Jawort unter fremden Sternen. Barbara Cartland
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„Nun, da kann dein Vater ihn beruhigen! Liebe paßt nicht in meine Pläne, und darum wird sie auch nicht die des Premiers durchkreuzen.“
„Aber irgendwann mußt du mal heiraten.“
„Warum?“;
„Hauptsächlich, weil du einen Erben brauchst. Jemand muß diese ganzen Besitztümer doch übernehmen.“ Nachdenklich fügte er hinzu: „Ich habe schon oft gedacht, dass Saire House eine Herrin und ein halbes Dutzend Kinder fehlen, um es bewohnbar zu machen. So ist es zu perfekt, um ein Heim zu sein.“
„Mir gefällt es so. Und außerdem: Kannst du dir mich mit einer Ehefrau vorstellen?“
„Sehr gut sogar! Gertrude würde mit den Saire-Diamanten bezaubernd aussehen!“
„Ich könnte mir keine Frau vorstellen, die weniger geeignet wäre. Sie ist zu besitzergreifend, ich bezweifle, daß sie so etwas wie ein Hirn besitzt. - Sie ist sehr schön, zugegeben, aber damit ist auch alles gesagt.“
„Großer Gott, Theydon, was willst du denn noch mehr?“
„Eine ganze Menge, wie es scheint.“
„Erzähle!“
„Bestimmt nicht! Wenn ich es täte würdest du eine suchen, auf die diese Beschreibung paßt! Oh nein!“
D’Arcy Charington lachte.
„In Ordnung, Theydon, wie du willst. Aber ich warne dich - du wirst im Alter sehr einsam sein, wenn du allein auf Saire sitzt.“
„Ich werde zufrieden sein mit der Gesellschaft meiner alten Freunde und damit, Pate ihrer Kinder zu sein.“
„Und was tust du für deine Patenkinder?“
„Ich schenke ihnen eine Guinee zu Weihnachten und zehn Guineen zur Konfirmation. Und danach wasche ich meine Hände in Unschuld.“
„Alles schön und gut, aber ich würde dich lieber mit einem eigenen Sohn und vielleicht noch ein oder zwei hübschen Töchtern sehen.“
„Gott bewahre!“ entgegnete Lord Saire. „Ich bin darüberhinaus entschlossen, auch anderer Leute Töchter zu meiden!“
„Nun, ich werde darauf zurückkommen, wenn du aus dem Fernen Osten zurückkehrst. Natürlich kannst du in der Zwischenzeit dein Herz an eine bezaubernde, glutäugige Huri verlieren - wer weiß?“
„Ganz richtig - wer weiß?“ wiederholte Saire, ein schwaches Lächeln spielte um seine Lippen.
Der Zug lief im Bahnhof ein, und D’Arcy Charington drückte seine Zigarre aus und setzte den Hut auf.
„Du mußt mich entschuldigen, Theydon, aber ich habe noch eine wichtige Verabredung.“
„Männlich oder weiblich?“
„Männlich, leider - mein Bankmanager.“
„Der ist natürlich wichtiger als jeder andere“, meinte der Lord.
„In meinem Fall zweifellos. - Ich wage nicht, meinem Vater die Höhe meiner Schulden einzugestehen. Den Manager finde ich wesentlich sympathischer.“
„Na, dann viel Glück“, wünschte Saire. „Ich nehme an, ich sehe dich heute abend?“
„Ja, der Prinz hat mich eingeladen, es kann ganz amüsant werden.“
„Nun, wenn es zu langweilig ist, können wir ja noch woanders hingehen.“
Noch während sie sich unterhielten, erreichte der Zug den Bahnsteig. Sobald er zum Stehen gekommen war, nahm D’Arcy Charington seinen Spazierstock, öffnete die Tür und sprang hinaus.
„Auf Wiedersehen, Theydon“, rief er und verschwand in der Menge.
Lord Saire hatte es nicht eilig. Er faltete in Ruhe seine Zeitung zusammen, erhob sich und zog den pelzverbrämten Mantel an.
Als er seinen Hut aufsetzte, erschien sein Diener an der Tür.
„Ich hoffe, Eure Lordschaft hatten eine angenehme Reise.“
„Ja, danke. - Nimm die Zeitung mit, Higson. Ich habe sie noch nicht gelesen.“
„Sehr wohl, Mylord. Der Brougham wartet auf Sie. Ich bringe Ihr Gepäck im Landauer unter.“
„Danke, Higson. Ich fahre jetzt ins Oberhaus. Ich werde früh zurück sein, um mich umzukleiden. Ich diniere in Marlborough House.“
„Das hörte ich, Mylord.“
Lord Saire verließ den Zug und schritt durch die wogende Menge.
Der Zug war voll gewesen, auch eine Anzahl Schulmädchen war in Oxford zugestiegen, wie er beobachtet hatte. Sie fuhren wohl zu Weihnachten heim und sahen glücklich und aufgeregt aus.
Sie verabschiedeten sich von ihren Freundinnen, und wurden von Gouvernanten zu kleinen Gruppen zusammengetrieben.
Lord Saire hatte sich schon ein Stück vom Zug entfernt, als ihm einfiel, daß er etwas vergessen hatte, und so machte er kehrt.
Higson war noch mit seinen Gepäckstücken beschäftigt.
„Higson!“ rief Lord Saire vom Bahnsteig aus.
Sofort erschien sein Diener am Fenster.
„Ja, Mylord?“
„Fahr doch bitte auf dem Heimweg noch beim Gärtner vorbei und sende Lady Gertrude Lindley einen großen Strauß Lilien. Hier ist die Karte, die mitgeschickt werden soll.“
„Sehr wohl, Mylord“, entgegnete Higson und nahm die Karte an sich.
Als Saire sich wieder abwandte, sagte er sich, daß dieser Strauß der letzte sein würde, den er Lady Gertrude verehrte.
Was ist nur mit mir los? fragte er sich, als er den Bahnsteig entlang zum Ausgang ging. Warum langweilte ihn jede Frau schon nach kurzer Zeit? Er wußte, er konnte jede Frau haben, die er begehrte. Ja, sie fielen nur zu leicht in seine Arme.
„Gott sei Dank gehe ich fort“, sagte er zu sich. Er wußte, es würde nicht leicht sein, sich aus Gertrudes Armen zu befreien.
Es wäre unmöglich ihr zu erklären, warum sie ihn nicht länger interessierte, warum sich seine Gefühle für sie gewandelt hatten. Sie hatte keinen Fehler gemacht, hatte sich nicht anders verhalten als sonst - und dennoch!
Als er den Zug verlassen hatte, war der Bahnsteig überfüllt gewesen, aber nun waren nur noch ein paar Gepäckträger zu sehen, die ihre Wagen vor sich herschoben.
Auch vor Lord Saire ging einer, dessen Wagen so hoch beladen war, daß man nicht darüber schauen konnte. Dann ertönte plötzlich ein Schrei.
Der Träger blieb so plötzlich stehen, daß Lord Saire fast in ihn hineingerannt wäre.