Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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style="font-size:15px;">      »Dort, wo das Weiße ist.« Und sie streckte den Arm aus und zeigte mit dem Fingerchen nach einem neuerbauten Hause, das jenseits des Flusses an der Berglehne zwischen braungesengten Bäumen hervorschimmerte. Es war der Hof des Feuerwarts Gallo Weißbucher, dem sie das Haus wieder auferbaut hatten.

      »Wo ist dein Vater?« fragte der Knabe weiter und sein Blick ruhte besorglich und treuherzig auf dem zarten Wesen, das vor ihm kauerte und recht offen zu ihm aufsah.

      »Mein Vater, der ist hinaufgegangen.«

      »Wo denn hinauf?«

      »Das weiß ich nicht.«

      »Was macht er oben?«

      »Das Feuer anzünden.«

      »So weiß ich es schon. Willst Du hinaufgehen, so gehe ich mit Dir.«

      »Kommen wir zu einem Steg?«

      »Nein, es geht jetzt alleweil zu Berg. Warum hast Du Dich auf dem Steg niedergelegt?«

      »Weil es um und um gang ist. Und nachher ist der ganze Steg mit mir geflogen.«

      »Jetzt – kommt sie! Schau, jetzt kommt sie!« flüsterte der Knabe erregt und wendete sein Angesicht den fernen Höhen zu, über denen die Scheibe der Sonne aufstieg. Auf das Tal war plötzlich ein warmes Roth gegossen und die Stämme und Gruppen der Bäume legten scharfe Schatten auf den goldenen Grund.

      Das Mädchen blickte nicht die Sonne an, die war zu licht; das Mädchen blickte in das Angesicht des Knaben, das that ihrem Auge wohl. Und als sich nun auch er gegen sie wendete, um zu sehen, wie ihr die Sonne gefalle, blieb sein Blick an ihrem Antlitze ruhen und er sagte ganz leise: »Die Sonnenwendsonne ist wohl schön!«

      Ja, sie war wohl schön! Das zarteste, das schönste Roth der Rosen legte sie auf das runde Gesichtlein des Mädchens. »Und in diesem Rosengärtlein standen zwei Violen« – lesen wir; wie nur kann man ein schönes Menschenauge mit Blumen vergleichen! Dieses Wunder der Wunder ist unvergleichlich. Möge der Leser an die schönsten Kindesaugen denken, die er in seinem Leben gesehen hat, vielleicht kommen sie den hellen Sternlein nahe, die »wie Violen in diesem Rosengärtlein« leuchteten. Da waren in den Augen zwei gluthrothe Fünklein, der sich spiegelnde Sonnenball, und daneben das winzige Lockenhaupt des Knaben, welches nun im runden Spieglein drinnen anwuchs und die Sonne verdeckte, weil der Knabe sein Haupt so nahe zum Antlitz des Kindes neigte.

      Da es jetzt aber war, als klänge etwas durch die Luft, so sagte der Knabe: »Das ist die Musik oben auf der Wildwiesen. Frisch auf!«

      Und sie stiegen an. Nach einer Weile blieb der Knabe stehen und sagte: »Weißt Du, wie das ist?«

      »Was?« fragte das Mädchen.

      »Daß die Sonnen so auf und nieder fliegt. Höre einmal zu. Der gute Gott und der böse Feind, die thun miteinander Ball werfen. Und das ist der Sonnenball. Einmal fliegt er dem guten Gott in die Hände, da ist es Tag; nachher fliegt er wieder dem bösen Feind in die Hände, da ist es Nacht. Und da hat mein Vater gesagt, zu Sonnenwenden thät’ der Teufel den Ball am höchsten werfen. Und wenn Gott den Ball einmal nicht mehr auffängt, so fällt er hin und nachher wird es nimmer Tag.«

      Das Mädchen entgegnete nichts, aber es fürchtete sich und schmiegte sich an den Knaben. Sie gingen Hand in Hand und Jedes achtete auf seine Füßchen, und Eines schanzte dem Anderen den besseren Theil des schmalen, holperigen Weges zu. Endlich hörte der Weg auf und sie kamen ins hohe Heidekraut; vom Mädchen ragte nicht viel mehr als das kleine Haupt daraus hervor. Der Knabe schritt voraus und trat das Gekräute nieder, so gut es ging, und wo ein reifes Beerchen blaute, pflückte er es ab und steckte es dem Mädchen in den Mund. Da kam es schlimmer. Sie vergingen sich in ein Dickicht von Wacholdersträuchern; mit Noth wanden sie sich durch und wurden viel gestochen, aber Keines sagte ein Wort. Der Knabe wußte nun wohl, daß er den Weg verfehlt hatte, aber sie wollten ja nicht den Weg, sie wollten die Wildwiesen, und daß sie dieser immer näher kamen, bewies das deutlichere Klingen der Musik. Als er jedoch merkte, daß das Mädchen im wilden stechenden Strauchwerke verzagt werden wollte, wendete er sich um und sagte: »Du, das ist der Weg zum Himmel!«

      »Zum Himmel?« Fragte das Kind und blieb vor Verwunderung stehen.

      »Ja, weil er so dornig ist.«

      »Warum ist der Weg zum Himmel denn so dornig?«

      »Der ist so dornig, weil – ja, das weiß ich selber nicht. Ich werde meinen Vater fragen. Und weißt Du, daß in den Wacholderstrauch der Blitz nicht einschlägt? Wie unsere liebe Frau mit dem Kinde ins Ägypten gegangen ist, da ist so ein schreckhaftes Donnerwetter gewesen, und da ist die liebe Frau unter einem Wacholderstrauch gestanden, und er hat ihr ein Dach gegeben, und seither schlägt kein Blitz mehr in den Strauch.«

      »Ja,« sagte das Mädchen, »wenn wir nur schon beim Vater wären.«

      Endlich waren sie in die Nähe der Wildwiesen gekommen; sie hörten das Schreien und Singen der Leute und sie hörten den Wasserfall. Sie standen da und horchten. Sie standen ganz nahe beisammen und der Knabe sagte: »Wenn Du Deinen Vater siehst, so wirst Du von mir gehen und ich werde allein sein.«

      »Dann sollst Du mich rufen, und ich komme wieder zu Dir,« versetzte das Kind.

      »Ich kann Dich nicht rufen, ich weiß Deinen Namen nicht.«

      »Mein Name ist Sela.«

      »Und wenn Du mich rufen willst, mein Name ist Erlefried.«

      Die Kinder gingen auseinander und jedes suchte seinen Vater.

      Die beiden Väter standen unter einer Eiche und kanzelten den kleinen Baumhackel herunter.

      Der kleine Baumhackel, der draußen im Gestade todtkrank im Bette liegen sollte, der den Pfarrherrn rufen ließ, daß er ihn mit den Mitteln zu einem leichten, irdischen Tod und mit den Mitteln zu einem schönen ewigen Leben versehe, der kleine Baumhackel, dem die Hölle heiß zu machen sich der Pfarrherr schon gefreut haben mochte, weil dieser kleine Baumhackel immer ein Ausbund von Verschlagenheit und Bosheit gewesen war, der stand jetzt da mit seinen breiten Achseln, seinen großmächtigen Kinnbacken und seinem kegelspitzen Haupte, auf dem eine zerschlissene Wollhaube saß, und fletschte.

      »O Du Wicht!« rief ihm der Feuerwart zu, »Du hast den Herrn zu Dir kommen heißen, warum liegst nicht daheim?«

      »Weil mir beim Liegen die Zeit ist lang worden.«

      »Sieht er, daß er der Genarrte ist, so wird er Dein Haus in den Boden verfluchen und gewiß spornstreichs der Wildwiesen zulaufen. Hernach haben wir den Teufel im Nest. Wer ist die Ursache als Deine verdammte Dummheit?«

      »Thut’s nicht greinen, Feuerwartvater,« sagte nun der kleine Baumhackel. »Der alte Pfründner-Lull liegt in meinem Bette, ist so gut und stirbt für mich. Der braucht sich dazu gar keine Gewalt anzuthun; aufrichtig wahr, der Lull liegt schon seit gestern in den Zügen.«

      »Seid’s still! seid’s still!« winkte jetzt der Waldhüter von seinen Hause herüber. Man merkte bald, weshalb er winkte. Der Pfarrherr war da. Plötzlich war er unter den Leuten, hielt sich aber ruhig und fragte nach dem »Feuerwart«.

      Sich würdevoll auf den Stock stützend, mit schwerem Ernste nahte er dem Weißbucher. Dieser ging ihm noch einen Schritt entgegen und zog grüßend dem Hut vom Haupte.

      »Ah,

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