Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman. Kathrin Singer

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Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman - Kathrin Singer Heimatkinder Staffel

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zum Plateau. Gewiß hat Marianne genau gewußt, wo sie war. Sie ist ebenso in dieser Gegend groß geworden wie du. Also gräm dich net. ’s war halt ein Unglück!«

      Langsam ließ Martin die Hände sinken. Ihm kam in den Sinn, daß ihn Marianne auf den Kahlschlag angesprochen hatte, bevor er gefahren war. Ja, der Xandl hätt noch Aufträge, die er nicht erfüllen kann, weil ihm das Holz fehlt! Das war es also! Sie war hinter seinem Rücken zum Hirschbichl gegangen, weil es dort den dichtesten Baumbestand gab!

      Und nun hatte der Herrgott ihren Verrat gestraft!

      *

      Der Oberarzt Doktor Falkner ging verbindlich lächelnd auf die Neuankömmlinge zu. Die Schwerkranke war inzwischen auf die Intensivstation gebracht worden. »Grüß Gott, Herr Kollege, grüß Gott, Herr Achner. Ich muß Sie bitten, wieder heimzufahren. Ihre Frau wird versorgt und vor morgen früh können wir gar nichts sagen. Es hätte wenig Sinn, wenn Sie sich die Nacht um die Ohren schlagen.«

      Martin sank in sich zusammen. Sollte er nun für seine Gedanken gestraft werden? Nein, er wollte, daß Marianne am Leben blieb, sie durfte nicht sterben! Liebte er sie noch? Aber wie unwichtig war angesichts dieser Tragödie die Frage nach Liebe!

      Der Bursche haderte mit sich, weil er seine Frau nicht daran gehindert hatte, alles an sich zu reißen. Er war einfach nicht Manns genug gewesen, sie auf ihren Platz zu verweisen!

      Doktor Baumann riß ihn aus seinen schweren Gedanken. »Komm, Martin. Der Doktor hat recht. Laß uns heimfahren.« Er schob den erschütterten Burschen zur Aufnahme. »Schwester, bitte besorgen Sie uns ein Taxi.«

      Während sie auf das Taxi warteten, fragte der Dorfarzt: »Sag einmal, Martin, wer war eigentlich das Dirndl? Ich hab sie vorher noch nie hier gesehen.«

      »Das neue Kindermädchen. Hab sie grad aus der Stadt mitgebracht«, erwiderte der Bursch tonlos.

      »Welch ein Glück! Du kannst jetzt ein fleißiges Dirndl brauchen, wo Marianne ausfällt!« Der Doktor konnte nicht ahnen, welch einen Sturm von Gefühlen er damit in Martin auslöste.

      »Doktor! Wie können Sie das grad jetzt sagen?!«

      »Das Taxi ist da!« Die Schwester bedachte den aufgebrachten Burschen mit einem mißbilligenden Blick.

      »Danke, Schwester. Komm Martin. ’s war net bös gemeint!«

      Schweigend fuhren die beiden Männer ins Dorf zurück. Am liebsten wäre Martin ohne Josepha auf den Hof gegangen, aber weil er sie nun einmal hergebracht hatte, mußte er sich auch um sie kümmern!

      Doktor Baumann übernahm die Aufgabe, dem Dirndl mit wenigen Worten den Sachverhalt zu erklären.

      »Wär es da net besser, wenn ich noch ein bisserl im Dorf bleiben würd, Doktor?« fragte Josepha einfühlsam. Sie ahnte, daß das Geschehen den Bauern schwer getroffen haben mußte und er jetzt ganz gewiß keinen Kopf für sie hatte.

      »Im Gegenteil, mein Kind, ich glaub gar, daß es für alle das beste ist, wennst mit hinaufgehst. Auch wenn sich Marianne net arg viel ums Roserl gekümmert hat, wird das Kind dennoch mitbekommen, daß sie fort ist.«

      Josepha folgte widerstrebend dem Rat des Arztes, der sich fürsorglich um all »seine« Kinder sorgte.

      Martin war in brütendes Schweigen verfallen. Voll quälender Selbstvorwürfe stapfte er durch den finsteren Wald voraus, in dem er jeden Strauch, jede Wurzel kannte, und führte das Dirndl sicher zum hell erleuchteten Haus.

      »Martin! Martl, es ist was Schreckliches passiert!« Die alte Bäuerin warf sich schluchzend an die breite Brust ihres Sohnes.

      Mechanisch strich er seiner Mutter übers Haar. »Weiß schon, Mutterl. Der Doktor hat mich getroffen und gleich mit ins Spital genommen.« Nach einer Weile fiel ihm Josepha ein.

      »Ich hab ein Kindermädchen für Roserl aus der Stadt mitgebracht, Mutterl. Sie heißt Josepha.« Er nickte dem Dirndl aufmunternd zu, während er aus der Stube ging, hinauf in seine Kammer, die er seit mehr als drei Jahren allein bewohnte.

      Anna Achner fing sich schnell. Sie ging auf das Mädchen zu und begrüßte es herzlich. »Morgen in der Früh wirst du meinen Mann kennenlernen. Wir haben unser Roserl arg lieb und wünschen uns nur, daß jemand sich mit ihm beschäftigen kann, weißt. Es kann net den ganzen Tag im Haus herumtollen und für lange Spaziergänge sind wir einfach schon zu alt«, erklärte sie lächelnd dem neuen Kindermädchen.

      »Darf ich das Dirndl anschaun, Bäuerin?« fragte Josepha zaghaft.

      »Freilich. Aber zuerst zeig ich dir dein Zimmer.« Insgeheim war die Bäuerin dem Herrgott zutiefst dankbar, daß er dem Martin den guten Einfall mit dem Mädchen eingegeben hatte!

      Niemand bemerkte, daß Martin den Haflinger sattelte und um Mitternacht vom Hof ritt.

      Es war wie ein Zwang, daß der Bursch zum Spital preschte. Eine innere Stimme sagte ihm, daß er sich beeilen mußte, wenn er seine Frau noch einmal lebend sehen wollte.

      Die Nachtschwester in der Aufnahme sah ihn groß an, kam nicht mehr dazu, ihn nach seinem Anliegen zu fragen, sondern konnte nur noch sehen, wie der leichenblasse Mann zur Intensivstation eilte. Hastig wählte sie die Nummer des Stationsarztes. »Doktor Falkner, da ist ein Mann…«

      »Kommt gerade herein. Ist schon gut, Schwester«, klang die ruhige Stimme durch den Hörer.

      »Herr Doktor, bitte, lassen Sie mich zu meiner Frau. Bitte.«

      Der Oberarzt Doktor Falkner stand langsam auf, ging mit undurchdringlichem Gesichtsausdruck voraus zu einem mit hüfthohen Glasscheiben verschlossenen Raum.

      Entsetzt preßte Martin seine heiße Stirn an die kühle Scheibe und starrte auf das totenblasse, von Mull eingerahmte Antlitz seiner Frau.

      »Gehen Sie nur hinein. Vielleicht hilft es, wenn sie Sie erkennt«, ermunterte ihn der Arzt, der seit wenigen Minuten wußte, daß die junge Frau sterben würde.

      Deshalb hatten sie die Schläuche herausgezogen, denn auch eine Bluttransfusion konnte sie nicht mehr retten.

      Leise kniete Martin neben dem Bett, nahm behutsam Mariannes zerstochene Hände in die seinen und preßte sie an seine Lippen. Wie hilflos sie aussah, wie verloren!

      »Martin!« hauchte die Sterbende. »Vergib mir, wenn – wenn du kannst!«

      Der Bursch konnte die Worte kaum verstehen, er erhob sich und legte sein Ohr an Mariannes Lippen.

      »Bit – te, Mar…« Ihr Kopf fiel zur Seite.

      »Ja, Marianne, ja! Alles ist dir verziehen!« formten seine Lippen ohne einen Laut. Es war vorbei. Martin war unfähig, sich zu rühren. Er hatte plötzlich einen bitteren Geschmack im Mund. Ihm wurde mit grausamer Deutlichkeit bewußt, daß er sie trotz allem geliebt hatte. Er wollte die Marianne in Erinnerung behalten, die er liebkost hatte, die ihn mit Zärtlichkeiten und Hingabe verwöhnt hatte. Das war die wirkliche Marianne gewesen. All die Jahre der Qualen hatte es niemals gegebennicht in diesem Augenblick!

      »Dirndl!« murmelte der junge Witwer, »du bist so schön! Wie hab ich deine zarte Haut geliebt, dein weiches Haar, deine zärtlichen Lippen! Jetzt bist wieder mein Mariandl!« Mit liebevollem Blick beugte er sich über die Tote, streichelte zärtlich

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