Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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wäre ja abzuhelfen, Uli; man braucht nur, dieweilen die Leut’ einen so gesunden Schlaf haben, die Kisten und Kästen selber auszuleeren, so werden sie sich nachher nicht krank essen.«

      »Das meine ich ja eben. Ruck’ an, Bruder, daß wir ein Brandel Sonnenwendfeuer erhaschen.«

      Und sie kamen glücklich hinauf. –

      Wieder einen anderen Weg hinan ging eine größere Gruppe von Männern. Darunter war – er ragte über die Genossen hervor – der Wahnfred aus dem Gestade. Er stieß seinen Stock derb in die Erde hinein und nahm nicht Theil an dem Gespräche, welches die Übrigen in Erregung führten. Einer war unter ihnen, der trug ein frischrasirtes Gesicht und einen neuen Hut. Er führte das Gespräch und wußte die Worte wohl zu setzen. Er war etwas, was in damaliger Zeit eine Seltenheit gewesen und was sich nur die Leute von Trawies beigelegt hatten, wenn sie einmal einen Ableger aus dem Kloster erhaschen konnten. Er war der Schullehrer von Trawies und erzeugte die großen Filzhüte, wie sie hier verlangt wurden, also ein Mann für den Kopf.

      »Männer,« sagte er, mußte aber stehen bleiben, so oft er sprach, weil sein Wort die ganze Lunge zur rechten und linken Seite in Anspruch nahm; »Männer von Trawies! Ich, der alte Lehrer, der zum Theile Euren Kindern und zum Theile Euch selbst freundschaftlich beigebracht hat, was in seinem Können und in seiner Erfahrung gelegen ist – ich wollt’ Euch nicht gerathen haben, daß Ihr unsern Herrn reizet! Er ist unser Schirmherr und unser geistlicher Führer, und er ist vom Obersten uns gestellt –«

      »Schulmeister, diesmal weiß Unsereiner es besser,« unterbrach ihn der Gallo Weißbucher, das war der Feuerwart, der ein Jahr früher sein Haus angezündet hatte, um das Ahnfeuer zu retten, »einmal ist es nicht redlich gesagt, daß wir den Herrn reizen. Wir thun, was die Trawieser seit hundert Jahren und länger her gethan haben. Es ist kein Übel für die Menschen, wenn sie das Andenken an ihre Voreltern hoch halten, wenn sie die Lebensweise und die Sitten, in denen die Vorfahren stark und ehrenreich geworden sind, wie ein Erbgut bewahren. Das sind die Ketten, die uns verbinden mit den Ahnen, so für uns gesäet haben und für uns gelitten. Am Leibe liegt es nicht, den wir von ihnen überkommen, an der Seele liegt es, die sich aus ihren jahrtausend langen Schicksalen herausgewachsen hat. Diese Seele lassen wir uns nicht wenden und färben, wie Ihr Eure Hüte wendet und färbt, die heute der Herr trägt und morgen der Knecht. Der Baum wird sich schon selber auswachsen, wie er muß, und will man uns jetzt auf einmal mit Gewalt ändern, so ist das just so viel, als man will den Baum von seinen Wurzeln trennen und als Strunk neuerdings in die Erde setzen. Wir sind dem Herrn alles zu Willen, was er zu Recht und oft gleichwohl auch zu Unrecht verlangt, jedoch aber –!«

      »Es handelt sich auch gar nicht mehr um das vermaledeite Sonnwendfeuer.«

      »Schilt, Schulmeister, schilt! und Du bist schon recht, wenn Du sagen willst, es wendet sich schier bald einem Anderen zu. Nur das will ich jetzt noch richtig machen: Unser Schirmherr ist er nicht, das ist der Kaiser. Unser geistlicher Führer ist er auch nicht, dazu gehabt er sich viel zu weltlich. Geld! Geld! läuten bei Dem die Glocken auf dem Thurm. Und wenn Ihr zum Schluß sagt: Vom Obersten wäre er uns gestellt, so sagt Ihr zum Schluß eine Dummheit, mit Verstattung. Unser Oberster ist nicht das Kloster und nicht sein Patriarch. Sie sollen ihn zurücknehmen, beizeiten zurücknehmen, das rathen wir Alle zum Guten!«

      »Gallo Weißbucher,« sagte jetzt der Schullehrer, »Ihr seid ein alter Mann und brauset so ketzerlich auf. Habt Ihr denn nicht christliche Sanftmuth gelernt?«

      »Von unserem Pfarrherrn nicht.«

      »Wollt Ihr denn einen Krieg anheben mit den Gewalthabern des Reiches? Dem Bischof sind die Herren Männer von Trawies schon lange nicht mehr nach Sinn und er weiß, warum er einen solch gestrengen Herrn in die Gemeinde gesetzt hat. Ich alter Mann bin ja doch keiner von Jenen, ich bin ein Trawieser Kind und halte zu Euch meiner Tage lang. Und eben darum rathe ich treu: Wir sind die Schwachen, fügen uns christlich – dann wird wieder der liebe Frieden sein in unseren grünen Wäldern.«

      »So möchte ich nur wissen, warum Ihr mit Euren alten Füßen selber hinaufsteigt zur Wildwiesen.«

      »Weil es mir erst heute zu Ohren gekommen ist, was die Leute da oben vorhaben, und weil ich sie warnen will – warnen und bitten – daß sie beizeiten still wieder auseinander gehen. Ich sag’ Euch, verfeindet Euch nicht! Wenn ein Pfaff beißt, der wird nimmer gesund! Auch darf man den Priestersegen nicht verscherzen.«

      »Geh mir! Pfaffen segnen sich selbst zuerst.«

      »O, mein lieber Gott,« seufzte der Schulmeister.

      »Was meint Ihr?«

      »Ich weiß nichts, aber es liegt mir in der Luft wie ein großes Unglück!«

      Sie redeten noch ein Weile durcheinander. Nur der Wahnfred schwieg und wandelte finster einher und stieß seinen Stock derb in den Boden.

      Sie kamen glücklich hinauf. –

      Es war zu Stunde der Morgenröthe, daß an den Ufern der Trach ein Knabe daherkam. Aber das war ein schöner Knabe. »Die Sonnen hatte noch nicht zwölf Jahre lang herabgeschaut, und sein Haar, sein weißes zartes Kräuselhaar war doch golden geworden; der blaue Himmel und der Morgenstern sind gar lieblich zu sehen, aber ich versenke meine Blicke in das Auge dieses Knaben hinein, darin es noch unbeschreiblich schöner ist. Der weißen Wölklein weißestes ist nicht so schön, als wie seine Stirn und sein Nacken; die Morgenröthe, so ich preise all Morgenstund’, leuchtet nicht lieblicher, denn die Wangen dieses Knaben brennen, wenn er in kindlicher Lust ist.«

      So heißt es von dem Knaben in jener Schrift, die dem Erzähler dieser Begebenheiten in vieler Hinsicht eine Quelle ist.

      Er war vielleicht so früh Morgens schon zur Schule gekommen, oder wollte auf dem Kirchhofe dabei sein, da sie den Groß- und den Urgroßvater weckten, mit denen er sich gern einmal besprechen mochte, wie es früher in Trawies mit den Adlern gewesen, die jetzo nimmer zu sehen sind. Nun war das Schulhaus verschlossen und der Kirchhof leer, und ein alter Mann, der so früh schon unter der Eiche saß, sagte: »Sie sind schon hinauf, Alle hinauf!«

      So ging der Knabe wieder den Bache entlang, aus dem ihm die kühle feuchte Luft entgegenthaute. Er spähte nach Forellen, nach Krebsen, er scheuchte die Bachstelzen von einem Weidenbusch zum anderen. Sein herrliches Auge glühte den Thieren nach. Und mitten in solcher Jagdlust hörte er ein klägliches Wimmern. Er schaute nach allen Seiten und das Rauschen des Wassers wollte die Stimme ersticken. Da sah er einen schmalen Steg, der über die Trach führte, und mitten auf diesem Steg lag auf dem Angesichte ein Kind und umklammerte den Baumstamm und wimmerte.

      Alsogleich sprang der Knabe auf den Steg und hörte, wie das Wesen – es war ein Mädchen von acht oder neun Jahren – immerfort schrie: »Ich fall’, ich fall’!«

      »Wirst nicht fallen,« sprach der Knabe, »steh’ auf und halte Dich fest an mich!«

      »Ich fall’, ich fall’!« rief das Kind und klammerte sich noch fester an den querüberliegenden Baum, unter welchem die Trach brausend über Felsblöcke wallte und gischte. Dem Knaben selbst hub es vor den Augen an zu kreisen und er haschte, die aber nicht da war. Er wendete die Augen vom rollenden Wasser ab, erfaßte das Kind mit beiden Armen, riß es mit Kraft vom Stegbaum los und sprang mit solcher Beute ans andere Ufer hinüber.

      »Was hast denn auf dem Steg gemacht – so früh?« fragte jetzt der Knabe.

      »Vor dem Hinabfallen hab ich mich gefürchtet,« antwortete die Kleine.

      »Weshalb bist Du hinaufgestiegen?«

      »Weil

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