Ausgewählte Lustspiele von Ludwig Thoma (Volksstücken und Bauernschwänke). Ludwig Thoma

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Ausgewählte Lustspiele von Ludwig Thoma (Volksstücken und Bauernschwänke) - Ludwig Thoma

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Ach was! Fest!

      Zinnkraut: Die Chochotte lauft nicht davon.

      Milbe ist hinzu getreten: Ach, Sie sprechen von Chochotte? Ruft zu seiner Gattin hinüber. Hilde!

      Frau Milbe stellt ihre Mannequinbewegungen ein: Ja?

      Milbe: Du hast doch gestern das Ding gehört? Die Melodie von Chochotte?

      Frau Milbe: Ach! Das reizende Lied!

      Frau Schultze: Ich kenne es auch.

      Frau Lückemann: Herr von Schmettau erzählte mir davon.

      Frau Milbe probiert zu summen: Chochotte!… Gavotte… Wie flotte…

      Zinnkraut zum Klavierspieler: Herr Kapellmeister, kennen Sie die Melodie?

      Klavierspieler sich halb erhebend: Von Chochotte? Gewiß!

      Zinnkraut zum Klavierspieler: Versuchen Sie mal!

       Der Klavierspieler setzt sogleich mit der Melodie ein.

      Zinnkraut und Frau Milbe singen halblaut:

      Cho–chotte,

       Wie flotte

       Tanzt du nich die Gavotte.

      Cho–chotte,

       Du Flotte

       Im Pavillon Mascotte!

       Tütelü – Tütelü –

       Tütelü–tü–tü

      Frau Mengold begeistert: Wie herzig!

      Da nun der Klavierspieler die Melodie wiederholt, fallen alle laut in den Gesang ein. Zinnkraut macht dirigierende Gesten, Meyer wiegt sich entzückt nach dem Takt, auch die übrigen Herren wie Damen machen seine Bewegungen mit.

       Allgemeiner Gesang!

      Cho–chotte,

       Wie flotte

       Tanzt du nich die Gavotte.

      Cho–chotte,

       Du Flotte

       Im Pavillon Mascotte!

       Tütelü – Tütelü –

       Tütelü–tü–tü!

      Bei dem Worte: Gavotte ist Eugen Ludwig Hobbe eingetreten. Die übrigen bemerken ihn in ihrem Eifer nicht und singen die Strophe begeistert zu Ende. Hobbe bleibt wie entgeistert an der Tür stehen. Sowie die Strophe zu Ende gesungen ist, sieht Frau Mengold den verblüfften Dichter stehen.

      Zwölfte Szene

       Inhaltsverzeichnis

      Frau Mengold schreit auf. Eugen Ludwig!

      Alle wenden sich um, die Damen eilen auf den Dichter zu, auch die Herren Schimonsky, Milbe und Schultze. Meyer gibt dem Klavierspieler ein Zeichen, der noch die Chochottemelodie spielt, aber sogleich in die feierlichen Klänge des »Einzuges der Gäste« übergeht. Meyer schreitet gravitätisch auf den Dichter zu, der von den Damen stürmisch bewillkommt wird und mit den Herren ungemein herzliche Händedrücke austauscht.

       Das Folgende möglichst rasch nacheinander, wo tunlich gleichzeitig:

      Frau Mengold: Innigste, herzlichste Glückwünsche!

      Frau Schultze: Sie wissen, was wir für Sie fühlen.

      Frau Lückemann: Liebster! Bester!

      Frau Milbe: Aus frohem Herzen meinen Glückwunsch!

      Frau Mengold: Und Dank für so vieles, was Sie uns gaben!

      Frau Milbe: Und noch geben werden!

      Milbe ergreift mit beiden Händen die Rechte des Dichters und sieht ihm mit tiefem Danke in die Augen. Er spricht mit überströmender Herzlichkeit: Eugen Ludwig, darf ich es an dieser Stelle und heute sagen, was Sie uns geworden sind? Darf ich aus dankerfülltem Herzen heraus – – Schultze drängt sich mit Feuerstein möglichst nahe heran: Das Beste, was wir heute fühlen, läßt sich nicht in Worte kleiden – Feuerstein echot: Nein, nicht in Worte kleiden.

      Milbe läßt Sich in seiner Herzlichkeit nicht stören; er hält die rechte Hand des Dichters mit seinen beiden fest und schüttelt sie bei markanten Stellen: Darf ich aus bewegtem Herzen heraus statt langer Reden bloß dieses eine sagen: Wir haben deines Geistes einen Hauch verspürt. Darf ich?

      Schimonsky: Ich schrieb heute über Sie: Er kam als Lyriker ins Drama, und trat als Epiker heraus.

      Milbe wie vorher: Darf ich?

      Meyer ist näher getreten. Er patscht in die Hände, um Ruhe zu schaffen: Herrschaften! Ich muß bitten…

       Es tritt Stille ein. Milbe läßt die Hand des Dichters los, den nun Meyer unter den Arm faßt und einige Schritte seitwärts mehr nach vorne führt.

      Meyer stellt den Dichter vor sich hin, tritt einen Schritt zurück: Eugen Ludwig! Es ist Rührung und Stolz, was mich bewegt. Dem Stolz gebe ich Worte. Unsere Kunst ging steile Wege; es mußte einer den andern stützen, damit wir beide nicht strauchelten. Wir sind oben. Und ich drücke dem kühnen Weggenossen die Hand. Er tut es.

      Alle murmeln durcheinander: Bravo! Sehr gut!

      Zinnkraut: Bravo, Weggenosse!

      Frau Mengold winkt ihrem Sohn: Moritz!

      Moritz tritt mit raschen Schritten vor, stellt sich dem Dichter gegenüber und beginnt nach einer leichten, keine Befangenheit verratenden Verbeugung mit mutierender Stimme, doch fließend zu sprechen: Verehrter Meister!

      Ihr Schaffen zerfällt in drei Teile. Aus der Verirrung des Realismus gelangten Sie über das Märchendrama zum Neuhumanismus.

      Ich könnte auch sagen, Sie schritten die Bahn vom Illusionismus zur Neuromantik.

      Wenn ich mich frage, wie sich diese Kombination der drei Kunstformen in Ihnen vollzogen hat, so finde ich die Erklärung einerseits in der lyrischen Erweichung Ihres ursprünglichen Naturalismusses, andererseits in Ihrer unbewußten Sehnsucht, aus der Breite des Märchendramas den Weg zum Formdrama

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