Sein. Lilly Grunberg

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Sein - Lilly  Grunberg

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style="font-size:15px;">      »Natürlich«, versprach Myriam, während sie mit routinierten, mechanischen Bewegungen einen mit einer Lotion getränkten Pad gleichmäßig über Nadines Stirn, Nase und Kinn kreisen ließ. »Logo. Meine Lippen sind versiegelt.«

      Das glaubte Nadine nur bedingt.

      »Also? Erzähl schon. Mach‘s nicht so spannend!«

      Nadine seufzte. »Bei BDSM-Beziehungen ist so, dass einer von beiden Partnern der Dom ist, also der dominante Part, der sagt, wo es langgeht, aber auch die Verantwortung übernimmt. Und der andere unterwirft sich seinen Wünschen. In unserem Fall bin das ich. Ich bin seine Sub.« Bestimmt klang das jetzt ziemlich verworren und für jemanden, der damit noch nie zu tun gehabt hatte, vollkommen abstrus. Hoffentlich hörte Myriam jetzt auf zu bohren.

      »Du redest jetzt von was genau? Vom Alltag oder von Sex?«

      Verdammt. »Ein bisschen von allem. Für manche ist es nur eine sexuelle Spielart, für andere ihre Lebensphilosophie.« Wenn Myriam im Details wüsste, wie ich lebe, du meine Güte. Wobei – wenn sie erfahren würde, wie es bei Sophie zugeht, da würden ihr die Augen vor Neugierde aus dem Kopf kugeln.

      »Aha, und für was steht denn dieses Kürzel, dieses wie? BMS?«

      Es war Zeit, das Thema zu wechseln. Sie hatte sowieso schon viel zu viel verraten. »Lass uns von etwas anderem reden. Wohin soll dein nächster Urlaub gehen?« Hoffentlich verstand Myriam diesen sprichwörtlichen Wink mit dem Zaunpfahl. »Wir waren letztes Jahr zwei Wochen in der Toscana. Einfach super. Viel anzuschauen, tolle Landschaft, herrliches Wetter. Und dieser Wein, einfach köstlich. Wenn du eine Empfehlung für ein Hotel brauchst …«

      Myriams leises Lachen ließ sie innehalten. »Lenk nicht ab, Nadine. Du genierst dich wohl, mich genauer aufzuklären. Ist es dir etwa peinlich?«

      »Nein, natürlich nicht.«

      »Na dann erzähl weiter!«

      »Aber du behältst das für dich!«, gab Nadine halbherzig nach, innerlich seufzend über ihre eigene Dummheit. Warum plapperte sie manchmal so leichtfertig über ihr Privatleben? Leuten, die ein wenig selbstbewusster auftraten als sie selbst, hatte sie einfach nichts entgegen zu setzen. In sich hinein seufzend schloss sie die Augen, weil Myriam nun mit einem warmen, feuchten Tuch die zuvor aufgetragene Creme wieder von ihrem Gesicht aufnahm. »BDSM ist die Kurzform von Bondage, Discipline oder auch Domination, Sadism und Masochism.«

      »Wow, das klingt interessant – und hart. Und was bedeutet das für dich?«

      Wasserrauschen war zu hören. Nadines Herz klopfte härter. Was würde Myriam von ihr denken? Andererseits, machte sie sich Mut, war das egal. Jahrelang waren sie sich nicht begegnet und wenn sie künftig zu einer anderen Kosmetikerin ginge, würde sie nicht noch einmal in die Verlegenheit kommen, darüber zu reden. Sie würden sich vermutlich nie wieder sehen.

      »Na ja, zu einer BDSM-Beziehung gehört, dass ich als der devote Partner mache, was meinem Dom gefällt. Es baut alles auf einem erotischen Spiel auf.«

      »Aha. Dein Dom

      Nadine drückte sich die langen Fingernägel in die Handinnenflächen bis es schmerzte. »Im BDSM heißt der unterlegene Partner der Sub, und der das Sagen hat, ist der Dom. Von Dominus, lateinisch für Herr.«

      »Hm, und was ist dieses Bondage?«

      Verdammt, Myriams Gedächtnis schien ja der perfekte Datenträger zu sein und speicherte jedes Wort, zu jeder Sekunde abrufbar.

      Nadine lachte gequält. »Du findest es bestimmt verrückt, aber da wird man gefesselt. Nicht einfach so, das sind ganz kunstvolle Verschnürungen. Die sind richtig zeitaufwändig und für beide Partner erregend.«

      »Aha. Klingt doch bis jetzt ganz angenehm.«

      Ein letztes Mal wurde das warme feuchte Tuch um Nadines Kinn und Wangen gelegt und behutsam gewischt, dann nahm Myriam wieder die Pinzette in die Hand und machte sich daran, Nadine Augenbrauenform zu vollenden.

      »Und SM? Ist das nicht irgendetwas Perverses?«

      »Ach was. Das meinen nur die Leute, die davon keine Ahnung haben. Pervers ist doch nur etwas, womit der andere nicht einverstanden ist oder was grundsätzlich gegen die gesellschaftlichen Moralvorstellungen verstößt.« Wie gut, dass sie sich Laurins Satz zu diesem Thema gemerkt hatte. Sie selbst hätte das niemals so auf den Punkt bringen können. »Zu SM gehört zum Beispiel, dass der devote Partner, also der Sub, seinen Herrn bedient, und sich von ihm bei Bedarf züchtigen lässt. Sozusagen Peitsche und Zuckerbrot.«

      »Ahem, übrigens, ich würde jetzt deine Wimpern färben. Willst du schwarz oder braun? Ich hätte auch ein bläuliches Schwarz. Ich glaube, das passt gut zu deinen Augen.«

      »Einverstanden. Mach das.« Eigentlich würde sie lieber aufstehen und gehen. Wenn sie das hinbekäme.

      Während Myriam in einem kleinen Porzellanschälchen die Farbe anrührte und Nadine mit ein wenig Creme die Pads unter dem Unterlid auf die Haut klebte, um diese vor der Farbe zu schützen, bohrte sie weiter. »Du lässt dich also freiwillig verprügeln? Ich dachte, du bist emanzipiert genug, dich dagegen zu wehren?«

      »So darf man das nicht sehen. Es geht nicht darum, jemandem willkürlich Schmerzen zuzufügen. In der Regel gibt’s auch keine blauen Flecken. Das kannst du wahrscheinlich nicht verstehen, aber es ist ziemlich erotisch.«

      »Nee, kann ich wirklich nicht verstehen. Und mit was? Mit der Hand oder ‘nem Kochlöffel oder wie?«

      Gar nicht so schlecht geraten, dachte Nadine grinsend. »Tatsächlich kommen auch alltägliche Gegenstände wie Kochlöffel oder ein Lineal zum Einsatz. Alles andere kann man kaufen. Paddel, Peitschen, Rohrstöcke. Je nachdem, wie man das ausleben will.«

      Myriams Gesicht erschien über Nadines Kopf. Ihre Augen waren vor Verwunderung weit aufgerissen und auch in ihrer Stimme schwang jetzt so etwas wie Anerkennung mit. »Und du machst solche verrückten Sachen? Das kann ich mir bei dir überhaupt nicht vorstellen. Du warst doch immer eine von den Braven.«

      Sie wich wieder auf ihren Drehstuhl zurück und richtete sich Lupe und Lampe über Nadines Gesicht neu ein.

      »So, Augen schließen.« Gekonnt strich Myriam die Wimpern auf den Pads glatt und auseinander. »Achtung, ich komme jetzt mit der Farbe.«

      Es fühlte sich ein wenig kühl und schwer an, als die Farbe vorsichtig auf die Wimpern getupft wurde. Dann war ein Piepsen zu hören, vermutlich stellte Myriam die Uhr für die Einwirkzeit ein. Das Klappern im Waschbecken kündete davon, dass sie die Utensilien reinigte, die sie zum Anrühren der Farbe verwendet hatte.

      »Ich kann mir das gar nicht vorstellen, dass sich jemand mit dem Rohrstock versohlen lässt und das auch noch toll findet. Muss man da nicht ein bisschen daneben sein?«

      Das hatte Nadine vor dem ersten Mal auch gedacht. Ein entspanntes Lächeln machte sich auf ihren Lippen breit. Dabei war es so unsagbar aufregend, mit nacktem Po vor Laurin zu stehen und sich seiner Hand hinzugeben, es musste ja nicht unbedingt ein Rohrstock sein. Wenn sie daran dachte, wie er sie vor rund einer Stunde im Flur genommen hatte … Nadine seufzte. »Ich sag ja, ein Außenstehender kann sich das nicht vorstellen, was man dabei empfindet. Dass das sehr erotisch sein kann. Das hat wirklich nichts mit Gewalt zu tun.«

      »Da

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