Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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versagten zuerst, so daß er die meiste Zeit in seinem Schlafsack verbringen mußte. Hin und wieder schoß Daylight ein Eichhörnchen, mit dem sie ihr Leben erhielten. Die Jagd war seine Sache und eine schwere Arbeit. Bei einem Munitionsvorrat von nur dreißig Schuß durfte er keinen Fehlschuß riskieren, und obwohl seine Büchse ein Kaliber von 45 bis 90 hatte, war er gezwungen, die kleinen Tierchen durch den Kopf zu schießen. Es gab nur sehr wenige, und es vergingen Tage, ohne daß sie eines zu Gesicht bekamen. Geschah das aber, dann traf er alle möglichen Vorsichtsmaßregeln. Stundenlang pirschte er sich an. Unzählige Male zielte er mit vor Schwäche zitternden Armen und schoß doch nicht. Sein eiserner Wille hielt ihn zurück. Ehe er seiner Sache sicher war, wollte er nicht schießen. So schrecklich Hunger und Sehnsucht nach dem bißchen Leben ihn auch quälten, wollte er sich doch nicht der Möglichkeit eines Fehlschusses aussetzen. Als der geborene Spieler; der er war, spielte er jetzt um den höchsten Einsatz. Sein Leben war der Einsatz, und er spielte, wie nur ein Spieler es kann, mit unsagbarer Überlegung. Das Ergebnis war, daß er nie fehlte. Jeder Schuß bedeutete ein Eichhörnchen, und wenn auch Tage zwischen den einzelnen Schüssen vergehen konnten, änderte er doch nie seine Spielmethode.

      Von der Beute wurde nichts vergeudet. Selbst das Fell wurde zu Suppe ausgekocht, jeder Knochen zu Mehl zerstampft. Daylight suchte unter dem Schnee und fand hie und da ein paar Moosbeeren. Aber die meisten Beeren, die er fand, stammten vom vorigen Jahre, waren trocken und eingeschrumpft und besaßen nur einen ganz geringen Nährwert. Nicht viel besser war die Rinde der jungen Zweige.

      Der April näherte sich seinem Ende, und der Frühling strich übers Land. Die Tage wurden länger. Wo die Sonne hinschien, begann der Schnee zu schmelzen, und unter dem Schnee quoll das Wasser hervor. Vierundzwanzig Stunden lang blies der Chinook-Wind, und in diesen vierundzwanzig Stunden sank die Schneedecke einen ganzen Fuß. Gegen Abend fror der geschmolzene Schnee wieder, so daß seine Oberfläche imstande war, das Gewicht eines Mannes zu tragen. Aus dem Süden erschienen kleine weiße Schneesperlinge, rasteten einen Tag und setzten dann die Reise nach dem Norden fort. Einmal sahen sie hoch oben einen Schwarm Wildgänse, der sich verfrüht hatte und, nach offenem Wasser ausspähend, nordwärts flog. Und drunten am Flusse war eine Zwergweide voller Knospen. Diese jungen Knospen konnten gekocht werden und ergaben eine ausgezeichnete Mahlzeit. Elijah faßte frischen Mut, wenn er ihn auch ebenso schnell wieder verlor, als Daylight keine weiteren Knospen fand.

      Der Saft in den Bäumen stieg, und täglich wurde der rieselnde Laut unsichtbarer Quellen stärker: das gefrorene Land erwachte zu neuem Leben. Aber der Fluß wurde immer noch in den Fesseln des Frostes gehalten. Der Winter hatte viele Monate gebraucht, um sie so fest zu schmieden, daß sie nicht an einem Tage, nicht einmal durch den Donnerkeil des Frühlings gebrochen werden konnten. Der Mai kam, und die letzten Überlebenden der vorjährigen Moskitoschwärme krochen ausgewachsen, aber unschädlich aus Felsspalten und morschen Baumstämmen hervor. Die Grillen begannen zu zirpen, und immer mehr Enten und Gänse zogen über ihren Häuptern dahin. Und noch hielt der Fluß. Am zehnten Mai riß sich die Eisdecke des Stewart mit Krachen und Getöse von den Ufern los und stieg drei Fuß. Aber sie trieb nicht stromabwärts. Erst mußte der untere Yukon dort, wo der Stewart in ihn mündete, aufbrechen und ins treiben kommen. Bis dahin konnte das Eis des Stewart nur immer höher steigen, je reißender der Strom darunter wurde. Wann der Yukon aufbrechen würde, war nicht vorauszusagen. Zweitausend Meilen von hier floß er in die Beringsee, und auf die Eisverhältnisse in der Beringsee kam es an, ob der Yukon sich von den Millionen Tonnen befreite, die auf seiner Brust lagen.

      Am zwölften Mai machten sich die beiden Männer mit ihren Schlafsäcken, einem Eimer, einer Axt und der kostbaren Büchse auf den Weg über das Eis zum Fluß hinunter. Ihre Absicht war, bis zu dem Depot mit der verlassenen Schute zu gehen, die sie getroffen hatten und in der sie sich nun, sobald das Wasser offen war, vom Strom nach Sixty Mile treiben lassen wollten. Erschöpft und ohne Nahrung, wie sie waren, mußte es eine langsame und beschwerliche Reise werden. Elijah fiel oft hin und war dann außerstande, wieder aufzustehen. Daylight verausgabte seine eigenen Kräfte, um ihn wieder aufzurichten. Dann wankte der Alte automatisch weiter, bis er das nächste Mal stolperte und hinfiel.

      An dem Tage, als sie das Boot hätten erreichen sollen, brach Elijah völlig zusammen. Als Daylight ihn aufhob, ließ er sich sofort wieder fallen. Daylight versuchte ihn zu stützen, war aber selbst so schwach, daß sie beide hinfielen. Er schleppte Elijah ans Ufer, ein notdürftiges Lager wurde aufgeschlagen, und Daylight ging fort, um nach Eichhörnchen auszuspähen. Jetzt war auch er am Ende seiner Kraft. Am Abend fand er das erste Eichhörnchen, aber es wurde dunkel, ohne daß er zu einem sicheren Schuß kam. Mit der Geduld eines Wilden wartete er bis zum nächsten Tage, und dann, nach einer Stunde, war das Eichhörnchen sein.

      Das meiste gab er Elijah und behielt selbst nur die zäheren Teile und die Knochen. Aber so ist die chemische Beschaffenheit des Lebens, daß dies kleine Wesen, dies Stückchen lebenden Fleisches in menschliche Nahrung umgesetzt, seine Bewegungskraft auf die beiden Männer übertrug. Dieselbe Energie, die die Triebfeder dieser Bewegungen gewesen, Kraft und Beweglichkeit des Tierchens ausgemacht hatte, durchströmte die ausgemergelten Muskeln und den wankenden Willen der Männer und gab ihnen die Kraft, die paar Meilen zu wandern, die zwischen ihnen und dem Boote lagen. Als sie es erreicht hatten, brachen sie zusammen und blieben eine lange Weile unbeweglich liegen.

      Für einen starken Mann wäre es eine leichte Arbeit gewesen, das kleine Boot zum Ufer hinunter zu schaffen, aber Daylight brauchte Stunden dazu. Und tagelang mühte er sich ab, Moos in die klaffenden Risse zu stopfen. Aber selbst, als das getan, hielt der Fluß noch immer. Das Eis hatte sich mehrere Fuß gehoben, machte aber keine Anstalten, stromabwärts zu treiben. Noch eine weitere schwere Arbeit wartete ihrer; das Boot mußte ins Wasser geschafft werden, wenn es so weit war, daß sie ihre Fahrt beginnen konnten.

      Vergebens wankte und stolperte Daylight durch den nassen Schnee oder über die Eisringe, die der Nachtfrost darüber gebreitet hatte, fiel, kroch auf allen vieren und spähte nach weiteren Eichhörnchen aus, um noch einmal die schnelle Beweglichkeit des Tierchens in menschliche Körperenergie umzusetzen und das Boot über die Eiskante in den Strom zu heben.

      Erst am zwanzigsten Mai brach das Eis. Die Bewegung begann um fünf Uhr morgens. Die Tage waren schon so lang, daß Daylight sich aufsetzte und das Treiben des Eises betrachtete. Elijah war zu mitgenommen, um sich für das Schauspiel zu interessieren. Obgleich bei Bewußtsein, blieb er doch regungslos liegen, während das Eis vorbeisauste und große Stücke gegen das Ufer krachten, Bäume mit der Wurzel ausrissen und die Erde untergruben. Der ganze Boden um sie her wurde von diesen gewaltigen Zusammenstößen erschüttert. Nach einer Stunde hielt das Eis in seiner Fahrt inne. Irgendwo stromabwärts war es aufgehalten worden. Dann begann der Fluß zu steigen und hob das Eis auf seiner Brust, bis es das Ufer überragte. Immer mehr Wasser strömte den Fluß hinunter, und Millionen und aber Millionen Tonnen Eis vermehrten durch ihr Gewicht die angehäufte Menge. Der Druck und die Spannung waren furchtbar. Mächtige Eisschollen wurden herausgepreßt, bis sie hoch emporsprangen wie Melonenkerne zwischen Daumen und Zeigefinger eines Kindes, und am Flußufer entstand eine mächtige Eismauer. Als die Barre stromabwärts gesprengt war, verdoppelte sich das scheuernde, krachende Getöse. Noch eine Weile dauerte das Treiben des Eises. Der Fluß sank reißend schnell. Aber die Eismauer am Ufer, die bis hinunter in das sinkende Wasser reichte, blieb.

      Nachtreibende Eisschollen kamen vorüber, und zum erstenmal seit sechs Monaten sah Daylight offenes Wasser. Er wußte, daß das Eis den oberen Lauf des Stewart noch nicht verlassen hatte, dort aufgehäuft und zusammengepreßt war und daß es jederzeit losbrechen und ein zweites Eistreiben verursachen konnte; aber ihre Lage war zu verzweifelt, als daß er noch länger hätte warten dürfen. Elijah war dem Tode nahe. Er selbst war nicht sicher, ob er Kraft genug in seinen ausgemergelten Muskeln besaß, um das Boot flott zu machen. Alles stand auf dem Spiel. Auf das nächste Eistreiben warten? Dann war Elijah sicher tot, und er selbst wahrscheinlich auch. Gelang es ihm, das Boot flott zu machen und einen Vorsprung vor dem zweiten Eistreiben zu gewinnen, ohne vom Eise des oberen Yukon eingeholt zu werden, so erreichten sie Sixty Mile und waren gerettet, wenn – und hier war wieder ein großes

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