Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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geht vor dem Pfarrhof das Spectakel an. Kehr’ die Hand um, hat mich der Teufel schon dabei, und ich bin hin. Desweg sag ich: Nur das Rauchen nicht angewöhnen!«

      »Wenn ich nur so gescheit wär gewesen,« meinte er alte Knecht des Sandhock, »daß ich gleich ein paar Bohnen hätt herausgenommen, wär’ doch sicher eine Weiße dabeigewest – und die schwarze geschwind weggeworfen. Wenn ich nur so gescheit wär’ gewest!«

      »Eh’ wahr. Allgenug hast falsch gekartelt Dein Lebtag lang, und beim letzten, wo es Deinen Kopf gilt, hast eine Ehrlichkeit, daß es eine Schand’ ist.«

      »Ei, ei,ei!« seufzte der Knecht.

      »Mir schwant,« sagte der Wegmann von der unteren Trach, »es ist ihnen nicht Ernst.«

      »Gelt ja!« fuhr ein Anderer vom Stroh empor, »sie wollen uns nur ein Stückel Angst einjagen, nachher lassen sie uns wieder aus.«

      »Kunnt’s ja nimmer glauben, daß uns das Gericht wie eine Mörderbande wollt’ umbringen, wo von uns ein Jeder wegen des Pfarrherrn so unschuldig ist, als wie das Lamm Gottes im Himmel.«

      »Freund,« sagte der Firnerhans, »bilde Dir nichts ein. Mußt es ja noch wissen, wie vor etlich Jahren der Postbote von Siebenbaum auf der Straßen ermordet und beraubt ist gefunden worden. Alle Wandersleute sind eingefangen worden auf der selbigen Straßen, und weil den Mord Keiner hat eingestehen wollen, so sind von ihnen drei Köpf’ herausgelost und abgehackt worden.«

      »Wisset Ihr auch von dieser Geschichte?« Fragte jetzt in wimmernden Tone der Schwefelmann.

      »Man muß nur die Satzungen kenne,« fuhr der Firnerhans fort. »Das beste ist, daß zu einer Zeit, welche die Vehm- und Gottesgerichte nicht vergessen hat – die noch dann und wann gern ein Hexlein verbrennt, wie wir das dürre Unkraut auf unserem Rübenfeld – daß wir zu solch erfreulicher Zeit nicht die einzigen Unschuldigen sind, die fort müssen. Wir haben nicht eingesehen, wie gut es zu leben war zwischen dem Tärn und dem Trasank; jetzt ist die Welt mit ihren Herrlichkeiten zu uns hereingekommen. Leute, die wir da zusammengesperrt sind wie die feisten Hammel vor dem Schlachten: Das Plärren und Grunzen hilf gar nichts. Das Beste, wir treten ab als wie Männer, und spucken voreh der Welt noch Eins ins Gesicht!«

      Die Meisten schwiegen, Einige grollten.

      »Nicht daß es mir um meinen Kopf leid thäte,« simulirte des Rocken-Paul’s Knecht, der Simon, »aber um meine Han thut’s mir leid.« – Ein armseliges Schreibzeug verschaffte er sich im Küsterhause und schrieb folgenden Brief:

      »Herzallerliebste Han

      Es ist gar zum Lachen, gelt, wie sie mich doch noch d’rankriegt haben! Der Kuh wegen geht’s her, die ich bei der Wirthin im Stall hab’ stehen. Sie schickt mir Post, das Kalb wär’ da und ich sollt’s anschauen gehen. Die Arbeit ist nicht g’nöthig, izt im Advent, so bin ich her. ‘s ist ein ganz proper Stierlein und semmelfarb, eigen zum Spennen. Brennt Dir auf einmal der Pfarrhof und ich lauf’ löschen. Dieweilen jagen sie uns schon in die Kirchen und suchen sich unser Zwölf aus zum Köpfen. Heut’ steht er mir noch fest auf den Achseln, und daß ich Dir schreib’, herzliebste Dirn, Du bist mein letzter Gedanken. Die Kuh mit dem Kalb ist Dein. Röhren kannst um mich, wie Du willst, aber es hilft nichts. Daß ich unschuldig bin, weiß Kein’s besser, als wie Du, aber was kannst machen, wenn Einen die Herren einmal im Kotter haben. Wenn im Himmel die Geköpften wieder einen aufkriegen, so kommen wir leicht zusammen und heiraten.

      Dein liebender

       Simon Hanefer.

      Wann es losgeht, weiß ich itz nit zu sagen, bleib daheim und scher’ Dich nit d’rum. Die neumelke Kuh will die Wirthin noch bis Petri Stuhlfeier haben. Laß ihr’s.«

      Der Erzähler weiß es: Das heutige Geschlecht will es nicht glauben, daß damals ein junger kerngesunder Bauernbursche so munter aus dem Leben sprang. Das heutige Geschlecht verlästert die Welt mit jedem Athemzuge und klammert sich mit allen Fasern angstvoll an dieselbe oder stürzt sich in Verzweiflung unter ihre rollenden Räder. Dem Simon fällt das Eine nicht und das Andere nicht ein. Kann es sein: lustig leben, und muß es sein: lustig sterben! Das ist seine Art. Viel zu philosophiren hat er nicht gelernt.

      Der Simon war mit seinem brieflein kaum fertig, als, von Soldaten begleitet, ein Priester zur Thür hereintrat. Er hatte die letzte Wegzehrung bei sich, und als sie den Kelch sahen, rief ihm der Firnerhans entgegen: »Geh’, Pfaff, geh’! Deinen Kelch kennen wir!«

      Der Priester sprach in milden, gütigen Worten, sprach von der Freude, die im Himmel über einen reumüthigen Sünder sei,

      »Wenn ich Eins bereue, so ist es, daß ich Dir nicht schon gestern die Gurgel verklemmt hab’!« schrie Einer und wollte, auf den Geistlichen zustürzend, heute sein Vorhaben ausführen. Die Söldner schleuderten ihn zurück, daß er ächzend an die Wand fiel.

      Die zwei Bauern vom Johannesberge knieten nieder, sagten, daß obgleich ihr Gott ihnen untreu geworden wäre, sie ihm treu bleiben wollten, und baten um die Absolution.

      Dann kroch der Schwefelmann hin gegen den Priester und bat diesen, bei den Herren vom Gericht etwas ausrichten.

      »Ich laß fragen, das Gottesgericht wäre nichts nutz und würde heut’ gerade so die Unschuldigen hinrichten, wie dazumal des Postboten von Siebenbrunn wegen. Unter den Enthaupteten sind allerlei Leute gewesen, aber der Mörder nicht. Wenn das hohe Gericht wissen will, wer den Postboten umgebracht hat, so soll es mich fragen.«

      »Das wird’s bleiben lassen,« lachte der Firnerhans.

      »Ihr seid erbarmungswürdige Menschen,« sprach nun der Priester, »Ihr frevelt gegen die Gnade des Himmels, die Euch auserwählt hat, genug zu thun. Wenn der eingeborene Sohn Gottes es nicht verschmäht, unschuldig für die Welt zu sterben, wie sollt Ihr Sünder dagegen murren?«

      »Du heiliger Mann,« sagte der Firnerhans, »Du bist ja der Stellvertreter des Sohnes Gottes, komm und tausch’ mit mir; wenn der Pfaff’ stirbt, thut er mehr für die Welt, als der Bauer, wenn er stirbt.«

      Jetzt nahm der Holzer vom Tärn das Wort: »Das ist ein närrisches Streiten. Jeder stirbt für sich selber und nachher soll er’s Maul halten.«

      Auf dem Kirchthurm klangen die Glocken.

      »Hört Ihr,« sagte der Geistliche, »laßt fahren Euren Groll, sinkt auf die Knie und betet. Die Glocken gehen Euch an.«

      Mancher erblaßte.

      »Euch Blutzeugen begleiten sie noch mit christlichem Klange aus dieser Welt. Dann werden sie nicht mehr klingen zu Trawies. Wisset, die heilige Kirche hat über diese Gemeinde das Inderdict gelegt und von der Stunde Eures letzten Athemzuges an ist Trawies geächtet und verbannt.«

      Es kann wohl nicht versucht werden, den Schreck zu beschreiben, der durch die Wälder zitterte. Das Gehaben der Todtgeweihten Männer war zu betrachten; aber vor der wilden Verzweiflung der Weiber, Schwestern, Brüder und Kinder könnte die Feder nicht Stand halten. Man hörte das Jammergeschrei von Haus zu Haus. Plötzlich verstummte es, wie in unheilschwangerer Luft die Wettergüsse oft plötzlich versiegen. Sie fragten sich immer und immer wieder, ob es denn auch wahr sei, wahr sein könne. Und als es immer und immer wieder bestätigt wurde, hub das Klagegeschrei von neuem an.

      Hineilten sie zu den Mauern von Trawies mit Bitten und Beten; nur einmal noch sehen wollten sie die Verurtheilten; sie wurden zurückgestoßen. Mit scharfem Hausgeräth bewaffnet

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