Letzte Fahrt. Robert Falcon Scott

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Letzte Fahrt - Robert Falcon  Scott Edition Erdmann

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mit herzlicher Freude erkannte ich sie wieder. Es mutete so heimatlich an, die von der Fahrt der »Discovery« so vertrauten Schauplätze wiederzusehen. Am Ende sind wir auf dieser Seite der Ross-Insel doch besser aufgehoben! Kap Royds ist nur noch 9 Kilometer entfernt – dort müssen wir hin!

      4 Uhr nachmittags. Diese Fahrt ist voller Überraschungen! Früh um 6 kamen wir 5 Kilometer nördlich von Kap Royds durch das letzte Packeis der Meerenge und steuerten nach dem Kap hin, in der festen Erwartung, den Rand des Packeises westwärts von ihm zu finden. Zu unserem größten Erstaunen fuhren wir aber über das Kap hinaus in freiem Fahrwasser, das nur stellenweise dünnen Eisschlamm führte. So ging es an Kap Royds, dann an Kap Barne vorüber, an der Südseite des Gletschers entlang, schließlich um Inaccessible Island herum und darüber hinaus noch gut 4 Kilometer südlicher; ja wir hätten noch weiter fahren können, aber dann schien der Eisschlamm dicker zu werden, und außer Kap Armitage, der noch 22 Kilometer entfernten äußersten Südspitze der Ross-Insel, auf deren kleiner Landzunge »Hut Point« (Hüttenspitze) ehemals die Hütte der Discovery-Expedition stand, gab es hier keinen Ort, der zum Überwintern geeignet gewesen wäre. Niemals habe ich das Eis dieser Meerenge so harmlos gesehen und das Land so frei von Schnee. Offenbar war der letzte Sommer ungewöhnlich warm und wir hatten nunmehr eine sehr reiche Auswahl bei der Entscheidung über unser Winterquartier. Wir konnten auf einer der kleinen Inseln landen, an der Gletscherzunge, am Festland, überhaupt überall, ausgenommen an der Hüttenspitze. Ich wünschte vor allem einen Platz, an dem wir nicht leicht von der Eisbarriere abgeschnitten werden konnten, und meine Wahl fiel auf ein Vorgebirge etwas hinter uns, das wir das »Raubmöwenheim« zu nennen pflegten. Es war von der alten Discoverystation durch zwei tiefe Meeresbuchten auf beiden Seiten der Gletscherzunge getrennt, die voraussichtlich bis spät in den Sommer hinein zugefroren blieben und deren Eis außerdem, wenn sie einmal zufroren, bald fest zu werden versprach.

      Ich berief eine Ratsversammlung und unterbreitete ihr meine Vorschläge: entweder zur Gletscherzunge vordringen und dort überwintern – oder westwärts nach dem »Grabsteineis« und an der Nordseite des »Raubmöwenheims« einen Weg zu einem einladenden Platz bahnen. Ich war für das Letztere, und nach einer gründlichen Diskussion stimmten alle meinem Vorschlag zu. Wir wendeten also, fuhren dicht am Land um Inaccessible Island herum und steuerten in voller Fahrt nach dem festen Eis quer vor dem genannten Kap.

      Ungefähr 3 Kilometer vom Ufer stieß das Schiff auf hartes Buchteis, das eine Straße nach dem Kap und eine haltbare Oberfläche zum Ausschiffen unserer Vorräte bot. Hier machten wir uns mit Eisankern fest und Wilson, Evans und ich gingen zum Kap, das ich zunächst, unserem trefflichen Kommandanten zu Ehren, in Kap Evans umtaufte. Ein Blick auf das nahe Land zeigte einen idealen Platz für unsere Winterstation. Das Gestein dieses Vorgebirges besteht vorwiegend aus stark verwittertem Olivinkenyt, und die Zersetzung hat große Mengen groben Sandes gebildet. Ein nach Nordwest gelegener Strand, der im Rücken durch zahlreiche Hügel geschützt war, schien alle Vorzüge für eine Winterstation in sich zu vereinigen und diesen Platz wählten wir deshalb zur Errichtung unseres Hauses.

      Nach langem Grollen hat uns Fortuna mit ihrem freundlichsten Lächeln beglückt! Seit vierundzwanzig Stunden haben wir Windstille mit glänzendem Sonnenschein, können uns daher in dieser Gegend der Welt nicht gut behaglicher fühlen. Der warme Sonnenglanz, verbunden mit der scharfen Kälte der Luft, hat etwas ungemein Stärkendes, während das goldene Licht auf dieser wundervollen Berg- und Eislandschaft auch die höchste Anforderung an Großartigkeit der Szenerie befriedigt. Ponting, unser Fotograf, ist ganz hingerissen und gebraucht Ausdrücke, die überall anderswo hochgradig überspannt genannt werden müssten, und mir fehlen die Worte, um das Ergreifende dieses wundervollen Panoramas, das sich vor unseren Augen entfaltet, auch nur anzudeuten.

      Die Landung an Kap Evans

      Während wir am Ufer von Kap Evans waren, begann Campbell schon mit der Ausschiffung. Zuerst wurden zwei Motorschlitten hervorgeholt und standen bald blitzsauber und tadellos auf dem Eis; das Seewasser, das bei dem stürmischen Seegang auf der Herfahrt oft tonnenweise über ihre Kisten spülte, hatte ihnen also nichts geschadet. Dann kam die Reihe an die Ponys, die in Kästen von der Höhe des Schiffs herunterbugsiert wurden. Manche ließen sich nur durch freundliches Zureden oder durch die starken Arme der Matrosen in die Gestelle hineinbringen und begannen sogar zu bocken, so mager und kraftlos sie auch aussahen. Von dem Augenblick an, wo sie Schnee unter den Füßen spürten, schienen sie wieder aufzuleben. Welch ein Genuss muss es für sie sein, sich endlich wieder niederlegen oder aneinander reiben zu können; sie haben gewiss all die Wochen über an qualvollem Hautreiz gelitten, ohne sich helfen zu können, und sind nun eifrig dabei, durch gegenseitiges Benagen ihrer Flanken sich die so lange entbehrten Liebesdienste zu erweisen. Und auch ich atmete wie nach einem langen Albdruck wieder auf, als ich sie alle siebzehn auf dem Eisfeld angepflockt sah.

      Die Hunde gingen unter Meares’ Führung mit leichten Lasten gleich ins Geschirr, zeigten aber schon am ersten Tag eine Demoralisation, die uns viel Ärger bereitete. Schuld daran waren die maßlos dummen Pinguine, die in Scharen auf unser Eisfeld losschossen. Mit dem Kopf in der Luft hin und her stoßend, watschelten sie heran, voll verzehrender Neugier und stumpfsinniger Gleichgültigkeit gegen die heulenden Hunde, die an ihren Leinen zerrten und zu ihnen hinstrebten.

      »Hallo!«, schienen die Pinguine zu sagen, »das ist lustig, was wollt denn ihr lächerlichen Geschöpfe hier bei uns? Lasst euch mal anschauen!«

      Dann kamen sie näher, und wenn die Hunde, soweit die Leinen nachgaben, auf sie zusprangen, sträubten sie das Gefieder, aber nicht aus Furcht, sondern nur aus Ärger, und in einer Haltung, als ob sie einem unmanierlichen Fremden den Standpunkt klarmachen wollten, schienen sie zu schreien:

      »Oho! Ihr seid ja eine saubere Sorte! Na, da seid ihr aber an die Unrechten gekommen! Wir lassen uns nicht verblüffen! Den Schwindel kennen wir!«

      Noch ein paar Schritte näher – ein Sprung – ein Aufschrei – und ein gräulicher roter Fleck auf dem Schnee ist das Ende. Aber nichts konnte die dummen Vögel abschrecken; scheuchte man sie fort, so duckten sie sich und wichen seitwärts aus, als ob sie sagen wollten: »Was fällt dir ein, alberner Esel? Lass uns in Frieden!«

       Ausschiffung der Ponys

      Sobald ein Opfer am Boden liegt, sammeln sich die Skuamöwen, die auf die Hunde keinen aufreizenden Eindruck machen, und warten, bis die blutige Mahlzeit beendet ist; dann stürzen sie sich schreiend und zankend auf den Rest der Beute. So ging es den ganzen Nachmittag und Meares war außer sich über die Zügellosigkeit seiner Schützlinge. Jetzt, am Abend, liegen sie, an einer langen Kette angebunden, zusammengerollt im Ufersand und scheinen sich recht wohlzufühlen.

      Der ersten Fahrt der Motorschlitten sahen wir natürlich alle mit großer Spannung entgegen. Day lenkte den einen, Nelson den anderen. Ohne einige kleine Unglücksfälle ging es nicht ab, und von einem glatten Erfolg lässt sich noch nicht reden. Aber sie haben schon tüchtige Lasten ans Ufer befördert und ich verspreche mir von ihnen Außerordentliches.

      Welch ein anderer Anblick jetzt ringsum als vor vierundzwanzig oder achtundvierzig Stunden! Der Baugrund für die Hütte ist bereits geebnet; das notwendige Bauholz ist alles am Ufer und die Bauabteilung haust dort ebenfalls schon in unserem großen grünen Zelt mit Lebensmitteln für acht Tage. Die Ponys sind unter der Obhut von Oates und Anton auf einem Schneeabhang angepflockt, damit sie keinen Sand fressen. Um mich herum tönt, während ich dies schreibe, das laute Schnarchen von Männern, die sich von einem anstrengenden Tagewerk

      für das morgige ausruhen, und auch mir fallen die Augen zu, denn ich habe seit achtundvierzig Stunden kaum geschlafen – heute kann ich es, und fröhlich mag ich träumen.

      Donnerstag, 5.

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