Dämmerung der Liebe. Barbara Cartland
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»Einverstanden«, sagte Sir Hugo. »Und du, Archie, kannst mir jeden beliebigen mitgeben, damit er sich überzeugt, daß ich das Pferd nicht dope, ehe das Rennen beginnt.«
»Gut, ich werde mir überlegen, wer mitkommen soll«, stimmte Archie zu.
»Wir sollten ungefähr um sechs Uhr in Mere eintreffen«, meinte Sir Hugo, »so daß das Mädchen genügend Zeit hat, sich zum Abendessen umzuziehen.«
Er blickte lächelnd und selbstsicher in die Runde.
Hugo ist sich ja sehr sicher, dachte Perry im Stillen, aber vor allem ist wenigstens für den Augenblick die Langeweile aus den Augen des Herzogs verschwunden.
Als der Zug die Außenviertel von London erreichte, richtete Lorena allmählich ihre Sachen zusammen, und die beiden anderen Mädchen im Abteil taten das gleiche.
Die Gouvernante, die sie von Rom aus begleitet hatte, sagte in gebrochenem Englisch: »Nun, Mesdemoiselles, bitte lassen Sie nichts liegen. Ich möchte nicht, daß Sie jetzt etwas im Zug vergessen.«
»Nein, Mademoiselle«, antwortete eines der Mädchen, »obwohl meine Mutter schon zauberhafte neue Kleider für mich gekauft hat, besonders das Ballkleid, das ich bei meinem Debüt tragen werde.«
»Ich bin neugierig, ob wir im gleichen Salon debütieren«, sagte das andere Mädchen. »Und wie steht es mir dir, Lorena?«
»Ich weiß nicht, was aus mir werden wird«, antwortete Lorena mit einer zarten, leisen Stimme. »Du weißt, ich habe keine Eltern mehr, die mich in die Gesellschaft einführen könnten. Sie sind beide tot.«
»Oh, ich hatte ganz vergessen, daß du Waise bist«, rief eines der Mädchen. »Aber vielleicht sehen wir uns einmal, falls du in London bleibst.«
»Ich habe keine Ahnung, wo ich leben werde«, antwortete Lorena. »Mein Onkel hat mir nur sehr selten geschrieben. Es ist etwas beängstigend, wenn man einen neuen Lebensabschnitt beginnt und keine Ahnung hat, was mit einem geschehen wird.«
»Das klingt ja entsetzlich«, bemerkte eines der Mädchen. »Aber ich glaube, daß es dir gutgehen wird. Du bist sehr klug.«
»Ich wollte, es wäre so«, sagte Lorena. »Ich weiß jedenfalls, daß meine Tante von Bücherwissen nicht allzu viel hält.«
Sie dachte an ihre Tante Kitty, wie sie sie zum letzten Mal gesehen hatte, elegant gekleidet, aber mit einem harten Gesichtsausdruck.
Lorena hatte sie ganz unschuldig gefragt, ob sie während der Ferien nach Hause kommen dürfe.
»Nach Hause?« hatte Lady Benson scharf gefragt. »Wenn du mit nach Hause hier meinst, dann lautet die Antwort: Nein! Du bleibst so lange in Rom, bis du die Schule abgeschlossen hast, und das wird mindestens die nächsten drei Jahre in Anspruch nehmen.«
»So lange?« hatte Lorena bekümmert gesagt.
»Du solltest sehr dankbar dafür sein. Es kostet deinen Onkel eine Menge Geld, dich nach Rom zu schicken. Du wirst eine ausgezeichnete Ausbildung genießen, eine weit bessere, als sie dir dein Vater hätte bieten können«, sagte Lady Benson.
»Ich bin auch sehr dankbar dafür«, erwiderte Lorena. »Es ist nur die Vorstellung, daß ich dort mit... Fremden zusammen bin... und niemanden kenne.«
»Da du Waise bist, mußt du dich an ‘Fremde’ gewöhnen«, erklärte Lady Benson barsch. »Und ich will es ganz deutlich sagen, Lorena, ich habe keine Zeit und keine Lust, für dich die Anstandsdame zu spielen. Ich mag Kinder nicht, und Gott sei Dank habe ich keine.«
»Ich... ich verstehe«, sagte Lorena leise.
Als sie am nächsten Morgen das Haus ihres Onkels verließ und zusammen mit einigen anderen Mädchen nach Rom aufbrach, hatte sie sich von ihrer Tante nicht verabschieden können, weil diese noch schlief.
Onkel Hugo war immer sehr freundlich zu ihr gewesen, aber sie fand ihn auch irgendwie einschüchternd.
Er war ihrem Vater in jeder Hinsicht unähnlich, und der Gedanke, daß sie Brüder waren, kam ihr seltsam vor.
Als er noch sehr jung gewesen war, hatte ihr Vater sich zum Entsetzen seines Vaters und seines älteren Bruders entschlossen, in den Kirchendienst einzutreten. Er glaubte sich berufen, anderen Menschen zu helfen und Gott zu dienen, und nichts konnte ihn davon abbringen.
Als er noch Hilfspfarrer gewesen war, hatte er die Tochter eines Landedelmannes geheiratet, der genauso weltfremd gewesen war wie er selbst.
Sie liebten sich auf eine Weise, die jeden Ort, wo sie lebten, mit einer Aura des Glücks umgab, das man mit noch so viel Geld nicht erkaufen kann.
Als sie tot waren, wußte Lorena, daß ihre Welt, die mit Sonnenschein, Musik und Lachen erfüllt gewesen war, für immer verloren war.
Sie hatte einige Zeit gebraucht, um sich an das Leben im Internat zu gewöhnen, und nicht einmal die Nonnen hatten bemerkt, wie sehr sie litt und wie sehr sie sich nach ihrem Elternhaus sehnte, das es nicht mehr gab.
Sie galt in der Klosterschule als sehr still.
Durch ihr zurückhaltendes Wesen, ihr Verständnis für die Probleme anderer Menschen und durch ihr erstaunliches Einfühlungsvermögen, durch das sie sich so sehr von den anderen Mädchen unterschied, wurde sie den anderen allmählich unentbehrlich. Jeder, der irgendwelche Probleme oder Schwierigkeiten hatte, wandte sich instinktiv an Lorena.
Sie hörte sich die Sorgen nicht nur der gleichaltrigen Mädchen an, sondern auch vieler anderer im Kloster, der Gastlehrer, der italienischen Diener, die immer etwas zu erzählen hatten, und sogar der Nonnen selbst.
Sie hatte die Fähigkeit zuzuhören und vermittelte jedem das Gefühl, daß sie eine Lösung der Probleme wußte, auch wenn sie selbst wenig sprach.
Meist ließ sie die anderen die Lösung, die sie suchten, in sich selbst finden, eine Tugend, durch die sie sich selbst der Mutter Oberin empfahl.
»Es war ein Segen für uns alle, daß wir dich bei uns hatten«, sagte sie zu Lorena, als diese sich verabschiedete. »Du hast dich sehr gut entwickelt, und ich hoffe, daß wir das uns zu einem guten Teil zuschreiben können. Aber ich glaube auch, mein Kind, daß diese Gabe, die du besitzt, etwas ist, das Gott uns schenkt, und daß wir sie entweder entfalten oder brachliegen lassen.«
Lorena lächelte.
»Ich hoffe, ich habe sie entfaltet, Ehrwürdige Mutter.«
»Ja, das hast du. Und es wird dir sehr helfen, wenn du in die Welt hinaustrittst. Ich habe gehört, du weißt noch nicht, wo du künftig leben wirst.«
»Ich bin sicher, mein Onkel wird etwas finden«, antwortete Lorena zögernd.
Die Mutter Oberin bemerkte, daß Lorena unglücklich war.
»Vertraue auf Gott, mein Kind«, sagte sie. »Er wird dir immer sagen, was richtig und was falsch ist, denn so spricht Gott zu uns, besonders wenn wir Seine Hilfe brauchen.«
»Ich werde daran denken, Ehrwürdige Mutter«, sagte Lorena.
Während der langen Fahrt durch Frankreich dachte