Im Thale des Todes. Karl May

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Im Thale des Todes - Karl May Deutsche Herzen - Deutsche Helden

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neue Ankömmling war kein Anderer als Roulin, von den Indianern der »silberne Mann« genannt. Er kam von dem Silbersee, wo er entflohen war. Er band sein Pferd draußen an, kam herein und grüßte. Der andere Gast erwiderte den Gruß. Die Sennorita saß wieder an ihrem Tische und modellirte. Sie nahm von ihm keine Notiz.

      »Seid Ihr der Wirth oder ein Gast?« fragte Roulin den Mann.

      »Ich bin ein Gast. Die Sennorita dort ist die Wirthin.«

      »Bitte, Sennorita, ist hier Wein zu bekommen?«

      »Ja, der ist zu bekommen,« nickte sie, ohne sich aber nach ihm umzudrehen.

      »Bringt mir eine Flasche!«

      Jetzt stand sie auf, drehte sich ihm zu und betrachtete ihn aufmerksam. Dann antwortete sie:

      »Zu bekommen ist er; wer ihn aber bekommt und wer nicht, darüber behalte ich die Entscheidung natürlich mir vor.«

      Er blickte sie ganz erstaunt an und fragte dann:

      »Bin ich denn nicht in einer Venta?«

      »Ja, da seid Ihr.«

      »Da bekommt man doch wohl, was man bezahlt?«

      »Gewöhnlich. Meine Venta aber ist eine ungewöhnliche. Ich bin die gelehrte Emeria und bediene nur solche Leute, welche mir bewiesen haben, daß sie in den Wissenschaften und Künsten zu Hause sind.«

      Er tippte sich mit dem Finger an die Stirn und meinte:

      »Bei Euch ist es wohl hier nicht richtig?«

      »Das laßt nur meine eigene Sorge sein! Jetzt werde ich Euch einige Fragen vorlegen.«

      »Wie es Euch beliebt! Nur bitte ich, es kurz zu machen. Ich habe Durst und Hunger!«

      »Dem Geiste ist Nahrung noch nothwendiger als dem Körper. Also sagt mir gefälligst, wer die meisten egyptischen Pyramiden erbaut hat!«

      »Das kümmert mich wenig!«

      »Ach so! Welche Sprache hat man wohl vor der Erbauung des Thurmes zu Babel gesprochen?«

      »Spanisch und Englisch jedenfalls nicht!«

      »Nein. Da habt Ihr Recht. Aber ich will nicht eine negative, sondern eine positive Antwort und die könnt Ihr mir doch nicht geben. Also weiter! Welche Aehnlichkeit ist zwischen der Buchdruckerkunst und einem neuen, amerikanischen Bratofen?«

      »Donnerwetter! Das scheint lustig zu werden!«

      »Ist aber sehr ernst gemeint. Also nun die letzte Frage, Sennor! Warum giebt der Karpfen keinen Fischthran?«

      »Das ist seine Sache, nicht aber die meinige!«

      »So mag es auch nicht Eure Sache sein, wem ich meinen Wein einschänke. Ihr bekommt also nichts!«

      »Hört, Sennorita, Ihr seid jedenfalls verrückt! Ich lasse mir wohl Etwas gefallen, aber was zu toll ist, das ist zu toll. Es wird doch wohl nicht von Eurem Examen abhängen sollen, wer bei Euch Etwas bekommt oder nicht!«

      »Grad darauf kommt es an!«

      »Hat denn dieser Sennor hier auch ein Examen gemacht?«

      »Natürlich!«

      »Und hat er es bestanden?«

      »Leider nicht. Er hätte nichts erhalten, aber da er von Sennor Robin geschickt worden ist, so habe ich eine Ausnahme gemacht und ihm gegeben, was er verlangte.«

      »Sennor Robin? Ah, meint Ihr den, welcher da draußen in den Bergen wohnen soll?«

      »Ja; es giebt keinen Zweiten hier.«

      »Nun, so könnt Ihr mir auch meinen Wein geben. Ich bin ein Freund und Geschäftsverbündeter von ihm.«

      »Das müßt Ihr beweisen.«

      »Ich gebe Euch mein Wort darauf.«

      »Das genügt mir nicht. Ihr seid hier fremd und ich kenne Euch nicht.«

      »Donnerwetter! Wollt Ihr mich für einen Lügner erklären?«

      »Nein. Ich verlange nur Beweise. Wie ist Euer Name?«

      »Roulin.«

      »Den habe ich noch nicht gehört.«

      »Aber ich!« sagte da der andere Gast. »Sennor, seid Ihr der Roulin, der da unten im Todesthale wohnt?«

      »Ja.«

      *

      50

      »Nun, so bezeuge ich, daß Ihr wirklich ein Geschäftsfreund von Sennor Robin seid. Nun wird sich Sennorita Emeria wohl nicht länger weigern, Euch zu bedienen.«

      »Nein,« antwortete sie. »Auf Euer Zeugniß hin will ich jetzt nun eine abermalige Ausnahme machen. Er soll also seinen Wein erhalten.«

      Sie ging hinaus. Der erste Gast sagte zum zweiten:

      »Da Ihr ein Freund von Sennor Robin seid, darf ich Euch wohl bitten, bei mir Platz zu nehmen.«

      »Gewiß Sennor,« meinte Roulin, indem er sich zu ihm setzte. »Es ist stets gut, wenn man sich zu nennen weiß. Meinen Namen habe ich Euch gesagt, darf ich Euch wohl nach dem Eurigen fragen?«

      »Warum nicht. Man nennt mich Alfonzo. Das genügt. Der Familienname ist nicht nothwendig.«

      »Das ist richtig. Also, Sennor Alfonzo, was ist denn das eigentlich für eine Wirthin?«

      »Sie ist übergeschnappt. Sie muß sich einmal in einen lustigen Kerl vergafft haben, der ihr außerordentlich viele Raupen in den Kopf gesetzt hat. Er hat sie mit gelehrten Brocken vollgestopft, wie man eine Gans nudelt. Sie hat nichts davon verdaut. Nun stecken diese Brocken ihr noch im Leibe und sie kann sie nicht los werden. Das schädigt natürlich das Gehirn. Sie hat die Marotte, einen jeden Gast zu examiniren. Sonst ist sie aber ganz ungefährlich und sogar ein sehr achtbares Frauenzimmer.«

      »Schön! Das ist das Eine. Jetzt das Andere, welches aber viel nothwendiger ist. Steht Ihr mit Robin vielleicht in Geschäftsverbindung?«

      »Sogar sehr.«

      »In welcher?«

      »Hm! Darüber läßt sich nichts sagen, wenn man sich nicht ganz genau kennt!«

      »Ich denke, Ihr kennt mich!«

      »Nur so vom Hörensagen. Was mich betrifft, so könnt Ihr vollständig Vertrauen zu mir haben.«

      »Das werde ich sofort sehen. Es giebt nämlich ein Mittel, genau und untrüglich zu erfahren,

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