ALICE IM TOTENLAND. Mainak Dhar
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу ALICE IM TOTENLAND - Mainak Dhar страница 9
Als die Kolonne näherkam, konnte Alice die Biter in Augenschein nehmen. Wie sie langsam schlurfend, gebeugt, mit eingezogenen Schultern hintereinander hergingen, erinnerten sie weitaus mehr an Flüchtlinge als an umherstreifende Monster. Hasenohr stieß hinter ihr ein Kreischen aus, und zwei Biter vom Kopf der Gruppe antworteten ihm auf die gleiche Weise. Was bezweckte die Königin damit, sie hierher zu schicken? Sicherlich, mit den Bitern hatte es mehr auf sich, als man sie bisher gelehrt hatte, aber nichts von dem, was sie bisher gesehen hatte, konnte sie dazu umstimmen, sich der Königin anzuschließen oder Teil ihrer wirren Prophezeiung zu werden. Nein, für Alice war klar, dass sie die erste Gelegenheit zur Flucht ergreifen würde, die sich bot.
Genau in diesem Moment hielt die Gruppe an. Ein Großteil der erwachsenen Biter sah hinauf zum Himmel. Ein paar der Kinder begannen zu heulen, ein unmenschliches Geräusch, bei dem sich Alice die Nackenhaare aufstellten. Sie konnte nicht erkennen, warum die Biter sich auf einmal anders verhielten, aber innerhalb weniger Sekunden hatte sich die wohlgeordnete Kolonne in einen aufgescheuchten Haufen angsterfüllter umherirrender Untoter verwandelt. Voller Entsetzen schrien und rannten die Biter durch die Gegend, einige stürzten sogar gegen Bäume und fielen um. Hasenohr war mittlerweile aus seinem Versteck hervorgekommen und stieß ein ohrenbetäubendes Heulen aus, in das die anderen Biter, die sich noch im Unterholz versteckt hielten, mit einstimmten.
Es erweckte den Anschein, als hätte die Königin Hasenohr und die anderen ausgesandt, um jene Gruppe sicher durch den Wald zu eskortieren. Doch an irgendeine Form von Ordnung war nun nicht mehr zu denken. Die Biter rannten umher, schrien wie wilde Tiere, die die Witterung von Jägern aufgenommen hatten, und eine von ihnen, eine Frau mit einem blutigen und zerschundenen Kind im Arm, kam bis auf wenige Meter an Alice heran. Als sie diese erblickte, funkelte sie Alice mit einem hasserfüllten Blick an und bleckte ihre blutverschmierten Zähne. Sie schien bereit, sich auf Alice zu stürzen, aber Hasenohr kam ihr zuvor, schlug ihr von hinten gegen den Kopf und brachte sie so zu Fall.
Während Alice noch darüber nachdachte, was das Durcheinander verursacht haben konnte, hörte sie ein vertrautes Geräusch. Rotoren, das Surren sich nähernder Hubschrauber. Sie sah zum Himmel und erblickte mehrere schwarze Helikopter, die sich der Lichtung näherten. ZEUS.
Der weibliche Biter, den Hasenohr umgestoßen hatte, versuchte gerade mühsam, sich aufzurichten, als ihr Kopf in einem blutigen Schwall explodierte. Alice schrie auf und ging hinter einem Baum in Deckung. Scharfschützen an Bord der eintreffenden Helikopter eröffneten das Feuer. Drei weitere Biter wurden von den Schüssen überrascht, ihre Köpfe zerplatzten durch die Wucht der Einschläge, bevor sich die anderen Biter in die Büsche schlugen. Das Kind, dass die Frau bei sich getragen hatte, lag direkt vor Alices Füßen. Der Anblick, den es bot – das aufgeworfene Gesicht, die blutige Haut, ließ bei ihr keine der Emotionen aufkommen, die sie bei einem menschlichen Kind gehabt hätte. Alice war drauf und dran, in die nahegelegen Büsche zu robben und zu fliehen, aber etwas hielt sie zurück. Sie sah noch einmal zu dem Kind. Es blickte sie an. In den Augen lag keine Unschuld, keine Liebe, nur der Ausdruck blanken Hasses, der allen Bitern zu eigen war. Das Kind konnte noch nicht einmal laufen, aber krabbelte auf sie zu und entblößte ein paar kaum entwickelte Zähne. Ihr Verstand riet Alice, davonzulaufen, aber sie war wie gebannt von dem Anblick. Dieses kleine Wesen, das sie bei der erstbesten Gelegenheit beißen würde, um sie zu einem Biter zu machen, war trotzdem ein kleines Kind. Ein kleines, hilfloses Kind.
Dann stürmte ein riesiger, gut zwei Meter großer Biter an ihr vorbei. Er trug einen Schlapphut, und ein Großteil seiner linken Gesichtshälfte fehlte. Er hob das Kind auf und rannte mit ihm zu der nahegelegenen Baumgrenze. Wieder ertönten Schüsse. Dieses Mal war es nicht der charakteristische Knall der Präzisionsgewehre, sondern das abgehackte Rattern von Automatikwaffen. Das konnte nur eines bedeuten – die Soldaten von ZEUS waren bereits am Boden.
Alice sah nach links, und wie durch ein Wunder erblickte sie ihren Rucksack. Hasenohr musste ihn in dem ganzen Durcheinander verloren haben. Ihr kam die Leuchtrakete in den Sinn, die sich noch darin befand. Sie robbte darauf zu, schnappte sich den Rucksack und zog sich wieder in ihre Deckung zurück. Dort zog sie den Reißverschluss auf und sah mit Erleichterung, dass die Leuchtrakete noch da war. Sie blickte sich um. Hasenohr war nirgendwo zu sehen. Das war ihre Chance. Sie zündete die Leuchtrakete, und das grellrote Licht schoss in den Himmel. Sie sah zu, wie das Signalfeuer über die Baumkronen stieg und hoffte, dass es die Aufmerksamkeit der Soldaten erregen würde, und jemand kommen würde, um sie zu holen.
Das Leuchtsignal blieb nicht unbemerkt, allerdings anders als erhofft. Zwei Biter kamen schreiend und mit gebleckten Zähnen auf sie zu. Mit Grauen bemerkte Alice, dass sich einer der beiden während der Kämpfe bereits ein Opfer gesucht haben musste, denn sein Mund war mit frischem Blut bedeckt, das auf sein schmutziges, abgetragenes T-Shirt tropfte. Es gab keine Möglichkeit, wegzulaufen, also bereitete sich Alice darauf vor, den Angreifern entgegenzutreten. Der Biter mit dem blutverschmierten Gesicht war zuerst bei ihr. Ein dürrer Mann, dem der linke Unterarm fehlte und dessen Haare zu großen Teilen verbrannt waren. Er schrie und stürzte sich auf Alice. Sie ging in die Hocke, holte ihn von den Beinen und trat dann kräftig gegen die Luftröhre des Bitern. Der Tritt hätte einen erwachsenen Mann auf der Stelle getötet, doch der Biter schrie lediglich und stand wieder auf. Der andere Biter, ein großer Mann, der eine blutverschmierte Weste und Shorts trug, kam ebenfalls näher. Alice stürmte auf ihn zu, duckte sich unter seinen Armen hindurch, drehte sich auf den Fersen um und trat ihm unterhalb seines Knies gegen das Bein. Obwohl das Bein gebrochen war, wusste Alice nur zu gut, dass das einen Biter in Angriffslaune nicht aufhalten würde. Er stand langsam und unbeholfen wieder auf. Alice versuchte davonzulaufen, stolperte aber geradewegs in den ersten Angreifer hinein. Dessen Kopf war in einem scheußlichen Winkel abgeknickt, aber sein Mund stand noch immer offen und schnappte nach ihr.
Alice schloss die Augen und machte sich auf das Schlimmste gefasst, doch das sollte nicht eintreten. Sie hörte einen lauten Knall, und als sie Augen wieder öffnete, lag vor ihr der kopflose Körper des Biters. Den zweiten Biter, der auf sie zu hielt, ereilte das gleiche Schicksal. Eine Kugel schlug in seinen Kopf.
Sie sah zu den Baumreihen vor sich und erblickte einen schwarz gekleideten Mann, der mit einem Gewehr im Anschlag auf dem Boden kniete. Er trug die typische schwarze Einsatzkleidung der ZEUS-Truppen, nur ohne Helm, sodass man sein kurz geschnittenes schwarzes Haar sehen konnte, das an manchen Stellen schon etwas ergraute. Er sah sie, grinste und rannte zu ihr.
Alice wollte ihm mit klopfendem Herzen und der Hoffnung auf Rettung entgegengehen, als drei Biter hinter den Bäumen hervorkamen und sich zwischen sie und den Soldaten stellten. Dem ersten schoss der Soldat aus nächster Nähe in den Kopf, doch dann schlug ihm ein anderer Biter das Gewehr aus der Hand. Alice hatte von klein auf zu kämpfen gelernt, aber noch nie hatte sie jemanden so kämpfen sehen wie diesen ZEUS-Soldaten. Scheinbar unbeeindruckt davon, sein Gewehr verloren zu haben, zog er eine lange Klinge aus seinem Gürtel, sprang in die Luft und trieb das Messer in den Schädel des schreienden Angreifers, der sofort zu Boden ging und nicht wieder aufstand. Nun war der dritte Biter beinahe bei ihm, doch der Soldat rollte sich seitwärts ab, zog eine Pistole und feuerte drei Schüsse in den Kopf des Untoten.
Zwei