Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman. Kathrin Singer
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»Ist schon recht«, brummte er, verschwand im Bad und hielt mit widerstreitenden Gefühlen seinen Brummschädel unter den Wasserhahn. Einerseits wollte er den Bauern Martin Achner nicht zum Feind haben, andererseits war er schon so lange erpicht auf das gute Holz, daß er Mariannes Angebot nicht abschlagen konnte!
»Endlich! Hat lang genug gedauert. Wir nehmen den Aufstieg zum Hirschbichl. Unterhalb der Hütte hat’s einen dichten Bestand, da fallts net arg auf, wenn ein paar Bäume fehlen!« erklärte Marianne dem schweigsamen Mann neben sich.
Das riesige Waldstück der Achners zog sich vom Wiesengrundstück um das Bauernhaus bis zum etwa ein Kilometer weit entfernten Hirschbichl hin und führte von dort noch einige Kilometer hinauf zum Jenner. Es war nur verständlich, daß der Achnerbauer von jedermann um dieses reiche Areal beneidet wurde. Auch der Sägewerksbesitzer war davor nicht gefeit. Er tröstete sich jetzt damit, daß der Martl den Baumbestand des großen Besitzes gar nicht überprüfen konnte!
Der Weg war tatsächlich sehr beschwerlich. An manchen Stellen mußten sie die steilen, schroffen Felswände hinaufkraxeln, um wieder in ein bewaldetes Bergstück zu gelangen.
»Hättest net den Aufstieg nehmen können, Mariandl?« ächzte Xandl, nachdem wieder einmal ein von Geröll übersäter Felsen genommen war.
»Zu gefährlich. ’s sind zu viele Wanderer droben, die bei uns Quartier haben.«
»Also doch!« brüllte Xandl zornig. »Der Martl weiß nix! Hast Angst, daß ihm wer was zutragen könnt, gell?«
»Reg dich ab. Jetzt sind wir hier und haben’s gleich geschafft. Wie soll er’s denn merken, wenn’s keiner weiß?« erwiderte Marianne eingeschnappt.
»Du vergißt, daß ich das Holz net allein schlagen kann! Ich brauch mindestens sechs von meinen kräftigsten Männern. Und ob die das Maul halten, wag ich zu bezweifeln!« brauste der Mann weiter auf.
»Dann zahlst ihnen halt ein Schweigegeld. Verdienst eh genug an dem Holz.« Marianne zog sich an einer dicken Wurzel über einen kleinen Vorsprung, kroch vorsichtig auf dem schmalen Steig entlang, bis sie erleichtert die Lichtung erreicht hatte. Von nun an konnten sie bequem weitergehen. Sie nahm sich vor, den rückwärtigen Abstieg über die Alm zu nehmen. Er war zwar weiter, machte aber bei dieser Hitze längst nicht soviel Mühe!
»Schau, Xandl! Droben, unterhalb von der Hütte, ist der Streifen, den ich mein. Ihr braucht von dort aus nur die Stämme in die Schlucht abzulassen. Das Wildwasser treibt’s dann direkt zu der Stelle, wo ihr die anderen hinunterlaßt!« Triumphierend schaute sich Marianne um, holte weit mit den Armen aus und ließ keinen Zweifel daran, daß sie sich alles bereits gut überlegt hatte.
Widerwillig mußte Xandl die schöne Frau bewundern. Geschäftstüchtig war sie, das mußte er zugeben. »Gut. Jetzt mußt mir nur noch sagen, was ich schlagen darf. Du bist der Boß!«
Marianne lachte ihn an. »Geh, Xandl. Das weißt du besser als ich. Ich muß wieder zurück, sonst fällt’s noch auf. Du steigst hinauf, schaust dir alles an, sagst mir, wieviel du abholzen kannst und machst mir einen gscheiten Preis, gell?« Sie klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter, wandte sich um und war gleich darauf hinter der Lichtung verschwunden.
Xandl Hochleitner wunderte sich darüber, daß sie nun doch das Risiko einging und den markierten Wanderweg nahm. Er zuckte mit den Schultern und machte sich auf zur Hütte.
Marianne unterdessen hatte es sich anders überlegt. Es gab noch eine dritte Möglichkeit, zum Hof zu gelangen. Sie erinnerte sich, daß ein schmaler Pfad im Schutz der Fichten und Kiefern an der Schlucht entlangführte, der recht gut zu gehen war. Sie lief auf die Lichtung zurück, sah, daß Xandl weit genug fort war, hastete durch Sträucher und hatte nach einigem Suchen den Pfad gefunden.
Im Schatten war es angenehm kühl. Die junge Bäuerin feixte sich eins, daß sie wieder einmal dem Martin ein Schnäppchen geschlagen hatte! Sie hatte den Hirschbichl bereits hinter sich gelassen, als vor ihr der Weg plötzlich zu Ende war. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als den steilen Hang zwischen den Baumstämmen hinunterzurutschen und irgendwie Halt zu suchen. Zurück wollte sie nicht mehr.
Marianne nahm allen Mut zusammen, ließ sich vorsichtig hinabgleiten. Immer wieder versuchte sie, an kräftigen Wurzeln oder Sträuchern Halt zu finden, doch sie rutschte immer schneller auf dem Waldboden dahin.
In ihrem Kopf drehte sich alles, die Hände bluteten bereits von ihren vergeblichen Bemühungen. Sie hatte das Gefühl, in ein Nichts zu fallen, wollte um Hilfe rufen, doch kein Laut kam über ihre Lippen. Schließlich schlug sie irgendwo auf und blieb besinnungslos liegen.
»He, Toni, da war doch grad was!« rief einer der Männer, die nur wenige Meter von der Unglücksstelle entfernt eine Pause eingelegt hatten.
»Hat sich wie ein dumpfer Schlag angehört!« nickte der Angesprochene.
»Ihr hört schon Gespenster!« frotzelte ein anderer und biß herzhaft in sein Brot.
»Ich schau mal nach!« Der Holzknecht Toni und sein Kumpan entfernten sich von dem Felsplateau, auf dem die Kollegen unbeirrt ihre Brotzeit genossen. Sie brauchten nicht lang zu suchen. Direkt unterhalb des Plateaus entdeckten sie die verkrümmte Gestalt, die es arg erwischt zu haben schien. »Komm!«
Als sie erkannten, wen sie da halb tot aufgelesen hatten, wurden sie bleich. »Jessas! Die Marianne vom Achnerhof.«
Die herbeigerufenen Männer halfen schweigend, die junge Frau ins Dorf zu bringen. Sie schnitten ein paar Baumstämme zurecht, banden sie mit dicken Seilen zusammen und schnürten mit ihren Riemen die leichenblasse Marianne fest. Die kräftigen Männer ließen die Nottrage hinabgleiten, bis sie sie vom Tal aus gemeinsam ins Dorf tragen konnten.
Der Holzknecht Toni hatte sein Hemd zerrissen und der jungen Frau einen notdürftigen Kopfverband um den blutenden Schädel gelegt.
Beim Anblick des blutdurchtränkten Hemdes geriet selbst der hartgesottene Doktor Baumann leicht aus der Fassung. »Schwester Monika! Sofort alles für eine Notoperation herrichten!« brüllte er, während er den Männern half, die Schwerverletzte auf die Liege zu betten. »So, und nun raus mit euch.«
Bedrückt verließen die Holzknechte die Arztpraxis. Toni brach als erster das Schweigen. »Sollt net jemand hinauf zum Achnerhof? Ich mein, der Doktor hat jetzt doch keine Zeit.«
Unschlüssig blieben die Männer vor dem Haus stehen.
»Also gut, dann mach ich’s. Ihr gebts dem Xandl Bescheid, damit er uns nix vom Lohn abzieht, war schließlich ein Notfall!« bestimmte Toni, nachdem er keine Antwort erhalten hatte und machte sich auf den Weg zum Hof.
Der pflichtbewußte Holzknecht fragte sich während des Aufstiegs immer und immer wieder, warum die junge Bäuerin am Berg gewesen war. Niemand außer den Arbeitern verirrte sich jemals in diesen Teil des Waldes, weil es einfach viel zu gefährlich war. Was mochte sie nur dorthin getrieben haben?
Diese Frage stellten sich wenig später auch Anna und Franzl Achner, als sie von dem Unglück erfuhren.
Erschüttert flüsterte die Bäuerin: »Wieviel Leid soll es noch auf dem Achnerhof geben, heilige Mutter Maria?«
*
»Ich möcht Ihnen noch einmal recht herzlich