Die schönsten Erzählungen von Guy de Maupassant. Ги де Мопассан

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Die schönsten Erzählungen von Guy de Maupassant - Ги де Мопассан

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wollte entfliehen, um von den anderen Frauen die sich in kostbare Pelze hüllten, nicht gesehen zu sein.

      Loisel hielt sie zurück:

      – Warte doch, Du wirst Dich draußen erkälten. Ich werde einen Wagen rufen.

      Aber sie hörte nicht auf ihn und lief rasch die Treppe hinunter. Als sie auf der Straße standen, fanden sie keinen Wagen. Sie suchten und riefen die Kutscher an, die sie in der Ferne vorüberfahren sahen.

      Frierend und verzweifelt gingen sie nach der Seine hinuter, endlich fanden sie am Quai eines jener alten Nachtcoupés, die man in Paris nur bemerkt, wenn es dunkel wird, als ob sie Tags über sich ihrer Armseligkeit geschämt hätten.

      Das brachte sie bis an ihre Thür Rue des Martyrs, und traurig stiegen sie zu ihrer Wohnung hinauf. Für sie war es jetzt aus, und er ärgerte sich, daß er um zehn Uhr im Ministerium sein mußte.

      Sie legte vor dem Spiegel die Kleidungsstücke ab, die sie um die Schultern gethan, um sich noch einmal in all ihrer Schönheit zu sehen, aber plötzlich stieß sie einen Schrei aus: Sie trug kein Halsband mehr um den Hals!

      Ihr Mann, der sich schon halb ausgezogen hatte, fragte:

      – Was hast Du denn?

      Erschrocken wandte sie sich zu ihm:

      – Ich habe … ich habe den Schmuck der Frau Forestier nicht mehr!

      Er fuhr erschrocken herum:

      – Was? Wie? Das ist nicht möglich!

      Und sie suchten in den Falten des Kleides, in den Falten des Mantels, überall und fanden nichts.

      Er fragte:

      – Bist Du gewiß, daß Du ihn noch hattest, als wir den Ball verließen?

      – Ja, ich habe ihn im Vorsaal, im Ministerium noch angefaßt.

      – Aber wenn er auf der Straße verloren gegangen wäre, hätten wir ihn doch fallen hören müssen. Es muß im Fiaker geschehen sein.

      – Sehr wahrscheinlich! Weißt Du die Nummer?

      – Nein, hast Du sie Dir nicht gemerkt?

      – Nein!

      Sie blickten sich tötlich erschrocken an, endlich zog Herr Loisel sich wieder an:

      – Ich will den ganzen Weg, den wir zu Fuß gegangen sind, noch einmal zurücklegen, um zu sehen, ob ich ihn nicht vielleicht finde.

      Und er ging fort. Sie blieb in ihrer Toilette sitzen, sie hatte nicht die Kraft zu Bett zu gehen. Sie hockte auf einem Stuhl, ohne einen Gedanken fassen zu können.

      Gegen sieben Uhr kehrte ihr Mann zurück, er hatte nichts gefunden. Er ging auf die Polizei, zu den Zeitungen, um eine Belohnung auszusetzen; ging zu der Droschken-Gesellschaft, kurz, überall hin, wohin ihn der Schimmer einer Hoffnung trieb.

      Sie wartete den ganzen Tag in demselben verstörten Zustand, angesichts des furchtbaren Unglücks. Loisel kam am Abend wieder, mit eingefallenen Wangen, bleich, er hatte nichts gefunden.

      Er sagte:

      – Du mußt Deiner Freundin schreiben, Du hättest das Schloß kaput gemacht und müßtest es erst wieder herstellen lassen, damit wir Zeit haben, uns noch einmal umzusehen.

      Und er diktirte ihr den Brief.

      Nach einer Woche hatten sie keine Hoffnung mehr, und Loisel, der um fünf Jahre gealtert war, erklärte:

      – Wir müssen sehen, daß wir einen anderem Schmuck schaffen.

      Am nächsten Tage nahmen sie das Etui, worin der Schmuck gelegen hatte und gingen zu dem Juwelier, dessen Name sich darin verzeichnet fand. Er schlug in seinen Büchern nach:

      – Gnädige Frau, ich habe diese Riviere nicht verkauft, von mir ist offenbar nur das Etui.

      Da liefen sie von Juwelier zu Juwelier und suchten überall einen ähnlichen Schmuck und strengten ihr Gedächtnis an, beide ganz krank vor Kummer und Verzweiflung.

      In einem kleinen Laden im Palais Royal fanden sie eine Brillant-Schnur, die ihnen ganz genau so zu sein schien, wie die, die sie suchten. Sie sollte vierzigtausend Franken kosten, aber man wollte sie ihnen für sechsunddreißigtausend lassen.

      Sie baten also den Juwelier, ihnen drei Tage lang das Vorkaufsrecht zu lassen, und sie stellten die Bedingung, daß er ihn für vierunddreißigtausend Franken zurücknehmen mußte, wenn der erste Schmuck sich etwa vor Ende Februar wiederfände.

      Loisel besaß achtzehntausend Franken, die er von seinem Vater geerbt, den Rest wollte er borgen. Er borgte ihn zusammen, von diesem eintausend, fünfhundert von jenem, fünf Zwanzigfrankstücke hier oder drei dort, er schrieb Wechsel, machte verzweifelte Geldgeschäfte und trat mit Halsabschneidern und Wucherern aller Art in Verbindung, er kompromittierte seine ganze Existenz und wagte es zu unterschreiben, ohne zu wissen, ob er je würde zahlen können und, unausgesetzt im Gedanken an die Entbehrungen, an die Zukunft, an das Elend, das über ihren Hausstand kommen würde, durch die in Aussicht stehenden leiblichen Entbehrungen, durch die moralischen Qualen, holte er endlich den neuen Schmuck und legte sechsunddreißigtausend Franken auf den Ladentisch.

      Als Frau Loisel ihrer Freundin den Schmuck brachte, sagte diese etwas pikiert:

      – Du hättest ihn mir auch früher bringen können, ich hätte ihn doch brauchen können!

      Sie öffnete garnicht das Etui, wovor sich ihre Freundin gefürchtet. Wenn sie den Ersatz entdeckt, was hätte sie wohl gesagt? Hätte sie sie nicht für eine Diebin gehalten?

      Frau Loisel lernte das Leben der Bedürftigen kennen. Sie fügte sich übrigens darein, wie eine Heldin. Diese furchtbaren Schuldscheine mußten eben bezahlt werden, und sie würden sie zahlen.

      Sie schickte das Mädchen fort, sie nahm eine andere Wohnung, eine Mansarde unter dem Dach. Nun lernte sie die groben Hausarbeiten kennen, die entsetzlich groben in der Küche.

      Sie wusch selber auf und verdarb ihre rosigen Nägel an den fettigen Töpfen und Schüsseln, sie wusch die schmutzige Wasche, Hemden und Wischtücher, die sie auf einer Schnur zum Trocknen aufspannte.

      Gegen Morgen brachte sie den Kehricht auf die Straße, trug das Wasser herauf und blieb an jedem Treppenabsatz stehen, um Atem zu schöpfen. Wie ein gewöhnliches Weib gekleidet, ging sie selbst auf den Markt, in die Kolonialwarenhandlung, zum Fleischer, den Korb am Arm, handelte und ließ sich schimpfen, denn Pfennig um Pfennig verteidigte sie ihre jammervollen paar Groschen.

      Jeden Monat mußten Wechsel gezahlt werden und andere ausgestellt, nur um Zeit zu gewinnen.

      Der Mann arbeitete Abends daran, die Geschäftsbücher eines Kaufmannes zu führen, und Nachts oft fertigte er Abschriften an für fünf Sous die Seite.

      Und dieses Leben dauerte zehn Jahre.

      Nach zehn Jahren hatten sie alles abgezahlt mit Wucherzinsen und allem.

      Jetzt sah Frau Loisel wie eine alte Frau aus, sie war stark und hart geworden, grob wie ein

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