Parerga und Paralipomena. Arthur Schopenhauer

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Parerga und Paralipomena - Arthur  Schopenhauer

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extention, figure, motion and rest, would be really in the world, as they are, whether there were any sensible being to perceive them, or not. (Undurchdringlichkeit, Ausdehnung, Gestalt, Bewegung und Ruhe würden, wie sie sind, wirklich in der Welt seyn, gleichviel ob es irgend ein empfindendes Wesen, sie wahrzunehmen, gäbe oder nicht.) Sobald man nämlich sich hierüber besinnt, muß man es als falsch erkennen: dann aber steht der Berkeley’sche Idealismus da und ist unleugbar. Inzwischen übersieht auch Locke nicht jenes Grundproblem, die Kluft zwischen den Vorstellungen in uns und den unabhängig von uns existirenden Dingen, also den Unterschied des Idealen und Realen: in der Hauptsache fertigt er es jedoch ab durch Argumente des gesunden, aber rohen Verstandes und durch Berufung auf das Zureichende unserer Erkenntniß von den Dingen für praktische Zwecke (ibid. L. IV, c. 4 et 9); was offenbar nicht zur Sache ist und nur zeigt, wie tief hier der Empirismus unter dem Problem bleibt. Nun aber führt eben sein Realismus ihn dahin, das in unserer Erkenntniß dem Realen Entsprechende zu beschränken auf die den Dingen, wie sie an sich selbst sind, inhärirenden Eigenschaften und diese zu unterscheiden von den bloß unsrer Erkenntniß derselben, also allein dem Idealen, angehörenden: demgemäß nennt er nun diese die sekundären, jene erstere aber die primären Eigenschaften. Dieses ist der Ursprung des später, in der Kantischen Philosophie, so höchst wichtig werdenden Unterschiedes zwischen Ding an sich und Erscheinung. Hier also ist der wahre genetische Anknüpfungspunkt der Kantischen Lehre an die frühere Philosophie, nämlich an Locke. Befördert und näher veranlasst wurde jene durch Hume’s skeptische Einwürfe gegen Locke’s Lehre: hingegen hat sie zur Leibnitz-Wolfischen Philosophie nur ein polemisches Verhältniß.

      Als jene primären Eigenschaften nun, welche ausschließlich Bestimmungen der Dinge an sich selbst seyn, mithin ihnen auch außerhalb unsrer Vorstellung und unabhängig von dieser zukommen sollen, ergeben sich lautet solche, welche man an ihnen nicht wegdenken kann: nämlich Ausdehnung, Undurchdringlichkeit, Gestalt, Bewegung, oder Ruhe, und Zahl. Alle übrigen werden als sekundär erkannt, nämlich als Erzeugnisse der Einwirkung jener primären Eigenschaften auf unsere Sinnesorgane, folglich als bloße Empfindungen in diesen: dergleichen sind Farbe, Ton, Geschmack, Geruch, Härte, Weiche, Glätte, Rauhigkeit u. s. w. Diese haben demnach mit der sie erregenden Beschaffenheit in den Dingen an sich nicht die mindeste Aehnlichkeit, sondern sind zurückzuführen auf jene primären Eigenschaften als ihre Ursachen, und diese allein sind rein objektiv und wirklich in den Dingen vorhanden. (ibid. L. I, c. 8, §. 7, seqq.) Von diesen sind daher unsere Vorstellungen derselben wirklich getreue Kopien, welche genau die Eigenschaften wiedergeben, die in den Dingen an sich selbst vorhanden sind (1. c. §. 15). Ich wünsche dem Leser Glück, welcher hier das Possirlichwerden des Realismus wirklich empfindet. Wir sehn also, daß Locke von der Beschaffenheit der Dinge an sich, deren Vorstellungen wir von außen empfangen, in Abrechnung bringt, was Aktion der Nerven der Sinnesorgane ist: eine leichte, faßliche, unbestreitbare Betrachtung. Auf diesem Wege aber that später Kant den unermeßlich größern Schritt, auch in Abrechnung zu bringen was Aktion unsers Gehirns (dieser ungleich größern Nervenmasse) ist; wodurch alsdann alle jene angeblich primären Eigenschaften zu sekundären und die vermeintlichen Dinge an sich zu bloßen Erscheinungen herabsinken, das wirkliche Ding an sich aber, jetzt auch von jenen Eigenschaften entblößt, als eine ganz unbekannte Größe, ein bloßes X, übrig bleibt. Dies erforderte nun freilich eine schwierige, tiefe, gegen Anfechtungen des Mißverstandes und Unverstandes lange zu vertheidigende Analyse.

      Locke deducirt seine primären Eigenschaften der Dinge nicht, giebt auch weiter keinen Grund an, warum gerade diese und keine andern rein objektiv seien, als nur den, daß sie unvertilgbar sind. Forschen wir nun selbst, warum er diejenigen Eigenschaften der Dinge, welche ganz unmittelbar auf die Empfindung wirken, folglich geradezu von aussen kommen, für nicht objektiv vorhanden erklärt, hingegen Dies denen zugesteht, welche (wie seitdem erkannt worden) aus den selbsteigenen Funktionen unsers Intellekts entspringen; so ist der Grund hievon dieser, daß das objektiv anschauende Bewußtsein (das Bewußtseyn anderer Dinge) nothwendig eines komplicirten Apparats bedarf, als dessen Funktion es auftritt, folglich seine wesentlichsten Grundbestimmungen schon von innen festgestellt sind, weshalb die allgemeine Form, d. i. Art und Weise, der Anschauung, aus der allein das a priori Erkennbare hervorgehen kann, sich darstellt als das Grundgewebe der angeschauten Welt und demnach auftritt als das schlechthin Nothwendige, Ausnahmslose und auf keine Weise je Wegzubringende, so daß es als Bedingung alles Uebrigen und seiner mannigfaltigen Verschiedenheit schon zum Voraus feststeht. Bekanntlich ist Dies zunächst Zeit und Raum und was aus ihnen folgt und nur durch sie möglich ist. An sich selbst sind Zeit und Raum leer: soll nun etwas hineinkommen, so muß es auftreten als Materie, d. h. aber als ein Wirkendes, mithin als Kausalität: denn die Materie ist durch und durch lautere Kausalität: ihr Seyn besteht in ihrem Wirken, und umgekehrt: sie ist eben nur die objektiv aufgefaßte Verstandesform der Kausalität selbst. (Ueb. die vierf. Wurzel d. Satzes v. Grunde, 2. Aufl., S. 77; 3. Aufl., S. 82; wie auch Welt als W. und V., 2. Aufl. Bd. 1, S. 9 und Bd. 2, S. 48 und 49; 3. Aufl., Bd. 1, S. 10 und Bd. 2, S. 52.) Daher also kommt es, daß Locke’s primäre Eigenschaften lauter solche sind, die sich nicht wegdenken lassen, – welches eben deutlich genug ihren subjektiven Ursprung anzeigt, indem sie unmittelbar aus der Beschaffenheit des Anschauungsapparats selbst hervorgehn, – daß er mithin gerade Das, was, als Gehirnfunktion, noch viel subjektiver ist, als die direkt von außen veranlaßte, oder doch wenigstens näher bestimmte Sinnesempfindung, für schlechthin objektiv hält.

      Inzwischen ist es schön zu sehn, wie, durch alle diese verschiedenen Auffassungen und Erklärungen, das von Kartesius aufgeworfene Problem des Verhältnisses zwischen dem Idealen und dem Realen immer mehr entwickelt und aufgehellt, also die Wahrheit gefördert wird. Freilich geschah Dies unter Begünstigung der Zeitumstände, oder richtiger der Natur, als welche in dem kurzen Zeitraum zweier Jahrhunderte über ein halbes Dutzend denkender Köpfe in Europa geboren werden und zur Reife gedeihen ließ; wozu, als Angebinde des Schicksals, noch kam, daß diese, mitten in einer nur dem Nutzen und Vergnügen fröhnenden, also niedrig gesinnten Welt, ihrem erhabenen Berufe folgen durften, unbekümmert um das Belfern der Pfaffen und das Faseln, oder absichtsvolle Treiben, der jedesmaligen Philosophieprofessoren.

      Da nun Locke, seinem strengen Empirismus gemäß, auch das Kausalitätsverhältniß uns erst durch die Erfahrung bekannt werden ließ, bestritt Hume nicht, wie Recht gewesen wäre, diese falsche Annahme; sondern, indem er sofort das Ziel überschoß, die Realität des Kausalitätsverhältnisses selbst, und zwar durch die an sich richtige Bemerkung, daß die Erfahrung doch nie mehr, als ein bloßes Folgen der Dinge auf einander, nicht aber ein eigentliches Erfolgen und Bewirken, einen nothwendigen Zusammenhang, sinnlich und unmittelbar, geben könne. Es ist allbekannt, wie dieser skeptische Einwurf Hume’s der Anlaß wurde zu Kant´s ungleich tieferen Untersuchungen der Sache, welche ihn zu dem Resultat geführt haben, daß die Kausalität, und dazu auch noch Raum und Zeit, a priori von uns erkannt werden, d. h. vor aller Erfahrung in uns liegen, und daher zum subjektiven Antheil der Erkenntniß gehören; woraus dann weiter folgt, daß alle jene primären, d. i. absoluten Eigenschaften der Dinge, welche Locke festgestellt hatte, da sie sämmtlich aus reinen Bestimmungen der Zeit, des Raums und der Kausalität zusammgesetzt sind, nicht den Dingen an sich selbst eigen seyn können, sondern unserer Erkenntnißweise derselben inhäriren, folglich nicht zum Realen, sondern zum Idealen zu zählen sind; woraus dann endlich sich ergiebt, daß wir die Dinge in keinem Betracht erkennen, wie sie an sich sind, sondern einzig und allein in ihren Erscheinungen. Hienach nun aber bleibt das Reale, das Ding an sich selbst, als ein völlig Unbekanntes, ein bloßes x, stehn, und fällt die ganze anschauliche Welt dem Idealen zu, als eine bloße Vorstellung, eine Erscheinung, der jedoch, eben als solcher, irgendwie ein Reales, ein Ding an sich, entsprechen muß. —

      Von diesem Punkte aus habe endlich ich noch einen Schritt gethan und glaube, daß es der letzte seyn wird; weil ich das Problem, um welches seit Kartesius alles Philosophiren sich dreht, dadurch gelöst habe, daß ich alles Seyn und Erkennen zurückführe auf die beiden Elemente unseres Selbstbewußtseyns, also auf etwas, worüber hinaus es kein Erklärungsprincip mehr geben kann; weil es das Unmittelbarste und also Letzte ist. Ich habe nämlich mich darauf besonnen, daß zwar, wie sich aus den hier dargelegten Forschungen aller meiner Vorgänger ergiebt, das absolut Reale, oder das Ding an sich selbst, uns nimmermehr geradezu von außen,

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