G.F. Barner Staffel 2 – Western. G.F. Waco
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Angus hört nichts, aber der Mann, der sich Rual nennt, blickt auf die Tür und sinkt nach hinten auf seine Pritsche. Er hat eine geschickte Art, sich hinzulegen, es ist mehr ein Rollen, mit dem er auf die Pritsche sinkt. Und einen Augenblick lang hat Angus das bestimmte Gefühl, daß dieser Mann dies Rollen schon viele hundert Tage geübt und ausgeführt haben muß.
Dann geht tatsächlich die Tür auf.
Angus Haley liegt still, er sieht auf die Tür und die beiden Männer. Aber hinter den beiden Männern, die durch die Tür treten, sieht er noch mehr.
Im Office ist noch ein Mann, neben dem Mann aber steht ein Mädchen. Einen Moment erinnert er sich an das Gesicht des Mädchens. Sie ist blond, trägt das Haar zu einem Knoten und erinnert an… Dann weiß er es, denn er hat Mark vor sich, Mark ist schon am Gitter. Und das Mädchen ist Jane Harfield, es gibt keinen Irrtum mehr. Sein Bruder hat Jane mitgenommen. Vielleicht hat Jane auch ihren Kopf durchgesetzt und ihn, den wilden Bravado, der immerhin der Bruder Mark Haleys ist, sehen wollen. Angus erinnert sich, daß Jane schon als Mädel eigenwillig war. Sie ist das einzige Kind der Harfields – es gibt viele eigenwillige und verzogene Einzelkinder.
Turgill hat die Arme verschränkt und lehnt sich an die Wand.
»Fünf Minuten«, sagt er, als wenn er es schon einmal gesagt hat. »Du hast gehört, nicht mehr, Mark.«
Mark sieht sich eine Sekunde scharf um. In seinem strengen, jetzt kühlen und völlig beherrschten Gesicht zuckt es kurz.
»Ich rede so lange ich will, verstanden? Und wenn ich aus El Paso den besten Anwalt holen muß, Hank, er wird ihn bekommen. Hallo, Angus!«
»Hallo«, sagt Angus kühl, knapp und sicher. »Was willst du, Mark.«
»Dir sagen, daß ich dir einen Anwalt besorge, er wird morgen hier sein. Diese Anklage ist lächerlich, denn Wagner hat zuerst geschossen, wie? Es gibt Zeugen dafür, daß er zuerst gefeuert hat. Der Anwalt wird dich herausholen.«
Angus verzieht keine Miene, aber er erkennt in dieser Minute, daß Mark sich entschieden hat. Es muß ihm unheimlich schwer geworden sein, für sich eine Entscheidung zu treffen, aber – er hat sie gefällt.
»Ich brauche keinen Anwalt, Mark.«
»Hör auf, jetzt rede ich. Du hörst auf, mit dem Kopf gegen die Wand zu laufen. Alles, was du brauchst, wirst du bekommen, Angus. Gewiß hat dein Partner mit der Schießerei angefangen, aber Wagner hat dich verwundet. Ich glaube, darin liegt nicht viel, vielleicht sogar ein Freispruch.«
»Du wirst jemanden fragen müssen, wenn du den Anwalt bezahlst«, sagt Angus trocken. »Zudem – ich habe gesagt, daß ich keinen Anwalt will. Kommt einer, dann redet er für die Katz. Du hast es nicht nötig, auch noch mit dem alten Mann Streit zu bekommen. Ich will das nicht.«
»Er hat damit nichts zu tun, ich bezahle es von meinem Geld.«
»Von deinem? Wie ich den alten Mann kenne, besitzt du gerade dein Pferd und das, was du am Leib trägst. Du hast keine Summe, die groß genug ist, um einen Anwalt zu bezahlen. Also, woher kommt das Geld?«
Einen Augenblick preßt Mark fest die Kiefer aufeinander. Er schweigt, doch da sagt das Mädchen es ist nun an der Tür:
»Von mir, Angus.«
Einen Moment lang ist Angus schockiert. Er sieht seinen Bruder an, dessen Gesicht jetzt wie eine Maske wirkt.
»Danke«, sagt er dann kühl. »Jane, ich bin es gewohnt, mir selbst zu helfen. Kein Haley würde jemals Geld annehmen, das er sich nicht selbst verdient hat. Es tut mir leid, ich brauche kein Geld, ich brauche auch keine Hilfe. Noch kann ich mir selbst helfen. Und dann gibt es eine Kleinigkeit, die hier niemand weiß. Ich habe Wagner nicht angeschossen.«
Das Mädchen ist bei seinen Worten bleich geworden. Angus weiß genau, daß er sie getroffen hat. Sie hat, vielleicht aus einer Laune heraus oder um Mark zu helfen, das Geld geben wollen. Sie fühlt sich in ihrem Stolz gekränkt.
Mark aber sieht ihn groß und durchbohrend an.
Hank Turgill tritt einen Schritt vor und blickt genauso bestürzt zu ihm hin wie Mark.
»Du hast…«, will Mark beginnen, aber da legt ihm Turgill die Hand auf den Arm und sagt hart:
»Sei still, ich frage. Angus, du behauptest, daß du Wagner nicht getroffen hast? Wer dann, kannst du mir das auch sagen?«
»Ich könnte es«, erwidert Angus. »Aber ich bin gewohnt, meine Dinge selbst zu ordnen. Ich sage dir nur, daß ich es nicht gewesen bin, der Wagner getroffen hat. Das muß dir genügen.«
»Das kann jeder behaupten«, antwortet Turgill schnappend. »Solange du keinen Beweis erbringst, Angus, muß ich dich hierbehalten. Wer ist es gewesen, wenn nicht du?«
Angus lehnt sich zurück, verschränkt die Arme unter dem Kopf und sieht zur Decke.
»Rede«, sagt Mark beschwörend. »Wenn es irgend etwas gibt, das dich entlasten kann, dann mußt du reden. Dieser Lanson ist weggelaufen, er kann also nicht geschossen haben.
Dort ist nur noch ein Mann gewesen, der gefeuert hat – du. Und du sagst, du bist es nicht gewesen, der Wagner getroffen hat. Angus, wer sonst?«
Angus wendet den Kopf und lächelt düster.
»Ich habe noch nie jemanden verraten«, sagt er. »Was immer meine Gründe zu schweigen sind, sie sind da. Stellt sich der Schütze, dann gut, wenn nicht, werde ich ihn herbringen und zwingen, auszusagen. Es ist meine Sache.«
»Donnerwetter«, knurrt Turgill bissig wie ein an der Kette liegender Hofhund. »Das erinnert mich verteufelt an die Reden eines Mannes, Angus. Wenn zwischen zwei Leuten Ähnlichkeit besteht, dann zwischen dir und jemandem, der nicht gerade erfreut ist, dich zum Sohn zu haben. Du bist genauso stur und verbohrt wie der Alte. Dies ist nicht deine Sache. Einen Mann zu suchen, der – und das geht doch wohl aus deinen Worten klar genug hervor – der auf Wagner absichtlich gefeuert hat, das ist Sache des Gesetzes. Wer ist der Mann?«
»Du fragst den Mond«, gibt Angus zurück und sieht das Zusammenzucken seines Bruders. »Ich sage dir, es ist meine Sache. Er stellt sich nicht freiwillig, fürchte ich, also werde ich ihn herbringen müssen. Es würde besser sein, du ließest mich heraus, mein Freund.«
»Das kann ich nicht, niemand weiß so gut wie du, daß ich das nicht kann. Wenn es stimmt, daß du anderthalb Jahre Marshal in drei Städten gewesen bist, dann mußt du das genau wissen, Angus. Ich habe hier eine Anklage gegen dich. Und solange die besteht, bleibst du im Jail. Es sei denn, daß dein Bruder einen Rechtsverdreher ausfindig macht, der dich mit tausend Tricks herausholt. Aber du willst keine Hilfe, wie?«
»Ich sage dir Narr nur, du sollst mich herauslassen. Tust du es nicht, dann kann ich dir nicht helfen.«
»Ist das eine Drohung?« fragt Turgill scharf. »Dieses Jail ist sicher – und befreien wird dich kein Mensch. Der erste Mann, der das versucht, findet sich beim Arzt wieder, wenn er noch dorthin kommt.«
»Hör mal, Hank«, mischt sich Mark ein. »Ich glaube ihm jedes Wort. Dieser Bursche ist