Dr. Daniel Staffel 4 – Arztroman. Marie-Francoise

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Dr. Daniel Staffel 4 – Arztroman - Marie-Francoise Dr. Daniel Staffel

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Du. Vor den Patienten wünsche ich aber, daß du mich mit ›Herr Chefarzt‹ ansprichst.«

      »Selbstverständlich, Wolfgang«, stimmte Karina zu, dann verließ sie auffallend schnell das Büro. Draußen atmete sie erst einmal tief durch und fragte sich, ob der Mann, mit dem sie gerade gesprochen hatte, wirklich noch derselbe Mensch war, den sie einst in der Villa ihres Vaters kennengelernt hatte.

      Mit einem tiefen Seufzer machte sie sich auf den Weg zum ersten Stockwerk. Bereits auf der Treppe begegnete sie ihrem älteren Bruder.

      »Na, Schwesterherz, freust du dich auf die Arbeit?« fragte er grinsend, obwohl sie ihm ja am Wochenende schon gesagt hatte, wie gespannt sie auf den Klinikbetrieb war.

      »Und wie«, behauptete Karina, doch Stefan spürte, daß ihre Begeisterung nicht mehr so groß war wie am Wochenende.

      »Was ist los mit dir, Karina?« wollte er wissen, dann dämmerte es ihm. »Ach so, du bist Wolfgang begegnet, und nun spielt dein Herz wieder verrückt.«

      Doch Karina schüttelte den Kopf. »Nein, Stefan, ganz und gar nicht. Es ist vielmehr… ich erkenne Wolfgang kaum noch wieder. Erikas Fehlgeburt muß ihm fürchterlich zugesetzt haben, daß er sich so sehr verändern konnte.«

      »Irrtum, Schwesterlein«, entgegnete Stefan, blieb dabei aber sehr ernst. »Diese Veränderung hat schon vor ein paar Monaten angefangen. Wolfgang entwickelt sich zunehmend zu einem echten Tyrannen. Vermutlich ist ihm der Chefarztposten doch sehr zu Kopf gestiegen.«

      Heftig schüttelte Karina den Kopf. »Das kann ich nicht glauben, Stefan. Er war doch immer so bescheiden.«

      »Mal sehen, wie du nach den Semesterferien darüber denken wirst.«

      *

      Daß ihr Bruder zumindest teilweise mit seiner Meinung recht zu haben schien, erkannte Karina noch in derselben Stunde. Sie hielt sich gerade im Schwesternzimmer auf, als sie den Chefarzt mit langen Schritten ins Ärztezimmer eilen sah. Und dann hörte sie auch schon seine strenge Stimme.

      »Sag mal, Stefan, was soll das sein?«

      Karina konnte nicht anders, als zur Tür des Ärztezimmers zu gehen, und sie erschrak zutiefst über das, was sich ihren Augen dort bot. Wie ein Rachegott stand Dr. Metzler vor Stefan und knallte eine aufgeschlagene Krankenakte auf den Schreibtisch. Der junge Assistenzarzt zuckte erschrocken zusammen.

      »Was ist?« herrschte Dr. Metzler ihn noch einmal an. »Hast du vielleicht die Sprache verloren? Ich habe dich gerade gefragt, was das sein soll!«

      »Der Bericht über das Ergebnis der Computertomographie bei Herrn Seliger«, antwortete Stefan schließlich. »Gerrit hat gesagt, er wäre in Ordnung.«

      Dr. Metzlers Stirn legte sich in bedrohliche Falten. »Gerrit ist hier nur Oberarzt, und das«, er tippte mit den Zeigefinger auf den Bericht, »ist ja wohl ein Witz. Soll ich diesen Humbug dem Münchner Kollegen schicken, der den Patienten zu uns überwiesen hat?« Er wartete eine Antwort von Stefan gar nicht erst ab, sondern nahm die beiden Blätter und zerriß sie. »Morgen früh habe ich einen anständigen Bericht auf dem Schreibtisch, haben wir uns verstanden?«

      Stefan nickte ergeben. »Ja, Wolfgang.« Er wartete, bis der Chefarzt draußen war. Dann seufzte er tief auf. Noch vor ein paar Monaten war Dr. Metzler sein großes Vorbild gewesen, doch jetzt… »Gott bewahre, daß ich einmal so werde wie der.«

      »Meine Güte, Stefan, was war das denn?«

      Stefan zuckte erschrocken zusammen, als hinter ihm so unerwartet die Stimme seiner Schwester erklang.

      »Glaubst du jetzt, was ich vorhin über Wolfgang gesagt habe?« wollte er dann wissen.

      Karina schüttelte den Kopf. »Ich begreife es einfach nicht. Wie konnte er sich so verändern, und… warum tut niemand etwas dagegen?«

      Stefan zuckte die Schultern. »Wer sollte es denn schon mitbekommen? Schließlich bin ich derjenige, auf den er es abgesehen hat, und meistens sind wir allein, wenn er mich wieder mal in dieser Weise zurechtstutzt.«

      »Dann solltest du Papa Bescheid sagen«, meinte Karina. Ihr Blick ruhte auf der Krankenakte, die noch immer vor Stefan lag. »War seine Zurechtweisung eigentlich gerechtfertigt? Ich meine, ist an dem Bericht etwas auszusetzen?«

      Stefan schüttelte den Kopf. »Gerrit hat ihn bereits gegengezeichnet, und er ist ein erstklassiger Arzt, auf dessen Urteil man sich blind verlassen kann. Wenn er sagt, der Bericht sei in Ordnung, dann ist er es auch. Aber du hast ja gehört, was Wolfgang darauf erwidert hat.« Er seufzte. »Na ja, irgendwann wird er sich wohl wieder beruhigen… oder ich schmeiße das Handtuch.«

      »Was ist denn das? Tagt hier der Familienrat?«

      Mit einem freundlichen Lächeln kam Dr. Scheibler ins Ärztezimmer, bemerkte aber sofort die gedrückte Stimmung der Geschwister.

      »Ist etwas vorgefallen?« wollte er wissen.

      Stefan und Karina tauschten einen Blick, dann zog sich das junge Mädchen diskret zurück. Sie wußte, daß ihr Bruder mit dem Oberarzt der Klinik befreundet war, und wollte den beiden Gelegenheit geben, sich ungestört zu unterhalten. Schließlich mußte ja endlich jemand erfahren, wie unmöglich sich der Chefarzt zur Zeit verhielt.

      »Ich habe von Wolfgang gerade eine Anpfiff bekommen«, gestand Stefan mit gesenktem Kopf. »Und das war heute schon der zweite.« Er wies auf die Akte, die samt dem zerrissenen Bericht noch immer vor ihm lag. »Die Computertomographie Seliger.«

      Ärgerlich schüttelte Dr. Scheibler den Kopf. »Also, allmählich geht er wirklich zu weit.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Bis zur Visite haben wir noch fast eine Stunde Zeit. Das wird reichen, damit wir beide den Bericht noch einmal neu verfassen, und ich persönlich werde ihn unserem werten Chefarzt danach vorlegen. Und wenn er danach wieder etwas daran auszusetzen hat, dann kann er mich kennenlernen.«

      *

      Erika Metzler spürte die Veränderung, die in ihrem Körper vor sich ging, sofort. Noch am selben Tag suchte sie Dr. Daniel auf.

      »Robert, wenn ich dieses Baby wieder verliere, dann drehe ich durch«, prophezeite sie, und in ihren Augen stand dabei unbeschreibliche Angst geschrieben.

      »Langsam, Erika«, versuchte Dr. Daniel sie zu beruhigen. »Erst mal müssen wir ja herausfinden, ob Sie wirklich wieder schwanger sind.«

      »Ich bin ganz sicher, Robert. Es ist genauso wie beim ersten Mal.« Sie schwieg kurz. »Aber es darf nicht wieder so enden.«

      Es zeigte sich, daß Erika mit ihrer Vermutung absolut richtig lag. Sie war tatsächlich schwanger, und Dr. Daniel hätte ihr gern versichert, daß sie nicht wieder eine Fehlgeburt erleiden würde, aber das konnte er nicht.

      »Hören Sie, Erika, wir werden folgendermaßen vorgehen«, erklärte er. »Die Gefahr einer Fehlgeburt besteht natürlich auch bei dieser Schwangerschaft. Deshalb werde ich Sie jetzt sofort in die Waldsee-Klinik überweisen, und dort werden Sie strikte Bettruhe halten, bis die ersten drei verhältnismäßig problematischen Monate vorbei sind.«

      »Und Sie glauben, das nützt etwas?« fragte Erika zweifelnd.

      »Sie sind Ärztin«, entgegnete Dr. Daniel ernst. »Also sollten Sie eigentlich wissen, daß Bettruhe gerade in dieser

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