Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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      So der vom Schreck sich wieder erholende Schriftwart.

      Da erscholl der Ruf: »Feuer!«

      »Der Pfarrhof brennt! In die Holzkammer haben sie Feuer geworfen!«

      Als die Thüre aufflog, drang schon der Rauch herein und an das Ohr schlug das Geprassel der brennenden Sparren.

      »Keiner hinaus, bevor die Rebellen gefesselt sind!« befahl der Richter.

      Da begann das Ringen von neuem, und zwischen Rauch und Flammen haben die Ältesten von Trawies ihren Rest von Freiheit verloren. Die Arme an den Rücken gebunden, so wurden sie dir brennende Treppe herabgezerrt und ihnen folgte, als der Letzte aus diesem Hause – auf der Bahre von Söldnern getragen – der Leichnam des Erschlagenen.

      Rings um das brennende Haus johlte die Menge, Männer, Burschen und Jungen der Umgebung, auch zeternde Weiber darunter, auch Gesindel, das überlaut von Befreiung schrie und insgeheim nach Beute spähte. Plötzlich knallten Schüsse. Eine Dirne stürzte zu Boden mitten in der Rotte, und als die Anderen sahen, daß vom Gebäude her, und dort vom Thale herauf, und dort vom Walde herüber Häscher mit gezückten Waffen gesprungen kamen, da wollten sie sich davon machen. Aber sie waren umrungen, bereits eingeschlossen, der niederwirbelnde Rauch raubte den Blick nach etwaigen Auswegen, da war ein Geschrei und ein Gewinsel, und alles floh der Kirche zu, um sich in ihren Mauern zu verbergen.

      »Wohlan,« sagte der Oberrichter, »diese Mauern sind fest. Führt mir auch die Gefesselten hinein und verschließt das Thor.«

      So geschah es. Und als der Abend dämmerte, war ein wunderlich Volk versammelt im Gotteshause zu Trawies. Es schrie, es fluchte, es drohte. Es rief die Bilder der Heiligen an gegen die auf sie hereinbrechende Gewalt. Einer erfaßte den Strick und läutete Sturm. Ein Anderer sprang auf den Blasebalg, sprang auf die Orgel, daß sie in schrillem Tone aufschrie. und zu den Fenstern leuchtete der Brand des Pfarrhofes herein.

      Der Feuerwart stand am Tische der Communion und starrte auf den großen dunklen Flecken des Steinpflasters. Solche Frucht trägt diese Saat. Er ahnte nicht, daß all das erst der Anfang war, der Anfang von Geschehnissen, an denen Trawies sterben und verderben sollte ....

      Die verhängnisvolle Nacht brach an.

      Unter der Linde, die am Friedhof stand, beriethen die Herren aus Neubruck und Oberkloster und von weiter her, was nun zu thun sei. Der Vorschlag, den hohlen Todtenschädel des Erschlagenen von der Gemeinde dreimal mit Gold füllen zu lassen, wurde nicht angenommen. Mit Geld sich in den Frieden einkaufen, das kann den Leuten zu Trawies nicht gewährt werden. Einer war dabei, der stand auf eines Menschen Grab und hatte eines Teufels Traum. Der sann nach, wie es wäre, wenn jetzt vom brennenden Hause ein Funken hinüberflöge auf die Schindeln des Kirchendaches. Die Anderen waren darüber Eins, daß die Kirche und das weltliche Gericht über diese Frevler, Empörer und Hochverräther die strengsten Strafen verhängen müsse. Hierauf bestimmten sie den Plan; er wurde nicht hier neu erfunden, er wurde nach dem, was anderwärtig geschehen war, wo Frevel und Verbrechen von Einzelnen oder von Verbindungen begangen worden, aufgestellt. Zu jener Zeit hatte die Obrigkeit ihre Vollmacht nicht von Menschen – so war sie oft auch nicht menschlich; in jenen Tagen behaupteten die Herrscher, ihre Vollmacht von Gott übernommen zu haben, und übten sie demnach mit einer Herzlosigkeit, die eines puren Geistes würdig gewesen.

      Als die Nacht hereingebrochen war, drangen Söldner in die Kirche, befreiten die Gefesselten von ihren Banden, nahmen Jedem die Waffe ab, die er etwa mit sich führen mochte, und stellten sich dann an beiden Seiten das Altars auf, als gelte es ein Meßopfer in Parade, das zu später Stunde noch gehalten werden sollte. Zwei Lichter wurden angezündet am Altar. Dann ging die Thüre der Sacristei auf und hereinschwankte, von vier Männern getragen, der Leichnam des Priesters. Auf den Stufen, dort, wo er vor Tagen vom Beile getroffen zu Boden gestürzt war, wurde er niedergelassen. Hierauf kam in seinem langen, schwarzen Kleide der Pater Dominicus und brachte einen Kelch, den er zu Haupten des Todten stellte. Und endlich kamen die übrigen Richter und Herren und stellten sich an dem Altare auf.

      Die zusammengezwungene Menge war, als sie diese Anstalten gesehen, gar still geworden.

      »Was wird da werden?« So flüsterte Mancher der Gefangenen dem Nachbar zu.

      »Das ist das Gottesgericht!« Sagte Einer zum Anderen.

      »Das Gottesgericht. Sie suchen den Mörder. Jeder von uns wird hintreten müssen und den Todten berühren. Wenn der Mörder ihn anrührt, dann wird die Wunde bluten.«

      »Ein unterhaltsames Schauspiel. Und wenn der Mörder nicht da ist?«

      »So wird sie nicht bluten.«

      »Und wenn sie nicht blutet?«

      »So ist der Mörder nicht da. Das heißt man Gottesgericht.«

      »Wird uns nicht gefährlich.«

      Das Murmeln unterdrückte sich, denn der Oberrichter ergriff das Wort und sprach:

      »Ich bin ein alter Mann und – selbst ein sündiger Mensch – grau geworden im Richten, aber niemals ist mir ein Urtheil so hart angekommen, als heute. Ich verschließe mein Ohr vor meiner Zunge, denn diese spreche im Namen der Gerechtigkeit. – Nach dem, wie die Dinge sind, ist es dem Gerichte nicht darum zu thun, das Werkzeug des Verbrechens zu bestrafen – dieses würde die Tortur uns leicht vermitteln –, sondern den Verbrecher. Der Verbrecher aber ist hier das Volk von Trawies. Noch strenger aber müßte der Richterspruch lauten, hätten ihn nicht Menschen gemildert. – Männer von Trawies! Ihr werdet heute in langer Reihe das letztemal einen Umgang machen um den Altar Eurer alten Pfarrkirche. Und Jeder, sobald er an diesem Todten vorüberkommt, wird aus dem Kelche, der an seinem Haupte steht, ein mit Papier umhülltes Körnlein ziehen. Die Körner sind weiß und auf Gottes Felde gewachsen; aber zwölf liegen darunter, die sind schwarz. Wer eines von diesen Zwölfen hebt, der wird von heute in drei Tagen durch das Schwert zu seinem ewigen Richter gehen.«

      Jetzt schrillte ein Schrei aus der Menge auf und die Leute fuhren durcheinander, »als wie die Schafe im Stall, da der Dieb nach seinem Opfer hascht«, besagt die Handschrift, »sie sind aufgefahren und haben den himmlischen Herrn gerufen, gerüttelt haben sie an der Pforten, als wann die Festen sollten wanken, sie sind an die Wand gestoßen und haben ihre Köpfe vergraben in das Gemäuer und haben so grausamblich den höllischen Erbfeind angerufen, daß selbsten die Priesterschaft davor erbebet.«

      Nachdem das Toben soweit abgenommen, daß der Oberrichter mit Mühe wieder zu Worte kommen konnte, fuhr er fort: »Daß Ihr sehet, wie das Gericht der Barmherzigkeit Gottes eine lange Hand gelassen, so wisset, daß weit mehr Körner im Becher liegen, als Eurer Köpfe sind, und es – so Ihr trotz Allem der Schuld frei wäret – wohl möglich kann sein, daß sich Keiner die Verderbnis hebt.«

      Trat jetzt der Feuerwart vor. Seine gestalt war hoch aufgerichtet, die grauen Haare sträubten sich auf seinem Haupte, seine Hände waren ausgestreckt gegen die Herren.

      »Haltet ein!« Rief er und seine Stimme klang hohl vor Grauen, »haltet ein, Ihr Männer der Gerechtigkeit, mit solchem Spiel an diesem heiligen Orte! Das ist der Kelch für unseres Heilands rosenfarben Blut. Schüttet die Lose weg! Die Lose weg!«

      Er wollte zum Kelch springen, ein Landsknecht stieß ihn zurück.

      »Und wollt Ihr,« so fuhr er fort, »tödten hier, weil getödtet ist worden: Da, da, faßt den alten Mann, der Gemeinde Vordersten, und löscht mit seinem Blut, was zu löschen ist.« Mit gerungenen Händen stürzte er vor die Richter hin: »Ich bitt’

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