Der Herr der Welt. Robert Hugh Benson
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»Er war übrigens durchaus aufrichtig«, erklärte Percy. »Vor acht Monaten schon sagte er mir von seinen Schwierigkeiten.«
Father Blackmore zog bedächtig an seiner Pfeife.
»Father Franklin«, begann er dann, »die Dinge liegen wirklich sehr ernst. Es ist dieselbe Geschichte, wo man nur hinblickt. Was in aller Welt geht denn eigentlich vor?«
Percy sann ein wenig nach, ehe er antwortete: »Ich glaube, es wird zu einem Sturm kommen«, erwiderte er.
»Einen Sturm, meinen Sie?«, fragte der andere.
»Was sonst?«
Father Blackmore sah ihn gespannt an.
»Mir scheint es, als ob wir uns in einer Windstille befänden«, sagte er. »Haben Sie sich je in einem Taifun befunden?«
Percy schüttelte den Kopf.
»Nun«, fuhr der andere fort, »das Verhängnisvollste dabei ist die Ruhe. Die See ist wie Öl, man fühlt sich halb tot, kann nichts tun, und dann bricht der Sturm los.«
Percy blickte überrascht auf. Nie zuvor hatte er bei dem Priester eine derartige Ansicht wahrgenommen.
»Jeder Katastrophe geht diese Ruhe voraus. In der Geschichte war es immer so. Es war so vor dem Krieg im Osten, es war so vor der Französischen Revolution. Auch vor der Reformation war es so. Es ist da eine Art Gärung, und alles ist erschlafft. So war es allenthalben auch in Amerika während mehr als achtzig Jahren … Father Franklin, ich glaube, dass sich etwas vorbereitet.«
»Sprechen Sie«, sagte Percy, indem er sich vorwärts beugte.
»Nun, ich sah Templeton eine Woche, bevor er starb, und er setzte mir diese Idee in den Kopf. Sehen Sie, Father, es mag sein, dass die Geschichte mit dem Osten über uns hereinbricht, aber andererseits glaube ich es auch wieder nicht. Auf religiösem Gebiet wird etwas geschehen. Wenigstens bin ich dieser Meinung … Father, für wen halten Sie Felsenburgh?«
Percy war so verblüfft über die unerwartete Nennung dieses Namens, dass er einen Augenblick sprachlos vor sich hinstarrte.
Es war draußen eine stille Sommernacht. Von der zwanzig Yards vom Haus entfernt laufenden Untergrundbahn her machte sich ab und zu ein schwaches Zittern bemerkbar; im Übrigen herrschte in den umliegenden Straßen vollkommene Ruhe.
Manchmal drang von ferne her ein Geheul, als ob irgendein unheilverkündender Zugvogel zwischen London und den Sternen kreuzte; manchmal erscholl aus der Richtung des Flusses her der hohe, schrille Schrei eines weiblichen Wesens. Sonst vernahm man nur das einförmige, schwache Summen, welches nunmehr weder bei Tag noch bei Nacht zur Ruhe kam.
»Ja, Felsenburgh«, wiederholte Father Blackmore noch einmal. »Ich kann diesen Mann nicht mehr aus meinem Kopf bringen. Und doch, was weiß ich von ihm? Wer weiß denn überhaupt etwas von ihm?«
Percy war im Begriff zu antworten, bemühte sich aber, sein pochendes Herz zu beruhigen. Er konnte nicht begreifen, weshalb er sich so erregt fühlte. Und schließlich, wer war denn auch dieser alte Blackmore, dass er ihm auf einmal Furcht einjagte? Aber bevor er noch sprechen konnte, fuhr Blackmore fort: »Sehen Sie, wie das Volk sich von der Kirche lossagt! Die Wargraves, die Hendersons, Sir James Bartlet, Lady Magnier und so viele andere. Nun kann man aber nicht sagen, dass alle diese Menschen charakterlos seien — ich wollte, sie wären es; es ließe sich leichter darüber reden. Und vergangenen Monat Sir James Bartlet! Da haben Sie einen Mann, der sein halbes Vermögen für kirchliche Zwecke hergegeben hat, und auch jetzt noch bedauert er es nicht. Er gibt zu, dass es immerhin besser ist, irgendeine Religion zu haben, als gar keine, aber so weit es auf ihn ankomme, könne er nicht länger an eine solche glauben. Was hat nun alles das zu bedeuten? Ich sage Ihnen, etwas bereitet sich vor. Gott weiß was! Und ich kann dabei diesen Felsenburgh nicht aus dem Kopfe bringen … Father Franklin —« »Ja?«
»Haben Sie bemerkt, wie wenig hervorragende Männer wir haben? Es ist nicht mehr, wie vor fünfzig oder selbst wie vor dreißig Jahren. Damals hatten wir Mason, Selborne, Sherbrook und ein halbes Dutzend anderer. Da gab es auch noch einen Brightman als Erzbischof, — und jetzt! Und dann die Kommunisten! Braithwaite ist seit fünfzehn Jahren tot. Gewiss, er war kein unbedeutender Mann, aber er sprach immer nur von der Zukunft, nie von der Gegenwart, und nun sagen Sie mir, welchen hervorragenden Mann haben wir seitdem aufzuweisen? Und da kommt dieser Neuling, den niemand kennt, der vor wenigen Monaten in Amerika auftauchte, und dessen Name bereits in jedermanns Munde ist. Nun gut, also!«
Percy runzelte die Stirn.
»Ich kann nicht behaupten, dass ich es verstehe«, sagte er.
Father Blackmore klopfte seine Pfeife aus, bevor er antwortete.
»Well«, sagte er, indem er aufstand, »ich kann mir nicht helfen, aber ich glaube, Felsenburgh ist im Begriffe, etwas zu unternehmen. Was es ist, weiß ich nicht; es kann etwas für uns sein, oder gegen uns. Aber er ist Freimaurer, vergessen Sie das nicht … Hm, mag auch sein, dass ich ein alter Narr bin. Gute Nacht!« —
»Einen Augenblick, Father«, sagte Percy langsam. »Meinen Sie —? Guter Gott! Sprechen Sie, was meinen Sie?« Er zögerte und blickte sein Gegenüber an.
Der alte Geistliche antwortete nur mit einem Blick unter den buschigen Augenbrauen hervor; es schien Percy, als ob auch jener, trotz seines leichten Plaudertones, von Furcht vor einem unbestimmten Etwas erfüllt wäre. Aber kein äußeres Anzeichen deutete darauf hin.
Percy stand regungslos da, auch nachdem sich die Türe bereits geschlossen hatte. Dann schritt er nach seinem Betschemel hinüber.
1 Kneifer, Zwicker <<<
2 Als Francs-tireurs bzw. Franktireur wurden die während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 aufgestellten französischen Freikorps bezeichnet. Auch während des Ersten und Zweiten Weltkriegs wurden französische und belgische Partisanen als Francs-tireurs bezeichnet.