Letzte Fahrt. Robert Falcon Scott

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Letzte Fahrt - Robert Falcon  Scott Edition Erdmann

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wir viel Pressheu und mehrere Büchsen Mais. Das offene Wasser reichte tatsächlich schon bis an die Gletscherzunge.

      Nun fuhren wir einen bequemen Abhang hinunter, sahen uns aber durch eine 5 Meter breite Spalte abgeschnitten, mussten also den Gletscher wieder hinauf und ein paar Hundert Meter nach links gehen. Auch hier trafen wir auf eine Spalte, konnten aber an ihrem Rand entlangziehen und hatten von da ab eine glatte Fahrt ohne Hindernisse bis zur Hüttenspitze. Erst vor ihr zeigten sich Tümpel offenen Wassers und eine lang gezogene Spalte, bei deren Überschreitung ich mir sehr nasse Füße holte. Allenthalben an den Spalten lagen Hunderte von Robben.

      Meine alte, im Februar 1902 erbaute Hütte fanden wir zu unserem Verdruss mit Schnee gefüllt. Shackleton erzählt, die Tür sei vom Wind gesprengt gewesen und er habe sich durch das Fenster einen Eingang verschafft; außer ihm haben andere Mitglieder seiner Gesellschaft sie als Obdach benutzt. Aber sie haben, als sie fortgingen, das erbrochene Fenster offen gelassen und infolgedessen war fast die ganze Hütte mit eishartem Schnee gefüllt. An einen Unterschlupf war nicht zu denken! Meares und ich konnten nur eben ein paar Schritt weit über den Schnee klettern und den Kistenstapel in der Mitte untersuchen, wobei wir etwas von der Asbestverkleidung der alten magnetischen Hütte an uns nahmen; dann mussten wir sehen, wie wir uns einen geschützten Winkel zum Kochen unseres Kakaos zurechtmachen konnten.

      Montag, 16. Januar. Die Nacht war unter diesen Umständen wenig erfreulich und wir standen ziemlich spät auf. Als wir dann aber in scharfem Südostwind, doch bei hellem Sonnenschein den Hügel hinaufgingen, war mein Ärger verraucht, wenn auch die Instandsetzung der Hütte eine böse Arbeit für uns werden wird. Auf dem alten Observationshügel, in der Schlucht: Überall lag viel weniger Schnee, als ich erwartet hatte, und auf den Kraterhöhen zeigte sich ein ungeheures schneeloses Tafelland, das mich in früheren Tagen, als ich 1903 zum ersten Mal hier war, entzückt hätte. Der Teich war aufgetaut, und Fadenalgen grünten im Süßwasser. Ein Loch, das wir damals in den Wall des Teiches gegraben hatten, war noch dort, eine Entdeckung, die Meares machte, indem er bis an den Gürtel hineinfiel und sehr nass wurde. Auf der Südseite sahen wir jenseits der Prahmspitze, wie ehemals, die Presseisrücken; ein neuer Rücken erstreckte sich etwa 3 Kilometer entfernt um Kap Armitage herum. Die alten Thermometerröhren guckten noch aus dem Schneehang heraus, als ob sie gestern erst hineingesteckt worden seien, und ein Kreuz, das wir zum Gedächtnis unseres damals verunglückten Gefährten Vince errichtet hatten, hätte auch erst gestern aufgestellt sein können – so frisch war die Farbe und so deutlich die Inschrift. Wir luden die Asbestbekleidung auf unseren Schlitten, um sie Simpson mitzubringen, und erreichten auf demselben Weg um die Teestunde unser Lager, wo die Ausstattung der Hütte und der Nebenräume unterdes erfreulich fortgeschritten war. Auch Campbell und seine Gefährten waren von ihrem Sonntagsausflug nach Kap Royds ohne Unfall heimgekehrt.

      Die heutige Wanderung hat mir aber doch zu denken gegeben. Wenn auch das Eis dieser beiden Buchten schon zeitig im März zufrieren mag – um diese Zeit schon Ponys hinüberzuführen, dürfte denn doch recht schwer werden. Wir müssen uns deshalb darauf gefasst machen, auf unserer Depotreise länger vom Winterquartier abgeschnitten zu werden, als ich mir gedacht hatte.

      Dienstag, 17. Januar. Heute war feierlicher Einzug in die Hütte. Wir sind alle geradezu überwältigt von ihrer praktischen Anlage und ihrer Bequemlichkeit. Es ist wirklich eine Freude, zu sehen, wie jeder eifrig dabei ist, seinen Winkel in Ordnung zu bringen; noch ein paar Tage und unsere Hütte wird das gemütlichste Haus von der Welt sein. Vierzehn Tage erst sind wir im McMurdo-Sund und schon so weit, dass ich ruhig die Depotreise antreten kann; so über Erwarten schnell sind wir mit allem fertig geworden!

      Gestern schneite es die ganze Nacht hindurch und heute ist alles weiß; draußen beim Schiff soll der Schnee 15 Zentimeter hoch liegen und Südwind und Schneegestöber währen den ganzen Tag.

      Mittwoch, 18. Januar. Wie ich voraussah: Der »Terra Nova« war eine unruhige Nacht beschieden. Um 1 Uhr begann das Eisfeld schnell zu bersten und das Hantieren mit den Eisankern war eine endlose Arbeit. Gerade als ich die Nachricht erhielt, dass angeheizt sei, sahen wir, wie das Schiff ins Treiben geriet. Doch konnte es sich am Morgen wieder am Eisrand festmachen, und zwar einige hundert Meter näher dem Lager. Ich ging nun hinüber, und auf meinen Rat fuhr Pennell langsam um die Ecke herum in die Bucht hinein. Jetzt liegt unser Schiff in nächster Nähe, 180 Meter vom Eisfuß und 350 Meter von der Hütte entfernt. Südsturm kann ihm über das Vorgebirge weg nicht gefährlich werden; Nordwind könnte es höchstens etwas zu nahe ans Ufer treiben, wo nur 5 ½ Meter Tiefe gelotet wurde. Allerdings ist in diesem Schlupfwinkel, bei dem ausgedehnten Eisfeld, ohne vorherige Anzeichen kaum starker Seegang zu erwarten. Aber allzu sicher dürfen wir doch nicht sein. Überraschungen sind erfahrungsgemäß nie ausgeschlossen. Kommandant Penneil eignet sich übrigens zu seiner Aufgabe ganz vortrefflich; er ist jederzeit heiter und unermüdlich wachsam und jeder, auch der kompliziertesten Situation gewachsen, sodass ich blindes Vertrauen auf ihn setzen kann.

       Im Winterquartier (Cherry-Garrard, Bowers, Oates, Meares, Atkinsons)

      Bowers ist unerschöpflich in Vorschlägen zur Ausstattung der Hütte; jetzt hat er an der Südseite einen Raum für die Vorräte zu unseren Schlittenreisen eingerichtet und Simpson und Wright sind schon so weit, dass sie in Kurzem mit ihrer regelmäßigen Tagesarbeit beginnen können. Der Robbenbraten, das Pinguin- und Möwenfleisch unseres Kochs Clissold haben mir noch nie so gut geschmeckt, und erst seine Seehundsfrikadellen sind genau, als wenn sie aus Rindfleisch zubereitet seien, ohne jeden tranigen Beigeschmack, und selbst den weiß er noch erträglich zu machen.

      Freitag, 20. Januar. Unsere Hütte, der wir übrigens noch keinen Namen gegeben haben, nimmt große Dimensionen an und streckt schon nach allen Seiten ihre Glieder aus. Bowers Anbau an der Südseite, ein Aufbewahrungsraum für schnell herbeizuschaffende Vorräte, Pelzsachen, überflüssige Kleidungsstücke usw. springt so weit vor, dass die Eingangsveranda der Hütte dadurch vollkommenen Schutz erhält. Auch die Ställe an der Nordseite sind so gut wie fertig; einer hat ein festes Dach erhalten und ist durchaus widerstandsfähig. Nelson hat einen kleinen Ausbau an der Ostseite und Simpson einen Vorsprung an der Südostecke. Ponting hat sich eine Dunkelkammer eingerichtet und alle Zimmermannsarbeit dazu mit staunenswerter Gewandtheit selbst ausgeführt; gestern brachte er noch ein Fenster darin an. Meares hat sich in das Grammofon verliebt, für das wir eine sehr schöne Auswahl Platten haben, und Rennick hat heute das Pianola aufgestellt, das, in einzelne Teile zerlegt, aus dem Schiff herübergebracht wurde, obgleich es sich eigentlich nicht die Mühe lohnt.

      Ich habe gestern und heute viel über unsere Depotreise nachgedacht und nun meine Anordnungen getroffen. Deckoffizier Evans setzt schon die Schlitten zusammen und zeigt sich dabei überaus geschickt; Bowers hat den Proviant zu verteilen. Schlittenanzüge, Filzstiefel und -schuhe, Sommerwindanzüge, Fausthandschuhe aus Pelz, für jeden Reisenden ein paar Finnenschuhe, Pelzstiefel, die beim Schneeschuhlaufen gebraucht werden, die Pelzschlafsäcke – alles Fabrikate ersten Ranges – sind schon ausgegeben, und wir denken an nichts als an Einrichtungen und Erfindungen zur Erleichterung unserer Fahrt. Mir macht die Möglichkeit, auf unserer bevorstehenden Herbstreise vom Winterquartier abgeschnitten zu werden, am meisten Kopfzerbrechen; wir werden ziemlich viel Lebensmittel für Tiere und Menschen mitnehmen müssen. Day ist noch immer voller Hoffnung wegen der Motorschlitten; ich bin etwas zweifelnder. Hunde und Ponys vertragen die Kälte gut; nur der Wind macht Letzteren zu schaffen. Doch können wir sie nicht verzärteln und sie werden sich wohl daran gewöhnen, hat doch die Natur selbst schon für sie gesorgt, indem sie ihnen mit wunderbarer Schnelligkeit dicke Pelze wachsen lässt; schon jetzt scheinen sich ihre zottigen Röcke zu glätten. Die Westabteilung, Griffith Taylor und Genossen, hat sich heute bei Wilson über ihre Aufgabe, die Erforschung der Gletscher an der Küste des Viktorialandes, Rat geholt, und der gute Bill hat sein Bestes getan, um ihnen alles Nötige einzupauken.

      Wenn wir nur die Ponys und unsere Vorräte glücklich über die Gletscherzunge hinausbringen,

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