Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Einladungen aller Art. Buchhändler machten sich an ihn, stellten ihm für weitere Werke glänzende Anträge. Manche Sirenenstimme lockte ihn zu Weltleben und Genuß.

      Gabriel lehnte höflich ab. Leuchtenden Auges trat er eines Tages, bald nach der amtlichen Auszeichnung, in das Haus Mildaus.

      »Willkommen, Professor!« Mit diesen Worten empfing ihn der Kaufmann.

      Anna beglückwünschte ihn herzlich, aber mit ernster Miene, zu dem schönen Erfolge.

      »Den müssen Sie mit mir teilen, Anna,« sprach Gabriel fröhlich, »denn das Schönste, was in meinem Buche steht, das haben Sie gemacht.«

      Dag Mädchen senkte sein Haupt, legte den gebogenen Zeigefinger an die Lippen und lispelte: »Sie sollten nicht spotten.«

      »Ich spotte nicht!« rief Gabriel lebhaft, »glauben Sie mir, Anna, der Gedanke an Sie hat mich ermutigt und gestärkt, eine Arbeit, die mich schon jahrelang beschäftigt hatte, zur Ausführung zu bringen. Wenn Sie meine Psychologie der Blumen einmal durchsehen, so werden Sie manchen Gedanken, manche Idee darin finden, die Ihnen bekannt ist, weil Sie, mein Fräulein, davon die Urheberin waren. Sie dichten und schaffen mit mir.

      »O Gott, das kann ich nicht!« rief das Mädchen und hielt die Hände vor das blasse Gesicht.

      »Ein Weib,« sagte Gabriel, »das den Künstler durch die Liebe beseligt, hat den ersten Anteil an dem Gelingen des Kunstwerkes.«

      Nun konnte sich Anna Mildau nicht mehr beherrschen, sie fiel dem jungen Manne an die Brust, umschlang mit beiden Armen bebend seinen Nacken und preßte ihr Antlitz, über welches Tränen rannen, an sein Herz.

       * * *

      Es klingelte ein Gerücht in der Stadt herum. Man gab ihm gern Gehör und trug es gern weiter, denn es hing viel Redestoff daran.

      »Das Fräulein soll eine Schwärmerin sein.«

      »Wahrhaftig, ja; es ist ganz heillos in den jungen Menschen vernarrt.«

      »Sie soll ihm ja ins Gebirge nachgezogen sein.«

      »Davon weiß man nichts Genaues. Jedenfalls ist ihr Vater zum Ja gezwungen worden. Sie wäre imstande und täte sich ein Leid an.«

      »Mildau soll aber den Poeten wohl leiden können, hat sich stets einen Doktor oder Professor zum Schwiegersohn gewünscht.«

      »Und anderseits soll er wieder gesagt haben, sein Tochtermann brauche nicht Schulmeisterei zu treiben.«

      »Ja, freilich, wenn zum Titel die Mittel kommen, dann hat's weiter keine Not.«

      »Klingendes Geld mit einem klingenden Namen zu vermählen, ist eine vornehme Sach'. Es ist fabelhaft, wie dieser Naturbursche sein Glück macht!«

      »Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.«

      So gaukelt das Geschwätz gern rings um die Wahrheit wie der Falter um die Flamme. Aber den rechten Fleck trifft der Klatsch selten. Herr und Frau Mildau hatten ihr Ja ohne Nebenzweck gegeben – lediglich aus Liebe zu ihrem Kinde.

      Waldsings Hochzeitstag

       Inhaltsverzeichnis

      Und an einem gottesfrischen, taufunkelnden Maimorgen klangen die Glocken der Waldkirche.

      Die Kirche stand eine halbe Stunde von Karnstein gegen die Einödwälder hin; sie stand auf einer Anhöhe, und das weiße schlanke Türmchen ragte über die dunkelnden Tannen und grünenden Lärchen, in denen die Amseln und die Finken und die Zeisige und die Meisen und die Lerchen trillernd, singend, jauchzend Hochzeit hielten.

      Das neu und schöner erstehende Karnstein hatte sich festlich geschmückt; und seit der Ort besteht, das erstemal waren die Wege mit Besen ausgekehrt und mit hellen Blümlein bestreut.

      Vom Bahnhofe her kam ein kleiner, aber seltsamer Zug. Ein paar stattliche Herren, etwelche schöne freundliche Frauen – Gabriel Stammer in ihrem Kreise. Und der alte Ferdinand Küßdenker, nimmer in Grau, sondern pechschwarz, glatt und glänzend auf und auf, eine Rose im Knopfloch, Glück im Herzen, Lust in den Augen – denn ihm zur Seite schwebte sein liebes Mädchen, Anna Mildau, im Brautschleier.

      Er, der Ferdinand Küßdenker, liebender Jüngling seit Anna auf Erden – heute Bräutigam im Geiste. Er führte das herrliche Mädchen zum Altar. – So hatte er es seit jenem Gange in die Einödwälder bei siebenmal verschlossenen Türen seines Herzens gewünscht; so war es gekommen. Er geleitete die Tochter seines Herrn und Freundes zum Altar – ihrem Erwählten entgegen.

      Anna glitt, schwebte in ihrem zarten, schwanenweißen, myrtendurchwobenen Hochzeitskleide wie eine Äthergestalt dahin. Ihr blasses Antlitz, die dunklen Wimpern ihrer großen Augen gesenkt, mit losen Locken, auf welchen wie ein Heiligtum das grüne Sträußchen ruhte – so schwebte sie dahin. Der Schleier wallte wie eine zarte Wolke, die der nächste Lusthauch wird verwehen, über ihr Haupt. Hochklopfenden Herzens und doch kaum zu atmen wagend, um ihre süße Pein und Seligkeit nicht hinauszuschreien in den himmlischen Morgen, um sich nicht etwa selber zu wecken aus dem wunderbaren Traum – so schwebte sie dahin.

      ... Ich kann's nicht fassen, nicht glauben, es hat ein Traum mich berückt, wie hätte er doch unter allen mich Arme erhöht und beglückt! ... So sann sie nach den Worten eines Dichters.

      ... Mir war's, er habe gesprochen: Ich bin auf ewig dein. – Mir ist's, ich träume noch immer – es kann ja nimmer so sein ...

      Sie zogen über die Felder, auf denen schon das Korn grünte, welches ein paar Wochen früher der Landmann gläubig und hoffend in die Erde gelegt hatte. Am Rande des Waldes stand ein Dornstrauch mit vielen Rosenknöspchen und mit vielen Tautropfen auf seinen Blättern. Am Rande des Waldes standen hohe Buchen, die eine schattige Pforte wölbten über den Hochzeitszug. Anna schwebte durch den dunkeln Wald wie ein weißes Rosenblatt – nein, diese Erde weiß keinen Vergleich mit dem heiligen Wesen einer jungfräulichen Braut. Wie eine Flocke wehte sie dahin, und sooft durch das hohe Gestämme ein Sonnenstrahl auf die weiße Gestalt fiel, war es, als zuckte ein Blitzstrahl durch diese Flocke.

      Selbst die Vögel auf den Wipfeln, schien es, wurden andächtig und wisperten nur leise. Aber zwischen den Bäumen her klangen die Glocken hell und heller, und diesem Rufe folgte der Zug, bis er auf dem stillen Waldanger stand vor der Kirche.

      Aus dem Dunkel des kleinen Gotteshauses strahlten des Altars Lichter, und das liebfreundliche Bildnis Mariens war umwunden mit einem Kranze von weißen und roten Rosen.

      Als sie in die Kirche getreten waren, schwiegen die Klänge.

      Bis zum roten Samt der Altarstufen geleitete Ferdinand die Braut; dort tat er noch einen kurzen, fast wirren Blick in ihr Angesicht und trat dann einige Schritte zurück. Denn an Annens Seite stand jetzt Gabriel mit dem Myrtenstrauß auf der Brust. – Er hob sein Auge gegen den Lichterkranz; sie neigte ihr Haupt zur Erde – was in ihrem Augensterne lag und was um ihre roten Lippen zuckte – – es kann nicht aufgeschrieben werden.

      Nun kam der Priester. Er hielt eine kurze Ansprache über den Hauptsatz: nichts ist so göttlich auf Erden als die ewige Ehe, wenn sich zwei lieben. Es war ein hellenischer Festgruß, frohgemut stimmend mit den freudig bewegten

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