Letzte Fahrt. Robert Falcon Scott
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Sonntag, 5. Februar. Ecklager. Gestern Nachmittag um 4überfiel uns ein Orkan, der noch jetzt unser kleines schwaches Zelt tüchtig hin und her rüttelt. Auch er wird vorübergehen, aber man denkt dabei an all das, was über die Dauer der Orkane in der Nähe des Kap Crozier berichtet wird. Wir schlafen und essen und unterhalten uns in den Zwischenpausen so gut wie möglich.
Je mehr ich über unsere Ausrüstung nachdenke, desto überzeugter bin ich, dass sie für zivilisierte Leute in unserer Lage nicht vollkommener sein kann. Die Grenzlinie zwischen Notwendigem und Luxus ist zwar recht undeutlich gezogen, und wir hätten auf Kosten unserer Behaglichkeit wohl etwas Gepäck ersparen können.
Auch könnte man sagen, wir hätten zu viel Lebensmittel mitgenommen, nämlich pro Mann täglich 900 Gramm. Aber ich erinnere mich zu deutlich der großen Schwäche, die uns im Jahre 1903 infolge des Hungers überfiel, als wir vier bis fünf Wochen hindurch von nur 630 Gramm täglich leben mussten und von Tag zu Tag mehr abfielen.
Mittwoch, 8. Februar. Lager 7; 78° 13’ südlicher Breite. Fünfundsiebzig Stunden hat der Orkan geweht und unsere Geduld auf eine schreckliche Probe gestellt! Die Schneewehen um das Lager herum waren sehr hoch, und die Schlitten mussten gestern geradezu ausgegraben werden. Außerhalb des Zeltes konnte man sich kaum aufhalten; aber die Ponys mussten gefüttert und die Hunde versorgt werden, und bei uns gibt es keine Drückeberger. Im Übrigen bestand unsere Tagesordnung aus Essen und Schlafen, Schlafen und Essen – merkwürdig, wie viel man schlafen kann!
Gestern Nachmittag erst legte sich der Sturm, die Sonne kam wieder hervor und bald war der ganze südliche Himmel wolkenlos. Die Ponys hat der Orkan sehr angegriffen, das merkten wir auf unserem heutigen Nachtmarsch, der jetzt geradewegs südwärts führte. Vermutlich haben sie zu wenig geschlafen; alle sehen stumpfsinnig aus, und zwei oder drei sind sichtlich magerer geworden. Bei gutem Extrafutter werden sich die Tiere hoffentlich wieder erholen, aber weitere Orkane werden sie schwerlich aushalten. Ich fürchte, wir werden nicht allzu weit kommen, müssen aber auf jeden Fall die Mehrzahl der Ponys am Leben erhalten. Den Hunden geht es gut; sie haben sich während des Orkans unter dem Schnee zusammengerollt und kamen zu den Mahlzeiten aus dampfend warmen Höhlen heraus, für sie war der Sturm nur eine angenehme Ruhepause.
Freitag, 10. Februar. Lager 9. Unsere Gesellschaft macht sich wieder heraus: vorgestern 19, gestern 20, heute 22 Kilometer bei guter Oberfläche und teilweise sonnigem Wetter. Allmählich lernt man, wie wir die Sache im nächsten Jahr anfangen müssen, wenn die Ponys aushalten. Wenn –!
Abends 9 Uhr kriechen wir aus unseren Schlafsäcken. Gegen ½ 12 brülle ich Oates, dem »Soldaten«, zu: »Wie steht’s draußen?« Die Antwort lautet, alles sei bereit, und nun hantieren eilfertige Gestalten zwischen Schlitten und Ponys – eine kalte Arbeit für die Finger und auch keine warme für die Füße. Den Tieren werden die Decken abgenommen und die Geschirre angelegt, Zelte und Lagereinrichtung auf die Schlitten geladen. Futterbeutel für die nächste Rast gefüllt und den Ponys die Schlitten angehängt. Wer zuerst fertig ist, wird beim Warten auf die Übrigen leicht ungeduldig. Wilson und Meares gehen umher, überall hilfreich Hand anlegend.
Aber noch immer geht es nicht los! Die Stricke müssen eingesammelt, die Riemen einiger Ponys zurechtgerückt werden und einige aus der Gesellschaft haben sich beim Zusammenpacken ihres Zeltes verspätet. Mit erstarrten Fingern hält man den Zügel seines Pferdes, das seinen Kopf vom Wind wegdreht, und hier und da knurrt einer.
Endlich heißt es: »Fertig; Bowers voran!«, und »Birdie« (Vögelchen), wie sein Spitzname lautet, führt sein großes Tier vorwärts, immer gleichmäßigen Schritts. Auch die Pferde sind kalt geworden, und sobald das Kommando ertönt, ziehen sie los, einige sogar so stürmisch, dass ihre Begleiter kaum Schritt halten können, denn die Finnenschuhe fassen auf den schlüpfrigen Sastrugi* schlecht. Bewegung erwärmt, und in zehn Minuten hat sich die ganze Kolonne in ein gleichmäßiges Tempo einmarschiert.
Im Anfang geht es noch lebhaft; die Beleuchtung ist schlecht, dann und wann tritt einer auf eine schlüpfrige Stelle und fällt hin. Das sind die einzigen wirklichen Ereignisse auf dem Marsch – im Übrigen vergeht er in gleichmäßigem Dahintrotten bei geringfügiger Veränderung der Oberflächengestalt. Die schwächeren Ponys bleiben ein wenig zurück, kommen aber, wenn Rast gehalten wird, bald wieder in Marschlinie.
Wenn wir den halben Marsch hinter uns haben, gebe ich auf meiner Signalpfeife ein Zeichen. Dann wendet Bowers ein wenig nach links, seine Zeltkameraden gehen jeder einige Schritte weiter rechts, um die nötige Entfernung zwischen den Ponys einzuhalten; Oates und ich machen hinter Bowers und Evans halt, die beiden anderen Schlitten unserer Abteilung hinter Bowers’ beiden anderen. So ist die Lagerformation fertig. Die Seile zum Festmachen werden im rechten Winkel quer über unseren Weg gezogen und an den beiden Schlitten an jedem Ende befestigt. In wenigen Minuten sind die Ponys festgebunden und zugedeckt, die Zelte aufgeschlagen und die Kochapparate angezündet.
Inzwischen haben die Hundelenker nach langer kalter Wartezeit im alten Lager den letzten Schlitten gepackt und kommen auf unserer Spur angetrabt. Sie möchten möglichst gleich hinter uns ankommen, und meist gelingt es ihnen auch.
Die Rast dauert eine bis anderthalb Stunden, dann geht es weiter. Das Nachtlager wird gewöhnlich gegen 8 Uhr aufgeschlagen und nach anderthalb Stunden stecken die meisten von uns schon im Schlafsack.
Während des langen Aufenthalts am Tage bauen wir Schneewälle für die Ponys, versorgen sie mit Decken und tun für sie, was nur irgend möglich ist. Damit ist einstweilen unsere Tagesordnung erschöpft.
Sonntag, 12. Februar. Lager 11. Die Oberfläche ist so schlecht geworden, dass Evans, Forde und Keohane mit ihren drei schwachen Ponys zurückgehen müssen! Wir kommen mit solchen Nachzüglern nicht vorwärts; gestern 20, heute nur 18 Kilometer. Dabei haben wir im Lager 7 zwei Ballen Pressheu deponiert und lassen im heutigen wieder einen Ballen zurück. Wir müssen unbedingt sehen, so weit wie möglich an den 80. Breitengrad heranzukommen. Wir sind jetzt in der Nähe des 79. Grades; dieser Ort soll »Blufflager« heißen.
Der Himmel war den ganzen Tag überzogen; im Süden sieht es bedenklich nach Schnee aus und einen Kurs zu steuern ist fast unmöglich.
Montag, 13. Februar. Lager 12. Wir haben wirklich Pech! Schon wieder liegen wir im Zelt, von einem Schneesturm festgehalten, nachdem wir heute nur 17 Kilometer weiter gekommen sind. Vorübergehend hellte es sich auf und wir konnten wenigstens eine genaue Peilung vornehmen mithilfe der Südecke des Bluff, die in einer Linie mit dem Mount Discovery lag, während sich die Weiße Insel ziemlich klar gegen den östlichen Abhang des Mount Erebus abhob. Wilson mit den Hunden ist noch nicht da; er hat im vorigen Lager erst den Aufbruch der Zurückkehrenden abwarten wollen. Wenn er nur überhaupt hat marschieren können.
Dienstag, 14. Februar. Lager 13. Wieder ein Tag voller Enttäuschungen! Das Wetter hatte sich aufgeklärt, die Nacht war schön, wenn auch kalt, die Temperatur ziemlich weit unter -18 Grad Celsius, und aus Südwesten wehte es scharf, wie überhaupt alle Winde aus dieser Richtung kommen; dadurch bekommen auch die Sastrugi eine deutliche Richtung nach Südwesten. Infolge des Orkans lag der Schnee in sandartigen Haufen und die Ponys sanken oft bis über das Sprunggelenk ein. Gran musste mit seinem »müden Willy« als Nachhut zurückbleiben. Als ich aber dann Oates über die zurückzulegende Entfernung zurate zog, meinte er ganz vergnügt: 27 Kilometer am Tag! Das reizte mich ein wenig und ich marschierte drauflos, bis der Geschwindigkeitsmesser meines Schlittens fast 13 Kilometer anzeigte. Inzwischen war aber der »müde Willy« wohl anderthalb Kilometer weit zurückgeblieben und die Hundegespanne näherten sich.
Freitag, 17. Februar. Lager 15, Ein-Tonnen-Lager; 79° 28 ½’ südlicher Breite. Die Ponys können