Im Thale des Todes. Karl May

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Im Thale des Todes - Karl May Deutsche Herzen - Deutsche Helden

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      »Na, was ist denn das für ein Verhalten! In einer Venta hat man sich doch um die Gäste zu bekümmern!«

      Jetzt drehte sie sich um. Der Mann hatte sich gleich auf den ersten, besten Stuhl gesetzt. Sein Aussehen war nicht sehr Vertrauen erweckend.

      »Was höre ich!« sagte sie. »Ihr raisonnirt?«

      »Ja. Ich habe das Recht dazu!«

      »Das Recht? Wieso?«

      »Ich komme als Gast und kein Mensch bekümmert sich um mich.«

      »Seid froh, daß dies so ist, denn wenn ich mich um Euch bekümmern wollte, so wäre es doch nur in der Weise, daß ich Euch aus dem Hause werfen ließ.«

      »Oho! Das geschieht nicht so leicht! Ehe Ihr mich hinauswerft, will ich erst ein Glas Branntwein trinken!«

      »Könnt Ihr ihn bezahlen?«

      »Das geht Euch nichts an!«

      »Nichts? So! Wenn Ihr das denkt, so macht nur gleich, daß Ihr hinauskommt. Ich werde mich wohl überzeugen können, ob ich auch Zahlung erhalte.«

      »Na, so überzeugt Euch! Hier!«

      Er zog einen Silberpeso aus der Tasche und warf ihn auf den Tisch.

      »Das ist etwas Anderes,« sagte sie. »Zahlen könnt Ihr also. Dennoch aber fragt es sich, ob Ihr den Branntwein erhaltet.«

      »Warum denn?«

      »Erst müßt Ihr beweisen, daß Ihr es werth seid.«

      Er verstand sie nicht und blickte sie erstaunt an. Sie aber trat näher und stemmte beide Hände in die Seiten. Dabei beachtete sie gar nicht, daß sie eben in jeder Hand ein Stück gekneteten Thon hielt, den sie nun an die schwarze Taille schmierte. Sie warf sich in eine möglichst imponirende Positur und fragte:

      »Wie viele Nebenmonde hat der Uranus?«

      Der Gefragte blickte sie an, als ob er sagen wollte, daß er sie für übergeschnappt halte.

      »Na, Antwort!« drängte sie.

      »Donnerwetter! Wer ist denn dieser Krinus oder Urimus oder Urian?«

      »Das wißt Ihr nicht?«

      »Nein. Ich kenne weder ihn noch seine Monde. Jedenfalls geht mich der Kerl auch gar nichts an.«

      »Gut! Weiter! Wie alt wurde der größte Feldherr der Karthager, ehe er starb?«

      »Unsinn! Wie alt ist er denn wohl nachher noch geworden, als er gestorben war?«

      »Sennor,« sagte sie in verweisendem Tone, »beleidigt meine Würde nicht! Ich stehe vor Euch als Dame, Gelehrte, Künstlerin und Examinatorin. Sagt mir jetzt weiter, in welcher Beziehung die Planimotrie mit der Witterungskunde verwandt ist!«

      »Mir ganz gleich. Auf diese Verwandtschaft gebe ich nicht das Geringste!«

      »Also auch nicht! Nun viertens: Warum nennt man eine gewisse Klasse der Affen Meerkatzen?«

      Da fuhr er von seinem Sitze auf und rief:

      »Himmeldonnerwetter! Wollt Ihr mich etwa auch zum Affen machen? Was weiß ich von Meerkatzen! Jedenfalls sehe ich jetzt in diesem Augenblicke die allererste und die seid Ihr selbst!«

      Das war eine Beleidigung, welche sie nicht dulden durfte. Sie fuhr mit ihren thonigen Fingern auf ihn zu und schrie:

      »Was sagt Ihr? Ich eine Meerkatze? Hat man bereits einmal so Etwas gehört? Die geehrte Emeria eine Meerkatze! Das muß ich bestrafen!«

      »Na, habe ich denn Unrecht?« lachte er. »Wenn die Gelehrtheit darin besteht, daß man sich mit Lehm beklext, so kann ich das auch. Uebrigens weiß ich gar nicht, wie ich dazu komme, von Euch nach Dingen gefragt zu werden, von denen ich gar keine Ahnung habe. Gebt mir meinen Schnaps! Weiter verlange ich nichts.«

      »Ihr bekommt keinen!«

      »Warum nicht?«

      »Ihr seid ein Ignorant und ein solcher bekommt von mir keinen Tropfen Wasser, viel weniger Schnaps.«

      »Ignorant? Was ist das? Meint Ihr etwa Elephant? Wenn Ihr Eure Gäste in dieser Weise beschimpfen wollt, so könnt Ihr lange feil halten, ehe sie wieder bei Euch einkehren. Hätte ich das gewußt, so wäre ich sicher nicht zu Euch gekommen; aber da Sennor Robin mir sagte, daß ich zu Euch gehen solle, so habe ich es gethan, natürlich ohne alle Ahnung, daß Ihr mich erst für einen Affen und dann sogar für einen Elephanten halten würdet!«

      Das beruhigte sie.

      »Von Sennor Robin redet Ihr? Der hat Euch geschickt?«

      »Ja.«

      »Das ist etwas Anderes. Da sollt Ihr einen Schnaps erhalten, obgleich Ihr mir den Beweis schuldig geblieben seid, daß Ihr als Gast in die Venta der gelehrten Emeria paßt.«

      Sie holte den Schnaps. Als sie ihm das Glas hinsetzte, bemerkte sie:

      »Uebrigens ist es eigen. Während einer Stunde seit Ihr der Zweite, den mir Sennor Robin schickt.«

      »So? Ist der Erste bereits da?«

      »Ja.«

      »Das wollte ich erfahren. Deshalb komme ich her. Ich soll Euch nämlich fragen, ob ein gewisser Sennor Günther, ein Deutscher, bei Euch vorgesprochen habe.«

      »Das hat er.«

      »Und habt Ihr ihm ein Logis gegeben?«

      »Ja, auf die Empfehlung von Sennor Robin.«

      »Schön! So ist Alles in Ordnung. Ich glaube, Sennor Robin wird bald selbst kommen, um sich für die Aufmerksamkeit zu bedanken, welche Ihr ihm erweiset. Es ist wahr, ein Wirth oder eine Wirthin muß sich die Gäste durch Gefälligkeit verbinden. Daher kann ich mich nicht begreifen, daß Ihr die Eurigen in der Weise empfangt, wie Ihr es mit mir gemacht habt. Thut Ihr das etwa mit einem Jeden?«

      »Ja.«

      »Unmöglich!«

      »Ich werde Euch gleich zeigen, daß es wirklich so ist. Seht Ihr den Reiter, der auf meine Venta zukommt?«

      Der Gast blickte zum Fenster hinaus und antwortete:

      »Ja, ich sehe ihn. Dieser Mann muß einen langen und beschwerlichen Ritt hinter sich haben. Er ist ganz bestaubt und sein Pferd hinkt und kann kaum mehr fort.«

      »Er wird bei mir einkehren und Ihr sollt sehen, daß ich ihn ebenso scharf examinire wie Euch.«

      »Na, das ist drollig! Warum aber thut Ihr das?«

      »Im Interesse meines Rufes.«

      »So bin ich neugierig, wie er es aufnehmen

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