Cooldown. Markus Vath
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Wo Steusloff sich der Qualität von Kommunikation widmet, hat der Kommunikationswissenschaftler Rudolf Stöber die sogenannte »Redundanz«, die Überflüssigkeit im Blick.25
Ein Ziel von Kommunikation ist es, Redundanz zu reduzieren. Irgendwann sollen die Kommunikationspartner gleiche Informationen haben, auf dem gleichen Wissensstand sein. Das ist oft genug nicht der Fall, wie man beispielsweise aus der Meeting-Praxis oder aus Projektverläufen weiß. Stöber schreibt dazu: »Redundante Mitteilungen werden […] dysfunktional, wenn sie als Geschwätzigkeit die Kommunikation aufblähen, erschweren und den mit dem Geschwätz Traktierten dazu bewegen, die langweilig werdende Kommunikation ganz abzubrechen. […] Die Redundanz (3. Ordnung) liefert keinen Neuigkeitswert, beseitigt kein Unwissen und stillt keine Neugier; sie ist daher keine Information im kommunikationswissenschaftlichen Sinn.«26
Dennoch hat für Stöber auch die Redundanz ihren – begrenzten – Platz in der Kommunikation: »Redundanzen sind mithin nicht überflüssig, sie erfüllen einen wichtigen Zweck: Aktualisierungen, symbolische Kommunikationen, Rituale, Habitualisierung der Nutzung, Routinen der Mediengestaltung, Erinnerung(en) und vieles andere wäre ohne Redundanz, ohne Wiederholungen zur Überbrückung der Zeit, undenkbar. […] Information und Redundanz bedingen sich wechselseitig und ermöglichen die Kommunikation.«27 Was lernen wir daraus im Hinblick auf die Informationsflut? Ein Mechanismus der professionellen Kommunikation in unserem Arbeitsleben sollte darauf achten, qualitativ hochwertige Informationen zu produzieren – und ebenso hochwertige Informationen an uns heranzulassen.
Kommuniziert man im Job, sollten wir Redundanzen reduzieren, schnell zum Punkt kommen und unser Wissen abgleichen. Denn Informationen sind – wie Zeit – kostbar.
Weg mit dem Überflüssigen – konzentrieren wir uns auf das Wesentliche
Was passiert, wenn wir Dingen wie Redundanz und Qualität in der Kommunikation keine Beachtung schenken? Wir verlieren das Gefühl dafür, was wichtig ist. Und wenn wir nicht mehr entscheiden können, was relevant ist, können wir unser Verhalten nicht steuern. Überforderung ist das Ergebnis. Deswegen ist es wichtig, diese fatale Kettenreaktion schon am Anfang zu unterbrechen. Wir müssen wachsam bleiben, unseren Blick schärfen, damit wir stets die Informationen um uns herum bewerten können.
So gibt es beispielsweise immer noch Menschen, die eine innere Verpflichtung fühlen, eine Zeitung von vorne bis hinten zu lesen. Oder die ein Buch nicht einfach weglegen können, obwohl sie längst das Interesse daran verloren haben. Denn ein Buch »liest man fertig«. Eine solche Haltung ist vielleicht nobel, vom Informationsmanagement her jedoch eine Katastrophe. Das kann man sich vielleicht noch im Urlaub leisten, aber nicht mehr im Arbeitsleben mit seiner Informationsdichte und dem Arbeitstrichter, durch den ständig Anforderungen nachrutschen. Ein guter Informationsmanager ist jemand, der gekonnt auf den Wellen der Informationen surft und von Zeit zu Zeit gewollt in einzelne Wellen hinabtaucht – nachdem er sich bewusst dafür entschieden hat. Diese Wellen werden an ihn durch die unterschiedlichsten Kanäle herangetragen: E-Mails, Telefonate, Dokumente etc. Das Meer der Informationen umgibt uns ständig. Deshalb müssen wir »Wellenbrecher« errichten, damit Information und Kommunikation eine Freude bleibt – und keine Last, unter der man zusammenbricht.
Die neue Unsicherheit: Vielfältige Arbeitsformen und -biografien
Menschen müssen arbeiten. Mit Arbeit verdient man Geld, und mit Geld kann man sich und seine Familie (hoffentlich) ernähren. Egal, ob Einzel- oder Doppelverdiener, Voll- oder Teilzeit: Arbeit ist immer noch die beste, ja einzige Sicherheit gegen Armut.
Menschen wollen auch arbeiten. Arbeit gibt ihrem Leben Sinn, Struktur, soziale Kontakte. Viele Menschen erleben Arbeit als strukturierend, man »weiß, wofür man morgens aufsteht«. Im besten Fall ist Arbeit daher bereichernd, eine wichtige Facette im Leben des Einzelnen.
Die Rolle, der Stellenwert der Arbeit für das Leben des Einzelnen war daher so gut wie nie umstritten. Ihre Form hingegen hat sich durch die Jahrhunderte gewandelt. Aus der Leibeigenschaft der mittelalterlichen Bauern und dem selbstständigen Handwerker wurde der Fabrikarbeiter der Industrialisierung. Flankiert von Errungenschaften des modernen Staates, zum Beispiel den Bismarck’schen Sozial- und Rentengesetzen, wandelte sich die Form der Arbeit einmal mehr. Das Heer der Angestellten entstand. Der Deutsche wurde Angestellter der Deutschland AG, dem mächtigen Verbund aus Bosch, Siemens oder SAP, der nach dem Zweiten Weltkrieg seine Netze über das Land auswarf und es während der nächsten 40 Jahre zu einem der wirtschaftlich stärksten Länder der Erde machte.
Während der Jahre von 1950 bis 1990 dominierte in Deutschland genau ein Arbeitsverhältnis: die unbefristete Vollzeitstelle. Egal, ob Öffentlicher Dienst oder Privatwirtschaft: Man wurde eingestellt, oft nach Tarif, ausgehandelt von einer starken Gewerkschaft, und blieb lange, manchmal ein ganzes Arbeitsleben, bei einem einzigen Arbeitgeber.
Diese Dauerhaftigkeit kommt dem menschlichen Sicherheitsdenken selbstverständlich entgegen. Warum etwas ändern, sich bewegen, wenn es auch so funktioniert? Das ist nicht einmal störrische Verbohrtheit, sondern ökonomische Klugheit.
Arbeiten in der Deutschland AG: Vollzeit und ein Leben lang
Doch jetzt ändern sich die Zeiten. Das Standardmodell der unbefristeten Vollzeitstelle ist ein Auslaufmodell, ein Relikt des 20. Jahrhunderts. Globalisierung, dynamische Märkte und überschnelle Kommunikation zwingen den Menschen eine Flexibilität auf, die diese oft nicht wollen und die verständlicherweise Widerstand auslöst. Es wäre Aufgabe der Politik, hier nicht zu mauern und die Illusion der unbefristeten Vollzeitstelle aufrechtzuerhalten, sondern die Bürger auf die neue Wirklichkeit vorzubereiten. Doch das geschieht oftmals nicht. Die »neue Unsicherheit« sollte begleitet sein von einer »neuen Ehrlichkeit«, damit wir uns als Gesellschaft darauf vorbereiten können und bestimmte Dinge offen diskutieren, bevor uns die Dritte Transformation mit ihren neuen Anforderungen vollends überrollt.
Der Blogger Sascha Lobo findet dafür ein drastisches Bild: »Der Angestelltenstaat Deutschland hat sein System so eingerichtet, dass es implodieren würde, wenn es zu viele Selbstständige gäbe. So arbeiten die mit der Arbeit befassten Institutionen realitätsunbeeindruckt daran, dass die großen Strukturen bleiben, wie sie sind. Aber vor der Tür steht die Wirklichkeit, und die Wirklichkeit ist wie eine wütende Elefantenkuh, man kann sie nur eine begrenzte Zeit ignorieren, dann trampelt sie alles nieder. Die Wirklichkeit ist: Die allgemeine Fixierung auf das Normalarbeitsverhältnis war eine Notlösung des 20. Jahrhunderts. Es ging halt offenbar nicht anders, die meisten haben das irgendwie eingesehen und so getan, als käme das nächtliche Zähneknirschen von irgendetwas anderem als ihrem Job. Aber das Normalarbeitsverhältnis war nur ein Waffenstillstand, bei dem Existenzangstminderung und Karriereversprechen eingetauscht wurden für acht Stunden Lebenszeit am Tag.«28
Lobo plädiert für die Notwendigkeit einer neuen Flexibilität in der Arbeitsgesellschaft, nicht schrankenlos oder neoliberal, sondern mit einer breiten gesellschaftlichen Debatte als Grundlage.
Flexibilität kann auch zu neuen Freiheiten führen – vorausgesetzt, es gibt einen gesellschaftlichen Konsens darüber
So sollte man in seinen Augen ein bedingungsloses Grundeinkommen ebenso diskutieren wie ein flexibles Renteneintrittsalter oder die Vereinbarung von Selbstständigkeit mit Festanstellung. Warum zum Beispiel ist es in heutigen Arbeitsverträgen immer noch üblich, dem Angestellten eine selbstständige Nebentätigkeit faktisch zu verbieten? Dass ein Arbeitgeber die volle Arbeitskraft eines Angestellten fordert, ist normal und sein Recht. Oft würde eine Nebentätigkeit jedoch das eigentliche Betätigungsfeld