Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman. Kathrin Singer

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Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman - Kathrin Singer Heimatkinder Staffel

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      Gramerfüllt machte sich Martin Achner auf den beschwerlichen Heimweg.

      Der Achnerhof lag auf einem Gletscherschliff, umgeben von weitem Wiesen- und Waldland, weit abseits vom Dorf und vom Touristentrubel am Fuße des Watzmanns. Hier hatte einst sein Großvater aus dem kargen Land in mühevoller Arbeit fruchtbaren Boden erschaffen, der noch immer seinen Preis forderte.

      Der harsche Schnee knirschte unter Martins Stiefeln, als er den breiten Weg zum Hof hinaufstieg. Sternenklarer Himmel begleitete den einsamen Burschen, der seinen schweren Gedanken nachhing.

      Immer wieder murmelte er vor sich hin: »Mariandl, du verlangst zuviel von mir!«

      Nach einer Stunde hatte er die verschneiten Wiesen erreicht, die sich sanft gewölbt bis zum Haus hin erstreckten. Hinter den Fenstern der Wohnstube brannte Licht, also war der Vater noch wach.

      Vor der schweren, eichenen Haustür klopfte er sich heftig die Eiskristalle von Mantel und Fellmütze, schlüpfte hastig aus seinen Stiefeln, um gleich darauf auf den wollenen Socken in der gemütlichen Bauernstube seinem Vater gegenüberzutreten.

      Der stattliche Altbauer, der in jungen Jahren seinem Sohn sehr ähnlich gewesen sein mochte, erhob sich umständlich aus dem Sessel. »Bist schon wieder zurück? Schaust net grad glücklich drein!« brummte er.

      Martin ließ sich in den Sessel fallen, der dem des Vaters gegenüberstand. »Setz dich bitte, Vater. Nein, ich bin net besonders glücklich. Was ich jetzt mit dir zu reden hab, tut mir weh, aber ich muß es dir dennoch sagen!«

      Der alte Mann tat, worum ihn sein über alles geliebter Sohn bat. Das klang nicht gut!

      »Vaterl – Marianne und ich wollen heiraten!« Martin lehnte den Kopf zurück und starrte an die Holzdecke.

      »Aber Bub, das ist doch ein Grund zum Feiern! Ha, da würd ich an deiner Stell aber anders dreinschaun!«

      »Wenn’s so einfach wär! Sie gibt nur ihr Jawort, wennst mir den Hof überschreibst.« Der Bursch starrte noch immer an die Decke.

      Scheinbar gleichmütig zündete sich Franz Achner seine Pfeife an. »So? Ich hab geglaubt, ihr liebt euch.«

      Martin sprang auf. »Ja, Vaterl, das dacht ich auch. Und wenn das Kind net unterwegs wär, glaub mir, ich tät auf das Dirndl verzichten! Aber es ist mein Sohn, den sie in ihrem Leib trägt, mein Erbe! Ich kann net zulassen, daß er bei den Gessweins groß wird – ohne Vater!«

      Der Vater zog heftig an der Pfeife. Seine kräftige, schwielige Hand gebot dem Sohn, sich wieder zu setzen.

      Nach einer geraumen Weile sagte er leise: »Auch wenn’s kein Sohn wird, Martl, bleibt’s am End doch dein Kind.« Er seufzte tief. »Sag der Mutter noch nix davon, sonst grämt sie sich zu arg. Nun, wenn’s denn net anders geht, du sollst den Hof haben. ’s ist eh Wurscht, ob du ihn später oder gleich übernimmst.«

      »Vaterl! Du hast doch noch net einmal recht drüber nachgedacht!« erwiderte Martin fassungslos. Er wußte, daß sein Ansinnen den Vater schmerzen mußte.

      Doch der alte Mann winkte nur ab, fuhr sich fahrig durch das schlohweiße Haar. »Hab ich längst, mein Sohn, hab ich längst! Meinst, ich weiß net, daß meine Knochen schon lang nix mehr taugen? Die langen grad noch fürs Altenteil, also mach dir darum keine Gedanken. Ich denk, daß wir uns dann mehr um unsre Stammgäst kümmern können und selbst in die kleine Wohnung im Anbau einziehen. Ist gscheiter, dann kannst hier schalten und walten, wie du magst.« Er stand auf, ging auf seinen unglücklich dreinblickenden Sohn zu und klopfte ihm auf die Schulter. »Wann wollts denn heiraten?«

      Martin umarmte den Vater dankbar, ehe er antwortete: »Ich weiß es selbst noch net genau, aber wie’s ausschaut, schon sehr bald, damit Marianne net ins Gered kommt.«

      So geschah es dann auch.

      *

      Sie waren ein schönes Paar, die fünfundzwanzigjährige, rassige Marianne Gesswein und der achtundzwanzigjährige gestandene Bauer Martin Achner. Die kleine Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt, niemand wollte sich das große Ereignis entgehen lassen. Nicht einmal das einsetzende Schneegestöber hatte die Dorfbewohner davon abhalten können.

      Während er mit seiner schönen Frau an der Seite zum Altar schritt, warf Martin seiner Mutter einen dankbaren Blick zu. Er war ihr zutiefst dankbar, daß sie ihre künftige Schwiegertochter mit nachsichtigem Verständnis in ihr Haus aufgenommen hatte, obwohl sie den wahren Grund für diese überstürzte Hochzeit inzwischen kannte.

      Der allseits hochverehrte Pfarrer Thalhuber hielt eine ergreifende Predigt, die die junge Frau Achner allerdings kaum in ihr Bewußtsein aufnahm.

      Marianne dachte zufrieden daran zurück, wie ihr Martin in knappen Worten berichtete, daß er nun der Bauer sei und einer Hochzeit nichts im Wege stünde. Sie hatte ihn dafür mit Zärtlichkeiten überhäuft und gespürt, wie sein anfänglicher Widerstand allmählich dahingeschmolzen war. O ja, nun würde sie die Bäuerin sein, gescheites Personal einstellen und dafür sorgen, daß sie das Sagen hatte – genau wie ihre Mutter! Sie wußte genau, daß Martin sie nicht geheiratet hätte, wenn sie das Kind nicht bekommen würde. Das hatte er ihr deutlich genug gesagt!

      Endlich war die Zeremonie in der Kirche vorbei. Marianne strahlte in ihrem weißen Spitzenkleid, wie es sich für eine jungvermählte Frau gebührte und Martin machte gute Miene zum bösen Spiel.

      Wenn der Bursch aufrichtig mit sich ins Gericht ging, konnte er die Verbundenheit zu Marianne nicht abstreiten, denn sie waren schon seit fünf Jahren ein Liebespaar. Dennoch war seit jenem Abend etwas in ihm zerbrochen, das er nicht wieder zurückholen konnte. Freilich, das Dirndl übte mit seinen leidenschaftlichen Zärtlichkeiten noch immer einen Zauber auf ihn aus, aber tief drinnen im Herzen bohrte der Zweifel an ihrer Aufrichtigkeit.

      »Laßt uns nun fröhlich sein und feiern!« forderte der gutmütige Alois Gesswein die zahlreiche Gesellschaft auf, die sich im Hotel eingefunden hatte. Er hatte darauf bestanden, dem Dirndl eine aufwendige Hochzeit auszustatten, obwohl das Brautpaar eigentlich ganz in der Stille hatte heiraten wollen.

      Maria Gesswein konnte sich nicht dazu überwinden, ihren Schwiegersohn herzlich in der Familie willkommen zu heißen, Sie hielt sich zurück, kümmerte sich um die Hausgäste und überließ das Feiern ihrem Loisl, der sich vor überschäumender Freude über den Familienzuwachs nicht zu fassen schien!

      Das Fest erreichte seinen Höhepunkt, als es Marianne plötzlich furchtbar eilig hatte, in ihr neues Heim einzuziehen. Bis zur Hochzeit war ihr der offizielle Zutritt zum Achnerhof aus Anstandsgründen verwehrt geblieben, so mußte sie ihre Einrichtungspläne auf später verschieben. »Martl!« flüsterte sie ihrem frisch angetrauten Ehemann ins Ohr, »laß uns jetzt verschwinden!« Dabei warf sie ihm einen bedeutungsvollen Blick zu, der allerdings seine Wirkung verfehlte.

      Martin hatte in seiner Zerrissenheit ein bißchen zuviel Wein getrunken und war für eine Hochzeitsnacht gewiß net aufgelegt. Dennoch war er froh darüber, daß Marianne ebenfalls heim wollte, denn er sehnte sich nach diesem anstrengenden Tag nach seinem weichen Bett!

      »Ja, laß uns gehn. Sonst kommt noch jemand auf die Idee, und entführt meine Frau!«

      »Geh, Martl! Du hast ja zuviel getrunken! Na, an der frischen Luft wirst schon wieder klar werden!« Marianne hakte sich fest bei ihrem Mann ein und zog ihn durch das Menschengewühl zum Treppenaufgang. Hastig schlüpfte sie in ihren weißen Pelz, stülpte

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