Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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weh, und tut's ihm weh, so helf' ihm Gott!

      Auch der alte Pechölbrennernatz war da; der Lustbarkeit war er kein Feind, und wie ihm sonst die Kinder nachliefen, so tat er es heute den jungen Weibsleuten, und diese taten es ihm, denn er hatte die Zither bei sich. Da ist den Weibsbildern keiner zu alt, tanzt er schon selber nicht mehr, so spielt er doch dazu auf. Etliche Dirndeln hatten sich an den Sandler-Sohn zu Altenmoos, den Sebast, machen wollen, der vor dem Wirtshause etwas gelangweilt umherstrich. Der Sebast war ein schneidiger Tänzer, und was noch mehr ist, einer zum Heiraten. Der alte Sandler war schon mühselig und sollte demnächst seinen Sandlerhof auf den einzigen Sohn abtreten. Der Vater saß beim Wirtstisch, der Sebast setzte sich nicht dazu. Er war heute verstimmt. Da hatte ihn der Waldmeister fast zärtlich angesprochen, ob er nicht seinen Vorteil wahrnehmen wolle? Der alte Vater Sandler habe einen sorgenfreien Feierabend vollauf verdient und der Junge würde sich mit dem gescheiten Köpfel überall besser stehen, als da auf dem Berge oben, wo die Nachtigallen kohlschwarz wären und »krah! krah!« schrien. Der Sebast erkenne gewiß die neue Zeit und werde sie nutzen wollen. Allerwärts streben die Leute was Besseres an und trachten vorwärts zu kommen, warum sollte gerade der Bauer auf seiner jämmerlichen Scholle sitzen bleiben? Der Sebast möge seinem Vater raten, das Gütel zu verkaufen. Ein so günstiger Zeitpunkt komme sobald nicht wieder. Er – der Oberförster – wisse zwar nicht sicher, ob es der Kampelherr nehme, würde aber sein Wort dafür einlegen, und was der Herr kaufe, das werde auch anständig bezahlt.

      Der Bursche hatte auf solche Vorstellungen nicht viel gesagt, sondern sich langsam gegen die Kugelbahn hingezogen. Dort schob er die Kugel hinaus, traf aber nichts. Er hatte zu scharf geschoben, da war sie links in die Ecke gefahren, dort an der aus Weiden geflochtenen Wand hoch aufgesprungen, dann niedergefallen und im Winkel liegen geblieben. – Ja, just so! Das Haus verkaufen! Jetzt! Jetzt, wo er gerade die Dullerl heiraten will!

      Die Dullerl – der er gedachte – war heute daheim in ihrem Bachhäusel beim Vieh. So wollte es auch dem Sebast nicht behagen im Wirtshaus. Was gehen ihn die Auswanderer an! – Er verließ das Wirtshaus, ging über die Sandachbrücke und an dem scharf niedertosenden Wässerlein eines Seitengrabens entlang hinauf gegen seinen Hof. Er war immer gern daheim, und besonders wenn man nicht gut gestimmt ist, tut sich's daheim besser, als unten beim Wirt. Höchstens zum Raufen, sonst ist er heute zu nichts aufgelegt.

      Der Sebast war nicht gar hoch gewachsen, aber dafür wohl untersetzt und kernig. Auf dem sehnigen Leib saß ein stattlicher Kopf, an dem die Haare stets kurz geschoren waren, weil es der Bursche liebte, des Morgens und des Abends das Haupt in den Wassertrog zu stecken. Er hatte in seiner Kindheit viel an Augenentzündung gelitten und da war er auf den Gedanken gekommen, das Blut in andere Winkel des Körpers zu jagen, wo es weniger Übel anrichten könne, als in den Augen. Diese waren nun wirklich recht gesund, klar und keck geworden, und so viel Geblüt war immer noch im Kopf geblieben, um frischrote Wangen und Lippen zu besorgen. Mit dem Bart sah es noch etwas kümmerlich aus, sintemal der Mensch mit zwanzig Jahren sein Wachstum besser verwerten kann, als um mit ihm aus jungem Fleisch und Blut Haare hervorzuspinnen, die doch keine Freude geben, hingegen Schmerzen machen, wenn eine Bosheit kommt und daran umzupft. Nur bei einer, dachte sich der Sebast manchmal, bei einer einzigen müßte das Zupfen Spaß machen, doch dieselbige – dieselbige ist so gottlos rückhältig... Geheiratet wird sie aber doch.

      Am Waldstuber Feldrain dahin ging eine Gruppe von jungen Leuten, Burschen und Dirndeln durcheinander. Sie schäkerten, sie liefen auseinander, spielten Abfangen und schritten dann wieder zu Paaren langsam dahin.

      Sie huben an zu singen. Eines der Dirndeln begann:

      »Wann die Glock'n hell klingt

       Und das Büaberl schön singt

       Und der Kuckuck recht schreit,

       Ist die lustige Zeit!«

      Diese Veranlassung benützte ein Bursche zu folgendem Liedel:

      »Im Tauern tuat's schauern,

       Tuat's Grießerln werfn,

       Und ih werd' mei Dirndel

       Doh gern habn derfn!«

      Hierauf sang sie:

      »Ih Nixnutz, du Nixnutz,

       Geld habn mir all's verputzt,

       Ih nix schön, du nix schön,

       Wie wird's uns geh'n!«

      Der Bursche legte seinen Arm um den Nacken der munteren Sängerin und trällerte:

      »Z'nächst habn ma 's Wiesel g'maht,

       's Dirndel hat d' Mahd'n ausg'strat (gestreut),

       Habn uns in Schattn g'setzt,

       Habn amal g'wetzt.«

      Auf solches entgegnete das Dirndel:

      »'s Wetzn is lusti,

       Wann d'Sensn schön klingt,

       Aber lustiger is's,

       Wann da liabsti Bua kimmt.«

      So waren sie nach und nach gegen den jungen Lärchenanwachs gekommen, der Fußsteig führte hinein.

      Der Sebast hatte der fröhlichen Gesellschaft von weitem zugeschaut und zugehört. Jetzt, da er sie nicht mehr sah, wollte ihm schier seine Einsamkeit anheben, wehzutun.

      Hinter dem Sandlerhause, am Raine des Pfrängers standen etliche Wildkirschenbäume. Die einen trugen rote Kirschen, die anderen schwarze; reif waren beide Gattungen. Die schwarzen sind süßer, die roten sind würziger, dachte sich der Sebast und stieg rasch einen Baum hinan, der rote Kirschen trug. Er atzte sich; das ist besser wie der Steppenwirtswein. Und vom Guldeisner Almosenwein trinken, steht ihm nicht an. Die Kerne schnellte er mit den Lippen ins Laubwerk, zwischen dem sie zu Boden rieselten. Es heißt, daß aus jedem Kirschkern, der in die Erde kommt, ein Baum wachsen kann. Dann hat der Sandler-Sebast alle Kirschbäume, die in fünfzig Jahren an diesem Platze stehen werden, im Mund gehabt.

      Da sollte nun aber dieser Sonntagsnachmittag für den Burschen eine ungeahnte Wendung nehmen.

      Lange hatte er noch nicht Rotkirschen gepflückt, als unten auf dem Wege etwas dahertrappelte. Etwas Sechsfüßiges war's. Des Bachhäuslers Dullerl kam und führte am Strick ein falbes Rind. Als sie merkte, daß jemand oben im dicken Geäste des Baumes war, sagte sie zu ihrer Gefährtin: »Oha, bleib' stehen.« Dann rief sie hinauf: »Ist der Sandler oben? Unsere Kalm hätt' ich da und mein Vater läßt schön bitten um den Jodel!«

      »So«, antwortete der Bursche oben im Laubwerk.

      »Vor vierzehn Tagen«, berichtete das Dirndel, »bin ich mit ihr beim Grubbauer Jodel gewest, der ist aber nichts nutz, und sie ist nicht geblieben. Heute hat ihr der Vater einen lebendigen Fisch eingegeben, und jetzt, denk ich, wird's es wohl tun. Bitt' gar schön. Will nachher gern einen halben Tag Korn schneiden helfen dafür.«

      »Ist schon recht«, sagte der Bursche, stieg rasch niederwärts und sprang auf den Rasen. Schier erschrak sie. »Du bist es, Sebast«, sagte sie verblüfft, »jetzt hab' ich bumfest gemeint, es wär' dein Vater oben.«

      »Mein Vater, der ist heut' bei der Lustbarkeit«, antwortete der Bursch. »Wart', Dullerl, tu' deine Kalm da in den Pfränger, ich mach' die Schranken auf. So. Und jetzt werd' ich ihn gleich bringen.«

      Er

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