Die Herrscher und Gestalten des Mittelalters. Reinhard Pohanka

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Die Herrscher und Gestalten des Mittelalters - Reinhard  Pohanka marixwissen

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Euch als Erzbischof nicht geben werde können.« Heinrich bestand auf seiner Idee, und auch die Kirche glaubte durch die guten Beziehungen Beckets zu Heinrich profitieren zu können, so ließ sich Thomas 1162 zum Priester und nur eine Woche danach zum Erzbischof von Canterbury weihen.

      Von einem Tag auf den anderen änderte Becket seinen Lebensstil, gab alle weltlichen Zeichen von Luxus und Macht auf und übte sich in Askese. Er verzichtete gegen den Willen Heinrichs auf die Kanzlerschaft und noch im selben Jahr entwickelte sich ein Konflikt zwischen ihm und Heinrich. Es ging um die Besteuerung des Klerus und um die Frage, welcher Jurisdiktion straffällige Kleriker unterstehen sollten. Der König, dem die Kirche zu mächtig war, wollte ihre Unabhängigkeit beschneiden, was Becket, der darin einen Anschlag auf die Rechte der Kirche sah, zu verhindern versuchte. Heinrich berief zur Durchsetzung seiner Anliegen 1163 die Bischöfe von England nach Westminster, konnte sich aber nicht durchsetzen. Ein Jahr später legte er den Bischöfen die 16 Satzungen von Clarendon vor, die Thomas, auch gegen den Widerstand seiner eigenen Bischöfe, ablehnte.

      Das Jahr 1164 vertiefte die Auseinandersetzung. Heinrich versuchte Thomas durch Strafen in die Knie zu zwingen. Man versuchte, ihm Unterschlagung von Geld in seiner Zeit als Kanzler anzudichten, und verlangte die unglaubliche Summe von 30.000 Pfund von ihm. Die Bischöfe rieten ihm, sich dem König zu unterwerfen, aber nachdem er eine Aussprache mit Heinrich versucht hatte, die fruchtlos blieb, floh er im Oktober 1164 nach Frankreich und fand Zuflucht bei König Ludwig VII. von Frankreich und bei Papst Alexander III. in Sens. Hier wurde er als Erzbischof von Canterbury bestätigt und nahm für zwei Jahre seinen Sitz im Zisterzienserkloster von Pontigny, ehe Heinrich den Orden in England bedrohte und er wieder nach Sens übersiedeln musste.

      Thomas Becket war nicht in allen Fragen unnachgiebig, aber gegenüber den 16 Artikeln von Clarendon blieb er starrköpfig. Er versuchte sich abermals mit dem König auszusöhnen, aber solange die Fragen von Clarendon nicht gelöst waren, wollte und konnte Heinrich seinen alten Freund und Kanzler nicht akzeptieren. 1170 drohte der Papst wegen dieser Frage den Kirchenbann über England zu verhängen und den König zu exkommunizieren. Um dies zu vermeiden, schloss Heinrich mit Becket eine unsichere Vereinbarung, die es dem Erzbischof erlaubte, nach Canterbury zurückzukehren, ohne dass aber einer in der Sache nachgegeben hätte. Thomas betrat am 3. Dezember 1170 wieder englischen Boden und erreichte zwei Tage später Canterbury. In der Zwischenzeit hatte sich Heinrich immer wieder bitter über Tomas beklagt, und als er einmal ausrief: »Kann mich denn keiner von diesem lästigen Priester befreien«, nahmen dies vier Ritter, Reginald Fitznurse, Hugh de Morville, William de Tracey und Richard le Breton, als indirekten Auftrag, Becket zu beseitigen. Am 29. Dezember 1170 suchten sie Becket in der Kathedrale von Canterbury auf, um Absolution für ihre Sünden zu erlangen, die ihnen Becket aber verweigerte. Nach einiger Zeit kehrten sie mit einer Bande bewaffneter Männer zurück, gerade als Becket die Vesper für seine Gemeinde abhielt. Sie verlangten den »Verräter« zu sehen, worauf ihnen Becket antwortete: »Ich bin kein Verräter, sondern Erzbischof und ein Mann Gottes.« Sie fielen über Becket her und versuchten ihn aus seiner Kirche zu zerren, was aber nicht gelang. Daraufhin erschlugen sie ihn in der Kathedrale, so dass sein Gehirn über den Boden spritzte.

      Beckets Ermordung entsetzte Europa. Nur zwei Jahre nach seinem Tode wurde er heilig gesprochen, und 1174 musste Heinrich, verfangen in den Wirren der Revolte seiner Söhne

Richard Löwenherz, dem jüngeren Heinrich und seiner Frau
Eleonore von Aquitanien, öffentlich für den Mord Buße tun und wurde am Sarkophag von Thomas Becket gegeißelt. Becket wurden eine Reihe von Wundern zugeschrieben, und im Mittelalter wurde sein Schrein zu einem der beliebtesten und reichsten Wallfahrtsorte in England.

      1220 wurde sein ursprüngliches Grab in die Trinity Chapel der Kathedrale von Canterbury übertragen. Es verschwand während der Zerstörung und Aufhebung der englischen Klöster 1538, ob ein 1888 gefundenes Skelett ihm zuzuschreiben ist, bleibt fraglich.

      Die Bedeutung von Thomas Becket ist im Zusammenhang mit der das Mittelalter beherrschenden Frage nach dem Supremat der Papstes oder der weltlichen Autorität zu sehen. Wie in der Auseinandersetzung des deutschen Königs

Heinrich IV. mit
Papst Gregor VII. im Investiturstreit ging es darum, wieweit ein weltlicher Herrscher das Leben der Kirche mitbestimmen darf und ob sich die Kirche dagegen wehren kann. Im Fall von Thomas Becket kommt noch dazu, dass er sich völlig wandelte, vom Kanzler, der das Wohl Englands auch gegen die Kirche verteidigte und förderte, zum persönlichen Gegner der Königs, der seine Kirche angriff. In der Auseinandersetzung steckte die Ideologie der Zeit, aber auch ein Kampf zweier großer Persönlichkeiten auf einer menschlichen Ebene, der weit über die politischen Inhalte hinausging.

      BENEDIKT VON NURSIA

      (480–547)

      Das Mönchtum und die Mönche im Mittelalter sind die Träger der Kultur. Sie bewahren in ihren Klöstern die Schriften des Altertums, kümmern sich um Medizin, Wissenschaft, Landwirtschaft und Gartenbau, erziehen die Kinder des Adels und roden weite Landstriche Mitteleuropas. Mönchische Gemeinschaften gab es, besonders im Orient, schon ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. Die Blüte des europäischen Mönchtums wurde aber erst möglich, als Benedikt von Nursia mit seinen Regeln die Arbeit und das Wirken der Mönche in geordnete Bahnen lenkte.

      Benedikt entstammte der christlichen Spätantike. Geboren wurde der aus der Familie eines reichen Landbesitzers stammende Benedikt 480 in Nursia in Umbrien, der Überlieferung nach war seine Zwillingsschwester die später als Heilige verehrte Scholastika.

      Im Alter von 20 Jahren scheint er sein Leben überdacht zu haben. Von seinen Eltern nach Rom gesandt, um dort zu studieren, fühlte er sich bald abgestoßen vom Leben seiner Mitstudenten, auch die Liebe zu einem Mädchen scheint ihm keine Erfüllung gebracht zu haben. Er verließ Rom und siedelte sich mit »tüchtigen Männern« in einer klösterlichen Gemeinschaft in Enfide an, dem heutigen Affile in den Bergen von Simbrucini in der Nähe von Subiaco, etwa 80 km südlich von Rom. Hier zog sich Benedikt unter dem Einfluss des Mönches Romanus als Eremit für drei Jahre in eine Grotte zurück, wobei er der Legende nach immer wieder den Anfechtungen des Teufels ausgesetzt war.

      Seine Lebensweise fand so viel Respekt, dass man ihm die Abtstelle in einem Kloster bei Vicovaro anbot. Hier versuchte er erstmals, seine Grundsätze von Askese, Arbeit und Gebet durchzusetzen, was aber bei den Mönchen auf Widerstand stieß. Diese, verwöhnt vom guten Leben, wollten Benedikt wieder loswerden und versuchten ihn zu vergiften.

      Benedikt kehrte ins Aniotal zurück und gründete zwölf Klöster, die er jeweils mit zwölf Mönchen ausstattete. Dafür entwickelte er die »regula benedicti« (Regeln des Benedikt), die das Klosterleben des Mittelalters prägen sollten.

      Die Regeln des Benedikt sind einfach. Grundlage sind die »opus dei«, die Arbeiten Gottes wie Meditation und Gebet, die allen anderen Arbeiten vorzuziehen sind. Dazu kommt die Ortsfestigkeit, um das Vagabundieren der Mönche, das bis dahin üblich war, zu unterbinden. Der Mönch darf keinen Besitz haben und ist zum Zölibat und zur Demut verpflichtet, die Mahlzeiten werden unter Schweigen gemeinsam eingenommen. Seinem Oberen ist er den absoluten Gehorsam schuldig. Sieben Mal am Tag versammeln sich die Mönche zum gemeinsamen Gebet, und in der Woche sollten die 150 Psalmen einmal vollständig gebetet werden. Der Mönch hat körperlich zu arbeiten, denn: »Der Müßiggang ist der Feind der Seele. Deshalb müssen sich die Brüder zu bestimmten Zeiten mit der Arbeit beschäftigen, die anderen Stunden dienen zum Lesen der Bücher.« Die Ernährung hatte einfach zu sein und verbot den Verzehr vierfüßiger Tiere. Alle Tätigkeiten des Tages wie Gebet, Lesung, Arbeit und Schlaf wurden festen Zeiten unterworfen.

      Das

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