Die Herrscher und Gestalten des Mittelalters. Reinhard Pohanka
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Seine Taufe fand vermutlich zu Weihnachten 498 durch Remigius von Reims in der Kathedrale von Reims statt, das genaue Datum der Taufe ist umstritten. Es war nicht die Taufe eines Einzelnen. Nach dem Bericht seines Biografen Gregor von Tours soll Chlodwig vor seiner Taufe den Adel und das Volk der Franken befragt haben, ob sie das Christentum annehmen wollten, und ließ sich dann mit 3000 Anhängern taufen. In diesem Sinne ist die Taufe für die Franken keine persönliche Zuwendung zu Gott, sondern, streng nach altgermanischer Vorstellung, die Gesamttaufe eines ganzen Stammesverbandes mit dem König an der Spitze.
Entscheidend für die spätere Geschichte des christlichen Abendlandes wurde, dass Chlodwig sich zur römischen Kirche und nicht, wie andere germanische Stammesfürsten, zum Arianismus bekannte.
Dies half ihm, die Beziehungen der Franken zur gallo-römischen Bevölkerungsmehrheit zu vereinfachen, und förderte die Verschmelzung der verschiedenen Volksgruppen. Die Entscheidung für die römische Kirche wusste Chlodwig aber mit Bedingungen zu verknüpfen, welche die Eigenständigkeit der fränkischen Kirche für Jahrhunderte bestimmen würden. Die Liturgie in seinem Reich sollte lateinisch sein, die Besetzung der geistlichen Ämter wurde von einer fränkischen Synodenversammlung unter dem Vorsitz des Königs bestimmt, und die Geistlichen blieben dem König steuerpflichtig.
Damit gelang es Chlodwig, eine fränkische Eigenkirche als lokal selbstständige Kirche zu gründen, die bis ins späte Mittelalter die Politik der französischen Könige gegenüber den Päpsten bestimmen würde.
Nach einer Reihe von fränkischen Misserfolgen gegen das westgotische Reich unter Alarich II. und gegen die Burgunder um Lyon und Genf, erhoben sich die Alemannen 506 gegen Chlodwig, um die fränkische Herrschaft abzuwerfen. Chlodwig schlug sie entscheidend und gliederte das alemannische in das fränkische Reich ein. Seiner weiteren Expansion in Richtung Süddeutschland wurde aber von Theoderich Einhalt geboten.
Als Nächstes wandte sich Chlodwig nach Süden. Er überschritt die Loire und unterwarf 507 das Königreich der Westgoten von Tolosa in der Schlacht von Campus Vogladensis. Er brachte damit den größten Teil Galliens unter seine Herrschaft und konnte sich damit des Kerngebiets der gallo-römischen Kultur und des legendären Gotenschatzes bemächtigen. In den nächsten Jahren unterwarf er fast ganz Gallien und versuchte bis an die Mittelmeerküste vorzustoßen, was aber von Theoderich vereitelt wurde.
Chlodwig legte großen Wert auf die offizielle Anerkennung seiner Position durch den oströmischen Kaiser Anastasios I., der als nomineller Oberherr des Westens galt. Sie wurde ihm durch die Ernennung zum Ehrenkonsul als Gegengewicht gegen die Ostgoten unter Theoderich in Ravenna gewährt.
509 eroberte Chlodwig das Reich der Rheinfranken und vereinigte damit die seit 420 getrennten Franken. Um sein Reich regieren zu können, richtete er Grafschaften mit Grafen als seine persönlichen Vertreter ein. Mit der Schaffung von Bistümern, welche sich als Träger einer fränkisch-römischen Kultur etablierten, konsolidierte er seine Herrschaft in den neu eroberten Gebieten.
Chlodwig wählte Lutetia, das heutige Paris, gelegen an einem strategisch günstigen Übergang an der Seine, zu seiner Hauptstadt. Er ließ das bis dahin mündlich überlieferte fränkische Recht in der Lex Salica kodifizieren, die für alle Teile seines Reiches übernommen wurde.
Chlodwig starb 511 und wurde in der Apostelkirche in Paris, der späteren Abteikirche Sainte-Geneviève beerdigt. Nach seinem Tod wurde sein Reich unter seinen vier Söhnen Theuderich, Chlodomer, Childebert und Chlothar aufgeteilt, die neue Königreiche mit Zentren in Reims, Orléans, Paris und Soissons gründeten.
Chlodwigs Bedeutung liegt in der Vereinigung der fränkischen, burgundischen und westgotischen Einzelreiche zu einem ersten fränkischen Staatsgebilde mit zentralistischer Verwaltung. Seine Übernahme der alten gallo-römischen Strukturen ermöglichte es dem Frankenreich, auf die Ressourcen der Römer der Spätantike in geistiger und materieller Hinsicht zurückzugreifen und so eine fast ungebrochene kulturelle Kontinuität im Land zu behalten. Von einem Kleinkönig und Kommandanten eines kleinen Militärsprengels war Chlodwig zum König eines Gebietes aufgestiegen, das sich als Francia bezeichnete und zum Zentrum der weiteren Expansion des Frankenreiches wurde.
Durch seine Taufe hat er das Frankenreich dem Christentum geöffnet. Von hier sollten in den nächsten Jahrhunderten die entscheidenden Impulse zur christlichen Mission nach Norden und Osten ausgehen, wobei sich die Missionare, wie etwa Bonifatius, des Rückhaltes und der Ressourcen der fränkischen Könige bedienen konnten.
CHRISTINE DE PIZAN
(1364–1431)
Christine de Pizan war die bedeutendste Schriftstellerin des 15. Jahrhunderts und gilt als erste Frauenrechtlerin in der Geschichte, auch wenn ihr nachhaltiger Einfluss im Mittelalter gering blieb.
Christine wurde 1364 in Venedig geboren. Ihr Vater, Tommasso di Benvenuto da Pizzano, Astrologe und Mediziner, hatte an dieser Universität von 1344–1356 einen Lehrstuhl für Astrologie inne und war zur Zeit ihrer Geburt auch als Stadtrat in Venedig tätig.
Wenige Monate nach ihrer Geburt nahm Tommasso das Angebot des französischen Königs Karl V. an, Hofastrologe am französischen Hof zu werden, und brach 1364 nach Frankreich auf. Christine und ihre wieder schwangere Mutter blieben in Italien zurück. 1368 ließ Tommasso seine Familie an den französischen Hof nachkommen. Als er dort bei Christine die Neigung zur Literatur entdeckte, unterrichtete er sie in Latein, Philosophie und in wissenschaftlichen Fächern.
1379 heiratete Christine kurz vor ihrem 15. Geburtstag den 25-jährigen Etienne du Castel aus der Picardie, der als königlicher Sekretär und Notar am Hofe Karls V. tätig war. Christine beschrieb ihre Ehe als glücklich, aber als ihr Mann zehn Jahre später das Opfer einer Epidemie wurde, ließ er sie mit drei Kindern fast mittellos zurück.
Da Christine ihrem Mann über dessen Tod hinaus treu bleiben wollte, lehnte sie eine nochmalige Heirat ab, musste daher einen Beruf finden, um ihre Familie zu ernähren. Wahrscheinlich versuchte sie, als Kopistin fremder Werke zu Geld zu kommen, nebenbei begann sie ihre schriftstellerische Karriere.
Zunächst verfasste sie das Erziehungsbuch »Buch der Klugheit«, das sie an Philipp den Kühnen, Herzog von Burgund, einen Sohn des französischen Königs Johann II. der Gute, verkaufen konnte. 1390 war sie mit Balladen bei einem Dichterwettbewerb erfolgreich.
Im Geschichtsband »Buch der großen Taten und des vorbildlichen Lebenswandels des weisen Königs Karls V.« setzte Christine de Pizan dem Gönner ihrer Familie ein literarisches Denkmal. Außerdem schrieb sie die gesellschaftspolitischen Werke »Buch vom Staatswesen« und »Buch vom Frieden«, in denen sie zum 100-jährigen Krieg« zwischen England und Frankreich Stellung bezog und sich für Frieden und Einigkeit einsetzte. Die Liebe und die Beziehungen zwischen den Geschlechtern behandelte Christine de Pizan in den Werken »Buch vom wahrhaft liebenden Herzog« und »Hundert Balladen über einen Liebenden und seine Herzensdame«.
Die größte Beachtung fand ihr Werk »Das Buch von der Stadt der Frauen«, verfasst 1404–1405, in dem sie sich gegen die bösartigen Behauptungen der Männer über die Frauen zur Wehr setzte. Ausgangspunkt ihrer Gedanken ist, dass Gott niemals etwas so »Übles und Böses«, wie die Männer die Frauen darstellten, geschaffen hätte. Frauen haben dieselben geistigen Fähigkeiten wie der Mann, dem sie von Gott als Gefährtin,