Wie ich Livingstone fand. Henry M. Stanley

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Wie ich Livingstone fand - Henry M.  Stanley Edition Erdmann

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wie die Sansibarer wissen. Die Freuden eines solchen Abends werden von der zivilisierten Bevölkerung von Sansibar im Allgemeinen ignoriert, aber die Repräsentanten der europäischen Kolonie besuchen sie trotzdem. An eben diesem Abend waren die reichsten Einwohnerklassen ziemlich stark vertreten.

      Die Erfrischungen, welche der britische Konsul nebst Frau ihren Gästen an ihren Empfangsabenden anboten, bestanden aus einer Art milden Weines und Zigarren, nicht weil sie nichts anderes zu Hause haben, etwa Tee oder ein paar Kuchen, sondern wohl nur, weil es die Sitte eines sansibarisierten Europäers ist, dergleichen, mit etwas Soda- oder Selterswasser gemischt, als eine Art Reizmittel für das bisschen Klatsch zu sich zu nehmen, das gewöhnlich unter dem Einfluss des Weines sympathische und eifrige Zuhörer findet.

      Es war wohl alles sehr schön, aber trotzdem hielt ich diesen für einen der langweiligsten Abende, die ich je erlebt hatte, bis Dr. Kirk aus Mitleid für die Langeweile, an der ich litt, mich beiseiterief, um mir eine schöne Elefantenflinte zu zeigen, welche ihm, wie er sagte, vom Gouverneur von Bombay geschenkt worden sei. Ich hörte nun Loblieder auf ihre tödliche Kraft und Verderben bringende Präzision und ließ mir einige Anekdoten von dem Leben im Schilfmoor, einige Jagdabenteuer und Erlebnisse auf seinen Reisen mit Livingstone erzählen. »Ach, jawohl, Dr. Kirk«, sagte ich nachlässig, »was Livingstone betrifft – wo, glauben Sie, ist der jetzt?«

      »Ja«, erwiderte er, »das ist sehr schwer zu sagen; er kann tot sein; wir wissen nichts Positives, worauf wir uns bestimmt verlassen können. Davon bin ich überzeugt, dass niemand etwas Bestimmtes von ihm seit mehr als zwei Jahren gehört hat. Dennoch glaube ich, dass er am Leben sein muss. Wir schicken ihm beständig irgendetwas zu. In Bagamoyo befindet sich eben eine kleine Expedition, die im Begriff steht aufzubrechen. Ich glaube wirklich, dass der alte Mann jetzt nach Hause kommen sollte; er wird, wie Sie wissen, alt, und wenn er stirbt, so wird die Welt nichts von seinen Entdeckungen haben. Er schreibt weder Notizen noch Tagebücher, und nur sehr selten bringt er seine Beobachtungen zu Papier, sondern macht nur ein Zeichen oder einen Punkt oder etwas Ähnliches auf eine Karte, was niemand als er selbst verstehen kann. Ja, wenn er am Leben ist, so sollte er unter allen Umständen heimkehren und einem jüngeren Mann seine Stelle lassen.«

      »Wie ist er im Umgang, Doktor?«, fragte ich mit lebhaftem Interesse an dieser Unterhaltung.

      »Nun, ich glaube, dass es im Ganzen sehr schwer ist, mit ihm zu verkehren. Ich habe persönlich zwar nie mit ihm Streit gehabt, aber ich habe ihn gegen andere Leute oft hitzig werden sehen, und das ist, wie ich glaube, der hauptsächliche Grund, weshalb er niemanden gern um sich hat.«

      »Wie ich höre, ist er ein sehr bescheidener Mann, nicht wahr?«, fragte ich.

      »Nur, er kennt den Wert seiner eigenen Entdeckungen besser als irgendein anderer. Er ist nicht gerade ein Engel«, sagte er lachend.

      »Nun, gesetzt, ich begegnete ihm auf meinen Reisen; ich könnte doch möglicherweise mit ihm zusammentreffen, wenn er in der Richtung reist, die ich selbst nehme. Wie würde er sich gegen mich verhalten?«

      »Um Ihnen die Wahrheit zu sagen«, sagte er, »so glaube ich nicht, dass er es sehr gern sehen würde. Ich weiß, dass, wenn Livingstone in Erfahrung brächte, dass Burton oder Grant oder Baker oder einer von diesen Leuten ihn aufsuchen wollten, er es bald so einrichten würde, dass hundert Meilen Sumpfboden sich zwischen ihnen befänden. Das glaube ich bestimmt – auf mein Wort!« –

      Das war der Inhalt der Unterhaltung, die ich mit Dr. Kirk, dem früheren Genossen von Livingstone, führte, so genau, wie mein Tagebuch und mein Gedächtnis sie mir erinnerlich machen.

      Brauche ich wohl zu sagen, dass diese Kunde von einem Herrn, der bekanntlich mit Dr. Livingstone genau bekannt war, eher mehr dazu beitrug, den Enthusiasmus für meine Sache zu dämpfen als ihn zu beleben? Ich fühlte mich sehr verstimmt und hätte gern mein Unternehmen aufgegeben, aber der Befehl lautete: »Gehen Sie und finden Sie Livingstone!« Außerdem hatte ich nicht angenommen, obgleich ich sehr gern darauf eingegangen war, den Doktor aufzusuchen, dass der Weg nach Zentralafrika mit Rosen bestreut sein werde. Wenn ich nun wirklich als ein unverschämter Eindringling auf dem Gebiet der Entdeckungen getadelt werden sollte, als ein Mensch, der sich in Dinge mischt, die ihn nichts angehen, als einer, dessen Abwesenheit dem Doktor viel angenehmer wäre als seine Anwesenheit – hatte ich nicht den Befehl erhalten, ihn zu suchen? Nun, ich wollte ihn aufsuchen, wenn er noch auf Erden wandelte, und wenn nicht, so wollte ich das mitbringen, was die Leute sicher zu wissen interessierte. Dr. Kirk versprach mir freundlich alle in seiner Macht stehende Unterstützung und stellte mir alle Vorteile seiner Erfahrung zur Verfügung, aber ich erinnere mich weder, dass er mir in irgendeiner Weise wirkliche Unterstützung angedeihen ließ, noch finde ich es in meinem Tagebuch verzeichnet. Natürlich wusste er nicht, dass meine Befehle dahin lauteten, Dr. Livingstone aufzusuchen, sonst würde er wohl zweifelsohne sein Versprechen eingelöst haben. Er glaubte, dass ich im Begriff stände, den Rufidschifluss bis an seine Quellen zu verfolgen. Aber welche Zeitung würde wohl einen Spezialkorrespondenten ausschicken, um die Quellen eines so unbedeutenden Flusses wie des Rufidschi zu entdecken?

      Ich kannte das Innere durchaus nicht, und es war daher schwer zu wissen, was ich brauchte, um eine Expedition nach Zentralafrika zu unternehmen. Auch war die Zeit kostbar, und ich konnte nicht viel auf Erkundigung und Nachforschung verwenden. In einem solchen Fall wäre es, nach meiner Ansicht, ein großes Glück gewesen, wenn einer der drei Herren, Kapitän Burton, Speke oder Grant, uns irgendeine Belehrung über diese Punkte gegeben hätte, wenn sie ein Kapitel darüber geschrieben hätten, wie man eine Expedition nach Zentralafrika auszurüsten habe.

      Einige der Fragen, die ich mir vorlegte, wenn ich mich nachts im Bett herumwälzte, lauteten: Wie viel Geld ist nötig? Wie viele Pagazis oder Lastträger? Wie viele Soldaten? Wie viel Tuch? Wie viele Perlen? Wie viel Draht? Welche Sorten Zeug sind für die verschiedenen Stämme nötig? – Ich mochte mir diese Fragen noch so häufig stellen, so kam ich dem Punkt doch nicht näher, den ich zu erreichen wünschte. Die Europäer in Sansibar wussten so wenig wie möglich hierüber. Es gab nicht einen Weißen in Sansibar, der mir sagen konnte, wie vieler Dotis per Tag eine Truppe von hundert Mann für ihren Unterhalt auf der Reise bedurfte.

      Ich beschloss als das Beste, einen arabischen Kaufmann aufzutreiben, der mit Elfenbein handelt oder der vor Kurzem aus dem Innern angekommen war.

      Scheikh Haschid war ein Mann von Bedeutung und Reichtum in Sansibar. Er hatte selbst eine Anzahl Karawanen ins Innere gesandt und war infolgedessen mit verschiedenen hervorragenden Händlern bekannt, die in sein Haus kamen und sich mit ihm über ihre Abenteuer und Gewinne unterhielten. Von diesem graubärtigen, ehrwürdig aussehenden Scheikh habe ich über afrikanische Tauschwerte, die Art, mit ihnen umzugehen, die Menge und Qualität der Stoffe, die ich brauchte, mehr Auskunft erhalten als aus einem dreimonatigen Studium von Büchern über Zentralafrika. Auch von anderen arabischen Kaufleuten, mit denen der alte Scheikh mich bekannt machte, erhielt ich sehr wertvolle Andeutungen und Winke, welche mich schließlich in den Stand setzten, meine Expedition auszurüsten.

      Meine Berater gaben mir zu verstehen, dass hundert Menschen mit 10 Doti oder 40 Meter Tuch täglich für ihre Nahrung auskommen; es war also das Richtige, 2000 Doti amerikanische Leinwand, 1000 Doti Kaniki und 650 Doti farbige Zeugsorten zu kaufen. Dies hielt man für völlig ausreichend für den Unterhalt von hundert Mann auf zwölf Monate. Nach diesem Maßstab würden also für zwei Jahre 4000 Doti oder 16 000 Meter amerikanische Leinwand, 2000 Doti oder 8000 Meter Kaniki, 1300 Doti oder 5200 Meter verschiedene farbige Zeuge nötig sein.

      Die zweite wichtige Frage war: wie viele und welche Perlen nötig wären. Perlen sollten unter einigen Stämmen des Innern die Stelle des Zeuges einnehmen. Der eine Stamm zieht weiße Perlen den schwarzen, braune den gelben, rote den grünen, grüne den weißen usw. vor. Daher musste ich genau den Aufenthalt meiner Expedition in den verschiedenen Ländern erforschen und berechnen, damit ich genug von jeder Gattung hätte und

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