Dr. Norden Staffel 6 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Danny saß am Schreibtisch und blickte auf, als er hereinkam.
»Oh, Dad. Da bist du ja wieder. Ich dachte schon, du hast Tatjanas Angebot angenommen und als Servicekraft in den ›Schönen Aussichten‹ angeheuert.«
»Manchmal denke ich tatsächlich drüber nach«, murmelte Daniel und setzte sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches. »Sag mal, hast du eine Ahnung, warum Marla behauptet, dass ihre Mutter für sie gestorben ist?«
Diese Frage überraschte Danny. Zwar hatte er inzwischen mit Tatjana telefoniert und von dem Unfall erfahren. Er wusste auch, dass die Frau mit leichteren Blessuren in die Klinik gebracht worden war. Mehr aber auch nicht.
»Woher soll ich das wissen?«, erwiderte er. Als er aber den Blick seines Vaters bemerkte, machte er sich wenigstens die Mühe, darüber nachzudenken. »Meines Wissens stammt Marla aus gutem Hause. Beide Eltern sind erfolgreiche Anwälte in Stuttgart und nicht gut auf ihre Tochter zu sprechen, weil sie die Schule abgebrochen hat, um sich auf ihre Malerei zu konzentrieren. Sie stellten daraufhin die finanzielle Unterstützung ein. Also ist Marla weggegangen und hat in einer Bäckerei irgendwo in München angefangen. Dieser Job hat sich zeitlich ganz gut mit der Kunstschule kombinieren lassen.«
»Klingt aber eher so, als hätten die Eltern mit ihrer Tochter gebrochen und nicht umgekehrt«, dachte Dr. Norden laut nach und sah seinen Sohn fragend an.
»Ehrlich, ich habe keine Ahnung. Aber warum fragst du?«
»Die Frau, die heute Mittag vor der Bäckerei verunglückt ist, ist offenbar Marlas Mutter.« Dr. Norden gab seinem Sohn einen kurzen Überblick über das Geschehene. »Als ich Marla daraufhin anrief und sie auf ihre Mutter ansprach, hätte sie mich am liebsten aufgefressen.«
»Es gibt verlockendere Alternativen zum Kaffee«, entfuhr es Danny, der im Gegensatz zu Daniel immer noch gut gelaunt war. Als sein Vater aber auch auf diesen Scherz nicht einging, konzentrierte er sich wieder auf das Thema.
»Vielleicht ist zwischen den beiden etwas Schwerwiegendes passiert«, gab er zu bedenken. »Das sollten wir akzeptieren.«
Diese Ansicht teilte der Arzt, der reich an Lebenserfahrung war, nicht.
»Man kann sich überwerfen und auch jahrelang keinen Kontakt haben, keine Frage«, räumte der Senior ein. »Aber Heike ist Marlas Mutter! Es gibt nur wenig, was so ein Verhalten rechtfertigt. Vor allen Dingen in Anbetracht der Tatsache, dass Frau Moebius nach dem Unfall verletzt in der Klinik liegt. Marla hat noch nicht mal nach ihren Verletzungen gefragt.« Je länger Dr. Norden darüber nachdachte, umso weniger verstand er. Er sah seinen Sohn an. »Versetz dich doch mal in Marlas Lage. Was müsste passieren, damit du den Kontakt zu deiner Mutter abbrichst?«
Diese Vorstellung war so absurd, dass Danny nicht anders konnte. Ein prustendes Lachen war seine Antwort.
»Das fragst du jetzt nicht im Ernst, oder?«, erwiderte er schließlich. »Es gibt nichts, was unsere Familie je auseinanderbringen könnte. Das weißt du selbst am besten.« Um seine Worte zu bekräftigen, stand er auf und legte die Hand auf den Arm seines Vaters.
Die Blicke, die die beiden tauschten, sprachen von ihrer unerschütterlichen Verbundenheit. Natürlich hatten auch Vater und Sohn immer wieder Meinungsverschiedenheiten. Doch die Diskussionen waren geprägt von Respekt und gegenseitiger Achtung und gingen jedes Mal mit dem Gefühl zu Ende, dass es in diesem Team nur Gewinner gab.
*
Von so einem Verhältnis zu ihrem Kollegen konnte Fee Norden nur träumen. Obwohl sie alles versucht hatte, sich mit dem fachlich brillanten Volker Lammers gut zu stellen, war sie inzwischen am Ende ihres Lateins angelangt. Wann immer sich eine Gelegenheit bot, schmiedete der missgünstige Kinderarzt seine Intrigen gegen sie und den Chef der Pädiatrie und ließ kein gutes Haar an beiden. Er hatte es nur seiner herausragenden fachlichen Kompetenz zu verdanken, dass die Klinikchefin Jenny Behnisch nach wie vor an ihm festhielt und Fee immer wieder gut zusprach, sämtliche persönlichen Ressentiments aus der beruflichen Zusammenarbeit herauszuhalten.
*
»Sorgen bereitet mir, dass der junge Mann seine Arme und Beine nicht mehr so wie früher bewegen kann«, sprach Fee an diesem frühen Abend ein Schlusswort und stand auf zum Zeichen, dass die Besprechung mit Dr. Lammers für diesen Tag beendet war.
Im Gegensatz zu seiner Chefin blieb der Kinderarzt aber auf seinem Stuhl sitzen und sah ihr in aller Seelenruhe dabei zu, wie sie ihren Computer herunterfuhr, die Papiere auf dem Schreibtisch zusammenräumte und zur Garderobe im hinteren Teil ihres Büros ging, um die Jacke anzuziehen.
»Und weil Sie sich so große Sorgen machen, gehen Sie jetzt nach Hause? Oder verstehe ich da was falsch?«, fragte er. Seine Stimme troff vor Sarkasmus.
Wie so oft bedauerte Felicitas, dass er solche Kommentare nur loswurde, wenn sie allein waren. In Jennys Beisein war Lammers meist die Freundlichkeit in Person.
»Ich gehe nach Hause, um dort zu recherchieren, warum sich Manuels Zustand nicht bessert, obwohl er Antibiotika bekommt.«
»Das könnten Sie hier genauso tun. Die Computer funktionieren ganz hervorragend.«
»Aber ich funktioniere besser, wenn Sie nicht in der Nähe sind«, konnte sich Fee einen entsprechenden Kommentar nicht verkneifen und löschte das Licht. »Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich Sie jetzt einschließe?«
Nur ein schmaler Lichtschein fiel vom Flur ins Zimmer, und notgedrungen erhob sich Volker Lammers.
Seine Miene war grimmig, als er an seiner Vorgesetzten vorbei aus dem Büro stapfte.
»Das wird Ihnen noch leid tun«, knurrte er, und Fee schnitt in seinem Rücken eine Grimasse, ehe sie in die andere Richtung davonging.
Weit kam sie allerdings nicht. Fast sofort wurde sie auf eine Frau aufmerksam, die im Morgenmantel über den Klinikflur irrte. Sie war sichtlich aufgeregt und sah sich immer wieder um. Als sie Felicitas erblickte, hellte sich ihre Miene auf.
»Entschuldigen Sie, aber ich kann nicht schlafen. Die Männer … sie sind hinter mir her.« Während sie sprach, hob und senkte sich ihre Brust schnell unter dem türkisfarbenen Morgenmantel.
Fee bemerkte sofort, dass die Patientin panisch war, und reagierte entsprechend.
»Bitte regen Sie sich nicht auf.« Sie fasste die Frau am Arm und zwang sie, ihr in die Augen zu sehen. »Hier sind Sie in Sicherheit. Es kann Ihnen nichts passieren.« In ihrer Ausbildung zur Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie hatte sie gelernt, wie man mit panischen Menschen umging. Obwohl sie die Ausbildung zugunsten der Stelle der stellvertretenden Chefin der Pädiatrie abgebrochen hatte, profitierte sie immer wieder von dem Wissen. Auch diesmal hatte sie Erfolg, und die Patientin beruhigte sich schnell.
»Vielen Dank.« Als sie sah, dass tatsächlich niemand über den Flur kam, atmete sie auf. »Sie sind mein rettender Engel.«
»Schön wär’s«, lächelte Fee. »Und auch auf die Gefahr hin, dass ich Sie enttäuschen muss: Ich bin nur Ärztin auf der Kinderstation.«
Aus dem Augenwinkel bemerkte sie eine Bewegung und wandte den Kopf um. Niemand anderer als Dr. Lammers trieb sich immer noch in ihrer Nähe herum. Obwohl er vorgab, sich ganz und gar auf den Kaffeeautomaten auf dem Flur zu konzentrieren, wusste Felicitas,