Sein. Lilly Grunberg

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Sein - Lilly  Grunberg

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auf jeden Fall mehr Spaß, als sie jemals mit Thorsten erlebt hatte.

      Bei einem Kontrollgang durch ihre Zwei-Zimmer-Wohnung suchten Myriams Augen aufmerksam nach Gegenständen, die Thorsten gehörten. Auf keinen Fall wollte sie durch irgendetwas, das er vergessen hatte, an ihn erinnert werden. Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Flur. Alles keimfrei, dachte sie grinsend. Fehlt nur noch die Inspektion des Bades.

      Selbstbewusst musterte Myriam ihr Gegenüber im Badezimmerspiegel und strich mit einer lässigen Handbewegung eine Haarsträhne hinter das rechte Ohr. Sie musste vorsichtiger sein. Den nächsten Mann würde sie einer harten Prüfung unterziehen! Wenn er es nicht schaffte, sie innerhalb von fünf Minuten so heiß zu machen, dass sie sich danach verzehrte, von seinem Schwanz ausgefüllt zu werden, dann war er es nicht wert, sich mit ihm einzulassen. Und heiße Liebe brauchte ihr sowieso keiner zu beteuern. Dieses Thema wurde völlig überbewertet. Erst Liebesschwüre und Sex, dann nur noch Liebesschwüre, und am Schluss? Nichts mehr. Vielleicht wäre eine reine Sexbeziehung überhaupt die bessere Variante? Kein Streit, kein Herzschmerz, nur Spaß. Dann weiß man wenigstens was man voneinander hat und die übrige Zeit kann man machen, was man will! Keine Verpflichtungen, keine Vorwürfe, dass der eine zu wenig Zeit für den anderen hat. Genau!

      Als sie ihren Blick senkte, blieb dieser an Thorstens Hinterlassenschaften hängen. Grimmig warf Myriam die Zahnbürste, in deren Borsten noch Reste der Zahnpasta klebten, den Kamm, der viel zu selten benutzt worden war und ebenfalls alles andere als sauber aussah, sowie ein paar andere Utensilien, die Thorsten gehörten, in den chromblitzenden Abfalleimer. Pflegeprodukte wie Lotion, AfterShave oder Eau de Toilette hatte er sowieso nie benutzt. Das sei unmännlich, hatte er behauptet. Schade, dass er nicht verstanden hatte, worauf es ankam.

      Myriam überlegte, sie brauchte heute noch ein positives Erlebnis. Am besten sie gönnte sich nach der Arbeit einen Einkaufsbummel. Ein hübsches neues Dessous, ganz für sich alleine, wäre so ganz nach ihrem Geschmack. Ob mit oder ohne Mann im Haus, begehrenswert ausstaffiert würde sie sich gleich wieder besser fühlen.

      Wer braucht schon die Männer?, fragte sich Myriam und schüttelte ihre fuchsrote Lockenpracht, als sie aus der Haustür trat. Alles gehört nun wieder mir. Meine Freizeit, meine Wohnung, mein Geld, mein Leben. Und wenn ein Mann in mein Leben tritt, dann muss er der absolute Hammer sein.

      Die Kosmetikerin

      Von außen macht der Laden einen sehr guten Eindruck, stellte Nadine fest, während sie die mit Rosenblättern, Flakons und Kosmetikartikeln hübsch dekorierte Auslage des Schaufensters studierte. Alles war geschmackvoll angeordnet, mit viel Liebe zum Detail, ohne marktschreierisch auf spezielle Angebote hinzuweisen. Seit kurzem gehörte zur Parfümerie auch ein Kosmetik- und Nagelstudio. Zum Geburtstag hatte Nadine von Sophie, ihrer besten Freundin, einen Kosmetikgutschein geschenkt bekommen. Es war keineswegs so, dass Nadine eine kosmetische Intensivbehandlung nötig gehabt hätte. Nein, sie litt weder unter poriger Mischhaut, hässlichen Pigmentflecken oder unerwünscht starkem Haarwuchs im Gesicht. Es war einfach so, dass sie und Sophie sich ab und an ein kleines Verwöhnprogramm gönnten, mit Peeling und Gesichtsmassage, Wimpernfärben und Augenbrauenzupfen. Noch besser würde ihnen ein gemeinsames Wochenende in einem Wellnesshotel gefallen, natürlich ohne ihre Männer, ein reines Mädchenwochenende. Aber diesem Wunsch hatten die beiden Doms bislang nicht zugestimmt, und darüber konnten sie sich nicht hinwegsetzen. Denn so war das nun mal, wenn man in einer Beziehung lebte, in der der dominante Partner das letzte Wort hatte und der Submissive bereit war, dies zu akzeptieren. Meistens betraf dies zwar nur die Zeit des sexuellen Rollenspiels, aber manche Paare lebten dies auch im Alltag, so wie sie.

      Ein Vogelträllern, das dem eines Kanarienvogel ähnelte, erklang lang anhaltend, als Nadine die Ladentür öffnete und eintrat. Der Verkaufsraum war angenehm klimatisiert und in sonnigen Farben gestaltet. Die Decke war in Zartgelb, die Wände in Ocker, Orange und Weiß gehalten. Gut sortierte Regale mit blitzblanken Glasböden präsentierten die Düfte und Kosmetikartikel namhafter Hersteller, sowie eine breit gefächerte Auswahl an Accessoires.

      Eine brünette Mittvierzigerin in einem kornblauen Kostüm blickte durch das metallicblaue Gestell ihrer Brille von einer Bestellliste auf und begrüßte Nadine mit einem freundlichen Nicken.

      »Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?«

      »Guten Tag, ich habe einen Termin zur Kosmetik«, erklärte Nadine.

      »Sehr schön – Sie sind Frau Falk?«

      Nadine nickte.

      »Bitte sehr.« Die Dame öffnete eine verspiegelte Tür zwischen den Regalen, und hieß Nadine mit einer einladenden Geste einen kurzen Flur entlang gehen. »Sie werden schon erwartet. Viel Vergnügen und gute Entspannung, Frau Falk.«

      »Danke sehr, die werde ich bestimmt haben.«

      Nadines Absätze klackerten bei jedem Schritt auf dem Steinfußboden. Am Ende des Flurs klopfte sie zweimal kurz mit dem Fingerknöchel an die Tür.

      Eine helle Stimme rief »Herein«.

      Zunächst sah Nadine nur die fuchsroten, zu einem üppigen Pferdeschwanz gebändigten Locken der Frau, die ihr, mit einer geblümten Sommerbluse und einer cremefarbenen Leinenhose bekleidet, den Rücken zudrehte und irgendetwas aufräumte. Dann, als diese sich zu ihr umdrehte, war sie für einen Augenblick sprachlos. Stark getuschte, von einem schwarzen Kajal umrahmte, katzengrüne Augen blickten sie weit aufgerissen an, der knallrote Mund für Sekunden zu einem überraschten Oh geformt.

      »Nadine?«, fragte ihr Gegenüber schließlich vorsichtig.

      »Hey, das ist ja ein Ding! Hallo Myriam«, erwiderte Nadine, die Stimme verunsichert angehoben und ließ es zu, dass die ehemalige Schulkameradin sie spontan und unerwartet herzlich umarmte. »Dich hätte ich jetzt nicht erwartet.«

      Sie lachten beide verlegen, während Myriam Nadines Jacke entgegen nahm und über einen freistehenden Garderobenständer hängte. Auch dieser Raum war in warmen Gelbtönen gehalten, jedoch nicht so kräftig. Die Möblierung beschränkte sich aufs Notwendigste.

      Nadine betrachtete Myriam genauer. Ihre Gesichtszüge waren nicht mehr so weich wie noch vor ein paar Jahren. Wir haben wohl alle das Babyface der Jugend verloren.

      Nach dem Abitur waren sie einander nie mehr begegnet und auch zur Schulzeit hatten sie kaum ein Wort miteinander gesprochen. Es war eher so gewesen, dass sie einander bewusst ignoriert hatten. Zum Teil hatte dies daran gelegen, dass Nadine sich stets an Sophie orientiert hatte und mit denselben Leuten in ihrer Freizeit abgehangen war wie diese. Ganz abgesehen davon, dass sie beide schon frühzeitig in die Welt der Erwachsenen abgedriftet waren und sexuelle Erfahrungen und Abenteuer gesucht hatten. Wenn Nadine daran zurückdachte, wurde ihr heute noch schlecht. Sie hatten so verdammt viel Glück gehabt, nie an die falschen Männer geraten zu sein. Bestimmt waren sie mehr als einmal haarscharf Bordell und Zuhältern entkommen.

      »Das ist ja toll, dass wir uns wiedersehen, wie geht’s dir? Wir haben uns ja eine halbe Ewigkeit nicht gesehen …«, plauderte Myriam unbefangen los, als wären sie damals die besten Freundinnen gewesen.

      Nadine hatte das Verhalten ihrer Klassenkameradin während des Unterrichts jedoch stets als ein wenig zu forsch und direkt empfunden, eine Spur zu keck und selbstbewusst. Eigentlich war es dem Auftreten ihrer Freundin Sophie gar nicht so unähnlich gewesen, immer ein wenig provokant und ab der Pubertät etwas zu freizügig. In einem Punkt hatten sich Myriam und Sophie jedoch ganz klar unterschieden.

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