Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Wenn Du in dem Pfarrhofe einbrichst und nichts Besseres findest als wie Heiligenbilder, dann bist Du ein Tropf.«

      »Ei ei, mein lieber Roderich, für gewöhnlich verlege ich mich nicht aufs Stehlen. Wenn ich’s doch einmal probier’, so hat’s seine eigene Ursach’. Wenn du stiehlst, so gehst beichten, das gehört sich. Wenn Du einmal nicht beichten gehst, so mußt stehlen.«

      »Willst Du etwan stänkern?« begehrte der Roderich auf, »an mir thätest Dich grob irren!«

      Fast erschrocken über den plötzlichen Zorn des Stromers stotterte der kleine Baumhackel: »Ich will Dich ja nicht kränken. Weil Du mich gefragt hast, wie ich zu den heiligen Sachen komme, so habe ich es Dir nur sagen wollen, warum ich sie gestohlen hab’. Ich bin zu den vorigen Ostern nicht bei der Beicht gewesen.«

      »Du Unchrist!«

      »Weil ich was weiß, was der Pfarrherr nicht wissen darf, und was ich ihm hätt’ sagen müssen, wollt’ ich mir bei der Speisung nicht das Gericht hineingegessen haben. Gelt, daß ich doch wieder ein Christ bin! Wie aber die österliche Zeit vorüber ist, da komme ich ins Simulieren, was mir geschehen wird, wenn’s aufkommt, daß ich schwarz durchgerutscht bin. Und aufkommen muß es, mein Beichtzettel wird fehlen. Da ist mir fürchtig worden, und an dem Tag, wie die Leut’ mit ihren Zetteln in den Pfarrhof kommen sind, schleich’ ich mich zur Abenddämmer ins Haus. Mit der Stubendirn bin ich zusammengespielt, ihretwegen geht eben die Heimlichkeit her; sie ertappt den ganzen Buschen der Beichtzettel und steckt ihn mir zu. Jetzt soll er’s nur beweisen, daß mein Zettel fehlt, jetzt fehlen ihm alle. Wenn Du Eins brauchst, Stromer, ich verkauf’ auch davon.«

      »Ich richt’ mir’s schon selber ein,« antwortete Roderich, »ein Jahr, wo ich nicht gar zu arg aufgeladen habe, beicht ich zweimal und verspar’ mir das zweit’ Zettel auf ein ander Jahr, wo man nicht gern schwazt. Die Zahl laßt sich verkratzen.«

      »Ist auch nicht schlecht.« –

      Da sie sich an der Mießling allmählich versammelt hatten, machte das jüngere Volk viel Lärm. Es ist ja überall ein Volksfest, wo die übermüthigen Burschen zusammenkommen; sind schon die Mädchen nicht da zum Schäkern und Tanzen, so giebt’s deswegen noch keine Langweil. Klettern, Ringeln, Fingerziehen und allerlei lustiges Gespiel wird getrieben, und es mag die Zeit noch so ernsthaft sein. Die Ältesten von Trawies, und auch andere der Selbstständigen und Wortgewichtigen sonderten sich allmählich von der lustigen Gesellschaft und zogen sich in die Höhle zurück. Während draußen da Volk in fröhlichem Jagen Holz zusammentrug und Feuer machte, daß der blaue Rauch frisch ins Getanne aufwirbelte, während sie Forellen fingen aus der Miesling und aus der Trach und dieselben ausweideten und brieten, während sie jodelten und sangen und sich ergötzten an tollen Possen in kindlicher Lust, legten drinnen in der düsteren Felsenkluft die betagten Männer bedachtsam den verhängnisvollen Samen in die Erde für eine schreckensreiche Zukunft.

      Gallo Weißbucher, der Feuerwart, hatte das Wort ergriffen und so gesprochen:

      »Männer von Trawies! Ihr wißt, weshalb wir uns hier versammelt haben.«

      »Wir wissen es,« murmelten die Männer.

      »Auch wir haben sonst mit eingestimmt in das lustige Treiben der Jugend; denn in Trawies hat Jeder lang gelebt und Keiner ist alt geworden. Das hat umgeschlagen. Seit vielen Tagen sehe ich auf Euren Gesichtern keine Freude und keine Heiterkeit mehr. Auch mir ist das Lachen vergangen. Trawies war frei und jetzt ist es geknechtet. Und das nicht etwa durch geänderte Gesetze. Unsere geistliche und weltliche Regierung ist dieselbe geblieben – die war immer starr und hat sich nie gekümmert um unser Leben im Walde. Wir haben ihr unsere Pflicht erwiesen und sind des Weiteren unsere Herren gewesen. Und wie steht es jetzt? Unser Verderben ist ein einziger Mann, ich nenne ihn nicht, Ihr kennt ihn Alle! Möchte er uns so kennen, wie wir ihn! Er kam, ein Fremder, und wir haben seither keinen Kaiser mehr. Er ist Fürst, aber nicht fürstlich, er zehrt von unserem Mark. Drum sei’s! Von unserem Mark hat noch Jeder gezehrt. Aber dieser greift uns mit roher Faust ans Herz. Unser angestammtes Recht will er zertreten. Und ist’s nicht wahr, daß er unsere Häuser plündert?«

      »Es ist wohl wahr!«

      »Ist es nicht wahr, daß er uns von der Sache unserer Vorfahren trennen will, so wie man einen Stamm von seiner Wurzel reißt, um ihn hinzuschleudern, daß er vermodere? Habt Ihr die Büttel nicht gesehen, die er hält, Fanghunde, die uns zerfleischen sollen? Habt ihr das Pulver nicht gehört knallen oben auf den Wildwiesen?«

      »Wir haben es gehört!«

      »Das Blei ist in unser Fleisch gefahren. Ein schuldloses Kind ist getroffen worden, Jedem von uns wird heute und immerdar diese Kugel im Herzen stecken.«

      Der blasse Wahnfred knirschte die Zähne zusammen, er dachte an das frische Blut, das von den Gliedern seines Söhnchens niedergerieselt war; er dachte an die Schmerzensnächte, die er mit Erlefried durchwacht hatte, bis die Gefahr endlich beseitigt und der Arm heil geworden.

      »Ist das ein guter Hirt, der die Wölfe auf seine Herde hetzt?« fuhr der Feuerwart fort.

      »Verflucht! Verflucht!« erscholl es in der Höhle.

      »Bekämpft den Zorn, Ihr Männer von Trawies! Mit Vernunft und Überlegung müssen wir heute berathen, was zu thun sei, um uns zu schützen gegen den Feind. Will einer Wort haben?«

      Es schwieg ein Jeder.

      »Unsere Bitten an die Behörden sind, wie Ihr wißt, fruchtlos geblieben. Noch zu Trotz und Schmach hat man den Bescheid durch ihn uns zugeschleudert! Nun ist er frecher als je, und wir sind hilflos, wenn wir uns nicht selber helfen. Was ist Eure Meinung?«

      »Er muß fort!« riefen mehrere Stimmen.

      »Dann bin ich mit Euch einig, Männer. Über alles zwar hasse ich die Gewalt. Aber die eben ist es, die uns empört hat, die wir vertreiben müssen. Die hohen Herren haben uns sagen lassen, die Einheit soll sich der Allgemeinheit fügen. Wir wissen das lange und fügen uns dem Reich. Ich füge mich der Gemeinde, und wenn ich es nicht thue, so sollt Ihr mich zertreten. Es ist ewiges Gesetz, daß ein Einzelnes ausgeschieden wird, wenn es nicht zum Gedeihen des Ganzen ist.«

      »So muß er fort!«

      »Er wird wiederkommen und eine verstärkte Rotte gegen uns mit sich führen,« sagten Andere.

      »Kommt er wieder, so soll er eine Brandstatt finden, dort wo der Pfarrhof gestanden ist.«

      »Ihr werdet den Pfarrhof im Frohndienst wieder aufbauen. Ein Feind geht fort, mit Hunderten kommt er zurück.«

      »Was also, was?«

      »Macht ihn todt!«

      Eine schwere Stille. Wer hatte das Wort ausgesprochen? Aus dem finsteren Hintergrunde war es plötzlich wie eine Eule aufgeflattert, dieses Wort. Nun war es still. Selbst draußen hatte sich das Lärmen verzogen. Über den Wipfeln wehte ein Lüftchen und welke Blätter der Buchen flogen vorüber an dem Eingang der Höhle.

      Der Feuerwart fragte nun in einem Tone, der umflort war: »Hat Einer Wort dagegen?«

      Keiner.

      Die Männer rückten näher zusammen und noch tiefer dem Hintergrunde zu. Einige flüsterten hastig; man sah nicht, wie tief ihre Wangen glühten. Andere schwiegen und preßten die Lippen zusammen; man sah nicht, wie blaß sie waren. Allmählich wurden die Worte der Sprechenden lauter und leidenschaftlicher

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