Letzte Fahrt. Robert Falcon Scott

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Letzte Fahrt - Robert Falcon  Scott Edition Erdmann

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      Abschied von der »Terra Nova«

      Sonnabend, 21. Januar 1911. Die Sorge um das Schiff ließ mich nicht ruhen, und als ich während der Nacht die Hütte verließ, um Ausschau zu halten, sah ich gleich, dass es sich in der übelsten Lage befand. Bei anschwellendem Wind und nördlicher Dünung begann das Eis aufzubrechen und die »Terra Nova« war völlig dem Wind ausgesetzt. Zum Glück hielten noch einige der Eisanker, und die Mannschaft war dabei, sie anderswo zu befestigen. Pennell hatte anheizen lassen und ich weckte unsere Leute zur Hilfe. Um 6 war Dampf auf und ich sah mit Freude, dass das Schiff sich windwärts bewegte, das Sammeln der Eisanker und Taue uns überlassend. Es hielt nach Westen ab und fast unmittelbar hinterher trieb ein großer Eisberg heran und geriet an der Stelle, wo es noch eben gelegen hatte, auf Grund.

      Nachmittags kehrte das Schiff an den nördlichen Eisrand zurück. Der Wind war noch immer stark und längs des Randes schwamm überall loses Eis; meine Leute liefen mit den Eisankern hin und ich sah das Schiff wieder westwärts gehen.

      Als ich aber nachher auf das Eisfeld hinausging, erhielt ich die erschreckende Nachricht, die »Terra Nova« sei auf Grund geraten! Ich eilte mit Evans zum Vorgebirge und sah nun, dass die Nachricht nur allzu richtig war. Das Schiff saß gründlich fest und schien in sehr bedenklicher Lage zu sein. Wie ich hinterher hörte, wollte es hinter den Eisberg steuern und war dabei plötzlich aufgerannt, obgleich Penneil schon eine Weile die Maschine hatte rückwärts arbeiten lassen.

      Ich sandte Evans zum Sondieren im Walfischboot hinaus, ließ die Eisanker wieder einsammeln und beobachtete mit größter Aufregung jede Bewegung unseres Schiffes. Wenn es zugrunde ging oder nicht mehr nach Neuseeland zurückkehren konnte und hier sechzig Menschen vergebens auf Erlösung warteten – Vorstellungen dieser Art zermarterten mein Gehirn, und der einzige Trost, den ich aus diesen Schreckbildern der Fantasie ziehen konnte, war der feste Vorsatz, mein Ziel trotz alledem zu erreichen und mich in meiner Aufgabe durch nichts irremachen zu lassen.

      An Bord rannte alles hastig hin und her; die Ladung wurde achtern umgestaut, und da das Schiff während der Flutzeit aufgerannt war, fand ich mich schon mit dem Gedanken ab, die ganze Ladung mithilfe von Booten löschen zu müssen, um es wieder flott zu machen – eine niederschmetternde Aussicht.

      Da begann sich das Schiff langsam zu drehen. Man sah die Matrosen von der einen Seite zur anderen laufen, um es abzubringen, und durch das Seitwärtsrollen verstärkte sich auch die Drehbewegung. Aber dann saß es wieder fest. Bange Minuten vergingen – die Maschine arbeitete immerfort rückwärts und endlich wurde eine leichte Bewegung bemerkbar. Ein Hurra an Bord und ein noch lauteres aus dem Walfischboot – die »Terra Nova«, an deren glücklicher Heimkehr unser aller Schicksal hing, war wieder flott!

      Jetzt liegt sie sicher verankert am Rand des nördlichen Eises und die Mannschaft ruht von der übergroßen Anstrengung, die sie mit bewundernswerter Ausdauer und Geduld geleistet hat, vom Offizier bis zu jedem Matrosen, Pennells gar nicht zu gedenken, und es macht mich wahrhaft stolz, der selbstlosen, treuen Hilfe all dieser Tapferen hier danken zu können.

      Montag, 23. Januar. Gestern war ein überaus friedlicher Tag, den wir zur Vollendung unserer Ausrüstung und Instandsetzung unserer Kleidung alle fleißig nähend zubrachten. Aber solche Idyllen dauern hierorts nicht lange. Als ich heute früh um 5 bei schönstem windstillem Wetter aufstand, sah ich zu meinem Erstaunen, dass sich zwischen Land und Buchteis eine Wasserrinne geöffnet hatte und das Buchteis Miene machte, als feste Masse ins Meer hinauszutreiben. Auf dem Schiff hatte man das natürlich auch bemerkt; man machte die Eisanker los, sandte ein Boot an Land und ging in See, um mit dem Schleppnetz zu fischen. Bald darauf aber brachte Meares die Nachricht, auch das Eis der südlichen Bucht gerate ins Treiben! Das stellte sich zwar bei näherem Zusehen als Übertreibung heraus, aber ein ungeheures Stück des Eisfeldes hatte sich doch schon vom Land gelöst. Immerhin zog es sich noch etwa 4 Kilometer weit längs der Klippen unseres Vorgebirges hin und wir entdeckten bei dieser Gelegenheit auch einen Weg, auf dem die Ponys auf das Eis hinuntergelangen konnten. Aber nur die Ponys, nicht auch das Gepäck! Dieses muss uns die »Terra Nova« zur Gletscherzunge bringen.

      Als ich mir darüber klar geworden war, wurde Hand angelegt und alles ging mit Dampf. Sämtliche Schlitten, unsere ganze Ausrüstung, selbst die Hunde mit den Ponygeschirren wurden auf das Schiff gebracht, und nur die Ponys sollen schon morgen versuchen, auf der Südstraße zur Gletscherzunge zu gelangen. Dort werden sie dann wieder beladen und wir beginnen mit dem Marsch zur Hüttenspitze unsere Depotreise. Zu warten, bis alles Eis hinaustreibt und dem Schiff gestattet, bis zur Hüttenspitze vorzudringen – diese lange Ungewissheit und mögliche Verzögerung können wir nicht riskieren. Ich bete zu Gott, dass sich die Ponystraße noch die wenigen Stunden über halten möge!

      Dienstag, 24. Januar. Fast die ganze Nacht durch wurde in der Hütte fleißig gearbeitet und um 9 Uhr brachen wir auf. Ein Boot der »Terra Nova« holte die Westabteilung und mich ab, als eben die Ponys aus dem Stall geführt wurden und Meares und Wilson schon vorausgingen, um den Pfad zu untersuchen. An Bord musste ich zunächst Lühes Ausbeute an Seetieren auf dem gestrigen Fang bewundern: große Mengen Schwämme, Isopoden, Pentapoden, mächtige Krabben, Korallen und so weiter – aber die pièce de résistance waren mehrere Eimer voll Cephalodiscus, von dem bisher nur sieben Exemplare gefangen worden waren. Lillie ist überglücklich und meint, dieser Fang allein müsse schon das ganze Unternehmen bezahlt machen.

      Während des Vormittags steuerten wir an der Küste der Ross-Insel entlang und loteten im Norden und Westen des kleinen Inaccessible Island 55 bis 73 Meter Tiefe. Durch unser Fernrohr konnten wir die lange Reihe der Ponys auf dem Meereis gleichmäßig vorrücken sehen, und sobald sie schon ziemlich weit gekommen waren, dampften auch wir zur Gletscherzunge hin. Das offene Wasser reichte gerade noch um die Ecke herum und die »Terra Nova« legte in dem engen Winkel an, den das Eis mit dem Gletscher bildete, wobei ihre Backbordseite sich in gleicher Höhe mit der Gletscheroberfläche befand.

      Ich ging hinüber, um die Ponys zu erwarten, die auch ohne viel Schwierigkeit an den Gletscher herankamen, ihn überschritten und dann neben dem Schiff auf dem Meereis angepflockt wurden. Campbell untersuchte derweil eine Spalte, die sich auf dem Eis der südlichen Bucht hinzog und sich als unüberschreitbar herausstellte. Er musste deshalb einen anderen Weg über den Gletscher ausfindig machen, bis er über die Spalte hinaus war, und steckte diesen mit Pflöcken ab. Den Ponys wurde alles Gepäck abgenommen, sie sollten nun diesen spaltenlosen Weg entlanggeführt werden. Alles ging gut, bis die Tiere auf das Niveau des Eisfeldes hinunterkamen und Oates sie über eine alte, zugeschneite Spalte leitete. Sein Pony und das nächste kamen hinüber, das dritte aber machte einen Sprung nach dem Rand hin und sank mitten in der Spalte bis an den Bauch ein. Alle Anstrengungen, die es machte, brachten es nur noch tiefer hinunter, bis schließlich nur noch sein Kopf und die Vorderbeine aus dem Eisschlamm hervorsahen. Wir legten mit beträchtlicher Mühe Kopf und Beine in Seilschlingen und zogen alle Mann das arme Tier wieder heraus; es sah nach dieser Prozedur sehr schwach und elend aus und zitterte vor Schreck am ganzen Leib.

      Doch schließlich waren sie alle glücklich auf das Eisfeld heruntergekommen. Wir gaben ihnen ein wenig zu fressen, packten ihnen ihre Lasten wieder auf und ließen sie dann weiterziehen. Inzwischen kamen die Hunde an die Reihe und verursachten uns viel Ärger. Da ihre Last leicht war, stürmten sie über alles hinweg und waren kaum zu halten; Wilson und ich lenkten ein Gespann, Evans und Meares das andere, und es war ein wahres Wunder, dass wir alle unversehrt das Eisfeld erreichten. Wilson hält sehr viel von den Hunden, aber ich zweifle, dass sie sich gut machen werden. Dagegen arbeiten die Ponys mit außerordentlicher Sicherheit, marschieren flott und munter und folgen einander auf dem Fuß. Sie haben nur einen Nachteil, dass sie im weichen Schnee leicht einsinken und schon da durchbrechen, wo ein Menschenfuß kaum einen Eindruck auf die Oberfläche macht. Zwar arbeiten sie sich wieder mutig heraus, aber es gehört eine immense Geduld dazu, sie vor solchen Unfällen zu behüten.

      Dann

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