Letzte Fahrt. Robert Falcon Scott
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Ponting hat wunderschöne Fotografien aufgenommen und Wilson ebenso entzückende Bilder des Packeises und der Eisberge gemalt. Auch von den Übrigen entpuppen sich Day, Taylor, Debenham und Wright als talentvolle Zeichner.
Donnerstag, 22. Dezember. Die Glücksgöttin scheint uns jede Art Hindernis in den Weg legen zu wollen. Alles ist unverändert, nur haben wir das Feuer ausgehen lassen, obgleich sich Eisberge dem Schiff nähern. Aber wir müssen es darauf ankommen lassen, wie wir ihnen entwischen, wir dürfen keine Kohlen mehr vergeuden. Auch mit den Ponys geht es beständig bergab.
Freitag, 23. Dezember. Gestern Abend gegen 10 Uhr wurde der Wind gelinder, und das Schiff drehte sich um seinen Anker. Die Segel wurden auf dem Fockmast gesetzt, und wir drangen ein paar Hundert Meter nordwärts vor, aber dann war es wieder aus.
Heute Morgen sah ich einen von Wilsons neuen Walfischen von etwa 8 oder 10 Metern Länge. Adeliepinguine begegnen uns in Scharen von zwanzig und mehr; ich erinnere mich nicht, im Packeis je so viele beisammen gesehen zu haben.
Sonntag, 25. Dezember, Weihnachten. 69° 5’ südlicher Breite, 178° 30’ westlicher Länge. Es ist etwas allzu weihnachtlich um uns. Eis umgibt uns, niedrige Regenwolken verdunkeln den Himmel und streuen von Zeit zu Zeit leichte Schneeflocken hernieder. Hier und dort bilden kleine Tümpel offenen Wassers schwarze Schatten, aber leider herrscht dieses Schwarz nur in der Richtung vor, aus der wir gekommen sind, sonst leuchtet überallhin eine einzige weiße Nebelfläche. Wir sind regelrecht gefangen und können weder unter Segel noch unter Dampf einen Schritt vorwärts. Wieder heißt es Geduld und abermals Geduld! Doch sind wir hier wenigstens in ziemlicher Sicherheit. Das Eis ist so dünn, dass sein Pressen uns nichts anhaben kann, und Eisberge sind nur in weiter Ferne zu sehen. Meine feste Absicht war, westwärts zu gehen, weil auf dieser Seite die meisten Durchfahrten liegen, und nie ist ein Schiff in eine so schlimme Lage geraten wie das unsrige. Soll ich nun versuchen, mich ostwärts zu wenden? Es wird wohl nichts anderes übrig bleiben.
Trotz unserer traurigen Lage ist an Bord alles heiter. Die Offiziersmesse ist zur Feier des Weihnachtstages mit bunten Fahnen geschmückt, und heute Morgen war allgemeiner Gottesdienst, wobei die Kirchenlieder kräftig über das Eis schallten. Unser festliches Abendessen bestand aus Tomatensuppe, gedämpfter Pinguinbrust als Vorgericht, Rinderbraten, Plumpudding, kleinen Pasteten, Spargel, dazu Champagner, Portwein und Liköre, ein wahres Festmenü. Fünf Stunden lang hat die Gesellschaft unter fröhlichen Gesängen bei der Tafel gesessen. Die Mannschaft hatte ihr Festmahl mit ungefähr den gleichen Speisen um Mittag, aber mit Bier und etwas Whisky, und sie schien ebenfalls sehr vergnügt dabei zu sein.
Auf dem Eisfeld dicht neben dem Schiff hausen drei Gruppen Pinguine, im Ganzen neununddreißig Vögel; sie müssen daher im Packeis genügend Nahrung finden. Heute Abend beobachtete ich, wie sich eine Skuamöwe auf den Rand einer Scholle niedersetzte, wo verschiedene Pinguine sich zur Nachtruhe vorbereiteten. Zwischen diesen begann eine lärmende Konferenz, deren Gegenstand offenbar die Möwe war, und endlich fassten sie sich ein Herz und rückten in geschlossener Phalanx auf sie los. Ein paar Schritte von ihr entfernt machte der vorderste Pinguin kehrt, und so sehr die anderen auch nachdrängten, scheute sich immer wieder der vorderste, als Erster an den Feind heranzukommen. Die Möwe saß auf einem Eisblock und tat sehr gleichgültig. Als schließlich die Pinguine sich immer näher herandrängelten, flatterte sie ein paar Meter weiter auf die andere Seite der angreifenden Schar. Diese drehte sich nun um und wiederholte ihre frühere Taktik, bis die Skua schließlich endgültig fortflog. Es war wirklich hochinteressant, die schüchternen Protestbewegungen der Pinguine zu beobachten.
Auf der anderen Seite des Schiffes zankten sich mehrere Pinguine um den Besitz eines kleinen Eisblocks, der noch dazu einen sehr unsicheren Sitzplatz bot. Es war ungemein unterhaltend, wie jeder Vogel sich aufs Äußerste anstrengte, um sich den Platz zu sichern, der eine den anderen fortstieß und der glückliche Sieger, sobald er den Gipfel seines Ehrgeizes erreicht hatte, sofort wieder das Gleichgewicht verlor und der Kampf aufs Neue begann.
Mittwoch, 28. Dezember. Wir haben gestern und heute einige Kilometer gewonnen und das Packeis scheint sich wirklich beträchtlich gelockert zu haben. Selbst das dicke Eis scheint zu brechen. Wir können unmöglich von der Südgrenze des Packeises noch weit entfernt sein, ich habe deshalb befohlen anzuheizen.
Gestern Abend stürzte ein Pony und ich ließ das Tier heute ins Freie bringen. Es ist in traurigster Verfassung, sehr mager, sehr schwach auf den Hinterbeinen und leidet an einer lästigen Hautkrankheit, durch die es die Haare in großen Mengen verliert. Ein paar Tage in frischer Luft werden ihm guttun, und solange wir noch im Packeis sind und das Schiff infolgedessen nicht schwankt, wäre das offene Deck ein gewisser Spielraum zur Bewegung der Tiere. Ihre Erhaltung ist jetzt genauso wichtig wie der Kohlenverbrauch.
Heute Morgen tauchten um das Schiff herum und unter ihm eine Anzahl Pinguine. Es ist das erste Mal, dass sie so dicht herankamen; die Bewegungslosigkeit der Schraube hat sie kühn gemacht. Der Adeliepinguin ist gar zu drollig, ob er nun schläft, zankt oder spielt, ob er neugierig, erschrocken oder böse ist; aber im Wasser ist er etwas ganz anderes; wenn er in drei, vier Metern Tiefe unter dem Wasser pfeilschnell umherschießt, sich wie ein Delfin in die Luft schnellt und leicht über die gekräuselte Fläche einer Wasserrinne hinschwimmt, erregt er ausschließlich Bewunderung. Seine Geschwindigkeit wird vermutlich überschätzt, aber seine Geschicklichkeit im Drehen und Wenden und seine vollkommene Herrschaft über alle seine Bewegungen sind ebenso schön wie erstaunlich.
Blickt man über die öden Strecken des Packeises hin, so kann man sich schwer vergegenwärtigen, wie viel fruchtbares Leben unmittelbar unter seiner Oberfläche existiert. Ein Schleppnetz füllt sich in kurzer Zeit mit Diatomeen, woraus hervorgeht, dass das schwimmende Pflanzenleben hier viel reicher ist als in den Meeren der gemäßigten oder der tropischen Zone. Meist bestehen diese Algen aus drei oder vier bekannten Arten. Von diesen leben wieder Tausende kleiner Krebse (Euphausia), die am Rande jedes Eisfeldes schwimmen und von den umgekippten Schollen heruntergespült werden. Diese Krebse sind wieder die Nahrung der Krabbenfresser-Seehunde, Pinguine, Eissturmvögel und Schneesturmschwalben und einer Unzahl großer und kleiner Fische. Auch diese Fische müssen sehr zahlreich sein; wir fingen einen auf einer umgekippten Scholle, und als vor zwei Tagen mehrere Matrosen am Heck des Schiffes lehnten, schrien sie plötzlich alle auf: Sie hatten ein halbes Dutzend oder mehr Fische von etwa 30 Zentimeter Länge gesehen, die unter einem Eisfeld verschwanden. Diese Fische werden von Robben und Pinguinen, aber auch von Raubmöwen und Sturmvögeln gefangen.
Und dann die größeren Säugetiere. Da ist zunächst der lange, geschmeidige Seeleopard, der ohne Zweifel einen Pinguin oder zwei und vielleicht sogar einen jungen Krabbenfresser-Seehund im Magen hat, denn er ist mit fürchterlichen Reißzähnen bewaffnet. Der gefräßige Schwertwal (Orca gladiator), der jedes kleinere Tier verschlingt, zeigt sich weniger häufig im Packeis, sondern ist an den Küsten stark verbreitet. Überaus zahlreich sind aber hier draußen die anderen Wale, vom Riesenwal (Balaenoptera Sibbaldi), dem größten Säugetier der Welt, bis zu dem kleineren Schnabelwal und anderen Arten. Wenn man diese riesigen Tiere umherschwimmen sieht, kann man sich vergegenwärtigen, welche Unmasse Nahrungsmittel zu ihrer Erhaltung erforderlich ist und wie ungeheuer groß daher in diesem Meer der Vorrat an kleinen Seetieren sein muss. So tobt unter den riesigen Eisfeldern und in den Wasserflächen unaufhörlich der alte Kampf ums Dasein.
Abends 10 Uhr. Wir fuhren um 8 Uhr los; bis jetzt scheint noch alles gut zu gehen. Das Eis ist verhältnismäßig dünn, die Eisfelder höchstens einen Meter dick, die hügeligen Stellen natürlich ausgenommen. Zwischen ihnen liegen Eisschichten, die nur 15 bis 30 Zentimeter dick sind, und auch zahlreiche Wasserlöcher. Wenn das Schiff auch oft durch dickere Schollen zum Stillstand