Wie ich Livingstone fand. Henry M. Stanley

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Wie ich Livingstone fand - Henry M.  Stanley Edition Erdmann

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eines Königs Kannena oder die Launen eines Hamed bin Sulayyam aufhalten lassen?«, fragte ich mich. Um mich gegen solche Zufälligkeiten zu schützen, entschloss ich mich, meine eigenen Boote mitzunehmen. »Dann«, dachte ich, »kann ich, wenn ich höre, dass Livingstone auf dem Tanganika ist, meine Boote vom Stapel lassen und ihm folgen.«

      Ich kaufte mir also vom amerikanischen Konsul ein großes Boot für 80 Dollars, das imstande war, zwanzig Leute mit hinreichenden Vorräten und Waren für eine Seefahrt zu beherbergen, und ein kleineres von einem anderen Amerikaner für 40 Dollars. Das Letztere konnte bequem sechs Mann mit den dazugehörigen Vorräten aufnehmen.

      Die Boote wollte ich aber nicht ganz mitführen, sondern die Bretter herausnehmen und bloß das Gerippe transportieren. Die Arbeit, die Boote auseinanderzunehmen und von den Brettern zu befreien, fiel mir zu, und diese kleine Aufgabe beschäftigte mich ungefähr fünf Tage; auch packte ich sie für die Pagazis zusammen, sodass jede Last, sorgfältig gewogen, nicht mehr als 68 Pfund betrug. John Shaw zeichnete sich in der Bearbeitung des Segeltuchs für die Boote aus; als die Überzüge fertig waren, passten sie genau zu den Gerippen.

      Ein unübersteigliches Hindernis für das rasche Fortkommen in Afrika ist der Mangel an Lastträgern, und da Eile ein Hauptzweck der unter meinem Befehl stehenden Expedition war, so war es meine Pflicht, diese Schwierigkeiten soviel wie möglich zu verringern. Lastträger konnte ich mir zwar erst bei meiner Ankunft in Bagamoyo auf dem Festland verschaffen, doch hatte ich mehr als zwanzig gute Esel in Bereitschaft und glaubte, dass ein für die Ziegenpfade Afrikas eingerichteter Karren nützlich sein könnte. Daher ließ ich einen Karren bauen, der 18 Zoll breit und 5 Fuß lang war, den ich mit zwei Vorderrädern eines leichten amerikanischen Wagens versah, hauptsächlich, um die schmalen Munitionskästen zu befördern. Ich meinte, wenn ein Esel eine Last von 4 Frasileh oder 140 Pfund nach Unyanyembé tragen könne, so müsse er imstande sein, 8 Frasileh auf einem solchen Karren fortzuziehen, eine Last, die der Tragkraft von vier starken Pagazis oder Lastträgern gleichkommen würde. Die späteren Ereignisse werden beweisen, wie meine Theorie sich in der Praxis bewährte.

      Nachdem ich meine Einkäufe vollendet hatte und alles reihenweise geschichtet aufgehäuft sah, hier Kochgeräte, da Bündel von Stricken, Zelten, Sätteln, dort wieder Koffer und Kisten, die alles Mögliche enthielten, gestehe ich, dass ich über meine eigene Kühnheit verlegen wurde. Da lagen wenigstens 6 Tonnen Material! »Wie wird es nur möglich sein«, dachte ich, »diese ganze träge Masse durch die zwischen dem Meer und den großen Seen von Afrika befindliche Wildnis zu transportieren? Doch wirf nur alle deine Zweifel hinter dich, Mensch, und lass sie fahren! Jeder Tag hat genug an seinen eigenen Sorgen, ohne dass er noch die des nächsten hinzuzunehmen braucht.«

      Der Reisende, der einen See in der Mitte jenes weiten afrikanischen Kontinents vor sich hat, muss natürlich in ganz anderer Weise reisen, als er es von anderen Ländern her gewöhnt ist. Er muss das mit sich nehmen, was ein Schiff braucht, wenn es auf eine lange Reise ausgeht. Er muss sich eine Kiste mit Tee, einen kleinen Vorrat wohlverwahrter Leckerbissen, Arzneien, außerdem Flinten, Pulver, Kugeln mitnehmen, um, wenn nötig, auch verschiedene Kämpfe gehörig bestehen zu können. Er muss Leute haben, die ihm diese mannigfachen Gegenstände transportieren, und da das Höchste, was ein einzelner Mann tragen kann, nur 70 Pfund ist, so braucht man, um 11 000 Pfund zu transportieren, gegen 160 Leute.

      Was für eine schwere Arbeit ist es aber für einen Einzelnen, eine solche Expedition in Bewegung zu setzen! Wenn der Tag vorüber und ich durch die Glühhitze einer unbarmherzigen Sonne von Laden zu Laden geeilt war, mich mit viel Ausdauer und Geduld für das Feilschen mit dem dunklen Hindu gerüstet, allen Mut und Witz zusammengenommen hatte, um den schurkischen Goanesen einzuschüchtern und dem listigen Banyanen ein Paroli zu bieten; wenn ich den Tag über ganze Bände zusammengesprochen, Abschätzungen korrigiert, Rechnungen gemacht, die Ablieferung von gekauften Gegenständen überwacht und sie gemessen und gewogen hatte, um zu sehen, dass sie vollgewichtig seien; wenn ich endlich die Aufsicht über Farquhar und Shaw geführt hatte, welche Eselsättel, Segel, Zelte, Boote für die Expedition machten – dann fühlte ich wohl, dass Körper und Geist der Ruhe bedurften. So mühte ich mich, ohne Unterlass, einen ganzen Monat ab.

      Nachdem ich Tratten auf Herrn James Gordon Bennett im Betrag von mehreren Tausend Dollars für Zeuge, Perlen, Draht, Esel und tausend andere Bedürfnisse verhandelt, die weiße und schwarze Begleitung meiner Expedition besoldet, Kapitän Webb und seine Familie mehr als genug mit dem Lärm der Vorbereitung belästigt und sein Haus mit meinen Gütern angefüllt hatte, blieb mir nichts übrig, als formell von den Europäern Abschied zu nehmen und dem Sultan und den Herren, die mir beigestanden hatten, ehe ich mich nach Bagamoyo einschiffte, zu danken.

      Ein seit langer Zeit in Sansibar lebender amerikanischer Kaufmann, Herr Goodhue von Salem, schenkte mir, als ich ihm Adieu sagte, ein edles kastanienbraunes Pferd, das vom Kap der Guten Hoffnung importiert und in Sansibar mindestens 500 Dollars wert war.

      Am 4. Februar, 28 Tage nach meiner Ankunft in Sansibar, war die Expedition des »New York Herald« vollständig ausgerüstet und organisiert; die Zelte und Sättel waren fabriziert, die Boote und Segel fertig. Die Esel schrien und die Pferde wieherten ungeduldig nach der Reise.

      Die Etikette verlangte, dass ich noch einmal meine Karte bei den europäischen und amerikanischen Konsuln in Sansibar abgab und jedermann Adieu sagte.

      Am 5. ankerten vier Dhauen vor dem amerikanischen Konsulat; in eine derselben wurden meine zwei Pferde gebracht, in zwei andere die Esel, in die vierte, welche die größte war, die schwarze Begleitung und die viel Raum einnehmenden Tauschwerte der Expedition.

      Als ich eben den Befehl zur Abfahrt erteilen wollte, fehlten die beiden Weißen, Farquhar und Shaw. Nach eifriger Nachforschung fand man sie irgendwo in den Schenken, in Gesellschaft von etwa einem Dutzend guter Kameraden. Dort hielten sie Reden über die Größe der Kunst, Afrika zu erforschen, und suchten sich vermittelst des Branntweins die schrecklichen Vorahnungen abzuwehren, welche sich ihnen heimtückisch hin und wieder aufdrängten und ihnen warnend zuraunten: es könne doch in den neuen Ländern, die sie kennenlernen sollten, trotz aller Romantik, mit der die Phantasie dieselben ausstatte, etwas stecken, was … nun was … –

      »Kerls, macht, dass ihr sofort in die Dhauen kommt! Das ist ein schlechter Anfang, nachdem ihr eure Kontrakte unterzeichnet habt«, sagte ich, als ich sie in Gesellschaft von Bombay und vier bis fünf Mann von der neu angeworbenen Eskorte zum Ufer wanken sah.

      »Bitte, Herr, darf – darf – darf ich Sie wohl fragen, glauben Sie, dass ich ganz richtig gehandelt habe, als ich Ihnen versprach, Sie nach Afrika zu begleiten?«, fragte Shaw in zögerndem und bewegtem Ton.

      »Habt ihr nicht vorausbezahlt bekommen? Habt ihr nicht den Kontrakt unterzeichnet?«, fragte ich. »Und jetzt wollt ihr euch zurückziehen? Macht, dass ihr ins Boot kommt, rasch! Jetzt sind wir alle daran gebunden und müssen zusammen schwimmen oder untergehen, leben oder sterben. Keiner darf sich seiner Pflicht entziehen!«

      Kurz vor 12 Uhr segelten wir ab. Die amerikanische Flagge, ein Geschenk der gütigen Frau Webb an die Expedition, wurde am Mast gehisst; der Konsul, seine Frau und seine prächtigen Kinderchen Mary und Charley befanden sich auf dem Dach ihres Hauses und schwenkten das Sternenbanner sowie Hüte und Taschentücher mir und den Meinigen als Abschiedsgruß zu.

      Langsam entzog sich die Insel Sansibar mit ihren Hainen von Kokospalmen und Mangobäumen, von Gewürznelken und Zimmetstauden und den gleichsam Schildwache haltenden Inselchen Tschumbi und French, mit ihrer weiß getünchten Stadt und ihren Düften von Johannisbrot, mit ihrem Hafen und den Seeschiffen unserem Blick, und im Westen erhob sich der afrikanische Kontinent, ein in Grün gehülltes Gestade, das dem ähnlich ist, welches zurückweichend sich jetzt in eine bloße sich über dem Horizont hinschlängelnde Linie verwandelt hat, und erschien in nördlicher Richtung als hohe Bergkette. Die Entfernung von Sansibar nach Bagamoyo ist ungefähr 25 englische Meilen, aber

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