangst stieß ich einen wilden, unartikulierten Schrei aus. Ein Blick zeigte mir sein boshaftes, triumphierendes Gesicht, dann legte sich sein anderer Arm um meinen Leib und zog mich in einer furchtbaren Umarmung nieder. Er ließ mein Handgelenk los, sein anderer Arm legte sich um meinen Rücken, umschloß meine beiden Arme, so daß ich mich nicht rühren konnte. Seine freie Hand tastete nach meiner Kehle, und dank meiner eigenen Dummheit hatte ich in diesem Augenblick den bitteren Vorgeschmack des Todes. Ich fühlte andere Hände an meiner Kehle. Es war Maud, die sich vergebens bemühte, die Hand, die mich würgte, loszureißen. Sie gab den Versuch auf, und jetzt hörte ich sie herzzerreißend schreien - wie ein Weib in Angst und tiefster Verzweiflung schreit. Ich kannte dies Schreien vom Untergang der Maitinez.

      Mein Gesicht war gegen seine Brust gepreßt, und ich konnte nichts sehen, aber ich hörte Maud schnell über das Deck laufen. Ich war noch bei vollem Bewußtsein, und es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich sie wiederkehren hörte. Und dann spürte ich, wie der Mann unter mir zusammensank. Die Hand an meiner Kehle löste sich. Ich atmete wieder. Noch einmal wurde sein Griff wieder fester. Aber selbst sein ungeheurer Wille konnte die Schwäche nicht überwinden und versagte. Dann verlor er das Bewußtsein.

      Ich wälzte mich fort und lag, nach Luft schnappend und im Sonnenschein blinzelnd, auf dem Rücken. Maud - meine Augen hatten sofort ihr Antlitz gesucht -, Maud war blaß, aber beherrscht, und sie blickte mich erregt und erleichtert an.

      Ich sah einen mächtigen Robbenknüppel in ihrer Hand, und im selben Augenblick bemerkte sie die Richtung meiner Augen. Sie ließ den Knüppel fallen, als ob sie sich die Finger verbrannt hätte, und im nächsten Augenblick lag sie in meinen Armen und weinte krampfhaft an meiner Schulter, während ich sie fest umschlang. Ich sah hinab auf den braunen Schein ihres Haares, das für mich ein im Sonnenschein glitzernder Juwelenschmuck war, wertvoller, als je in der Schatzkammer eines Königs aufgehäuft gewesen. Und ich küßte leise ihr Haar, so leise, daß sie es nicht merkte.

      Dann

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