MATTHEW CORBETT und die Königin der Verdammten (Band 2). Robert Mccammon
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Читать онлайн книгу MATTHEW CORBETT und die Königin der Verdammten (Band 2) - Robert Mccammon страница 3
»Wunderbar!«, sagte der bärtige Mann erfreut. Er warf seinem grauhaarigen Begleiter, der kleiner und dicker war und auf der Hakennase eine Brille trug, einen Blick zu. »Ich habe Euch doch gesagt, dass sie kommen werden! Ihr habt stets zu viele Zweifel!«
»Ich sehe mich korrigiert und gerügt«, sagte der Mann zu Greathouse und Matthew. »Und auch sehr von der Geschwindigkeit beeindruckt, mit der Ihr auf diese Angelegenheit reagiert habt, Gentlemen.«
»Ich war heute in New York«, warf Jacob ein. »Ich bin auf einem Vogel hingeflogen.«
»Entschuldigt meine schlechten Manieren.« Der Bärtige streckte erst Greathouse und dann Matthew seine Hand hin. »Ich bin Dr. Ramsendell, und dies ist Dr. Curtis Hulzen. Danke, dass Ihr gekommen seid, Gentlemen. Ich kann Euch gar nicht genug danken. Ich weiß, dass Ihr eine lange Reise hinter Euch habt. Darf ich Euch zu einer Tasse Tee in mein Arbeitszimmer einladen?«
Greathouse zeigte ihm den Briefumschlag. »Ich würde gern mehr hierüber wissen.«
»Aha. Ja, der Brief. Ich habe ihn gestern im Dock House Inn abgegeben. Kommt, lasst uns im Arbeitszimmer reden.« Ramsendell gestikulierte in Richtung Tür. Matthew war sich nur zu bewusst, dass Jacob ihm folgte und fast auf die Hacken trat.
»Ich saß auf einem Vogel«, sagte Jacob an niemanden gewandt. »Dick und glänzend war der und hat Leute in seinem Magen verschluckt.«
»Jacob?« Ramsendell blieb an der Tür stehen. Er sprach freundlich mit dem kranken Mann, so wie mit einem launischen Kind. »Die Gentlemen, Dr. Hulzen und ich haben etwas Wichtiges zu besprechen. Ich möchte gern, dass du deine Arbeit erledigst.«
»Ich habe schlimme Träume«, sagte Jacob.
»Ja, das weiß ich. Nun geh. Je früher du fertig bist, desto früher kannst du essen.«
»Ihr werdet über die Königin reden.«
»Das stimmt. Und nun geh. Von allein faltet sich die Wäsche nicht.«
Jacob schien darüber nachzudenken, nickte dann und grunzte. Er drehte sich um und ging an dem Steinhaus vorbei auf den Weg zu, der zu den anderen kleinen Gebäuden führte.
»Vor drei Jahren war er Vorarbeiter bei der Sägemühle am Fluss«, erklärte Ramsendell leise, als Matthew und Greathouse Jacob nachschauten. »Er hat eine Frau und zwei Kinder gehabt. Ein fahrlässiger Unfall – er hat ihn übrigens nicht verursacht –, und seine Verletzung hat ihn zu einer zweiten Kindheit reduziert. Er macht Fortschritte und übernimmt für kleinere Arbeiten auch die Verantwortung, aber da draußen wird er nie mehr leben können.«
Da draußen. Matthew fand, dass er gesprochen hatte, als sei nicht dieses Tollhaus ein beängstigender Ort, sondern der Rest der Welt.
»Bitte, tretet ein.« Ramsendell hielt ihnen die Tür des Arbeitszimmers auf.
Der Raum hätte auch die Amtsstube eines Richters in New York sein können. Zwei Schreibtische standen darin, dazu ein größerer Tisch mit sechs Stühlen für Beratungen, ein Aktenschrank und Regale voller Bücher. Ein einfacher dunkelgrüner Webteppich zierte die Fußbodenbretter. Hinten im Zimmer stand eine zweite Tür offen, durch die Matthew etwas sehen konnte, das wie ein Untersuchungstisch sowie ein Schrank aussah, in dem er Arzneien oder medizinische Instrumente vermutete. Ihm fiel dort eine Bewegung auf. Er sah eine grau gekleidete Frau mit langen schwarzen Haaren, die mit einem blauen Tuch Glasfläschchen abwischte. Sie schien zu spüren, dass jemand sie ansah, denn sie drehte den Kopf. Für ein paar Sekunden betrachtete sie Matthew mit ausdruckslosen, eingesunkenen Augen. Dann konzentrierte sie sich wieder auf ihre Arbeit, als gäbe es keine Menschen auf der Welt und keine wichtigere Aufgabe.
»Setzt Euch doch.« Ramsendell wartete, bis Matthew, Greathouse und Hulzen an dem großen Tisch Platz genommen hatten. »Darf ich Euch etwas Tee anbieten?«
»Wenn es Euch nichts ausmacht«, sagte Greathouse, »könnte ich auch etwas Stärkeres vertragen.«
»Oh, bitte entschuldigt. Wir haben keine alkoholischen Getränke auf dem Gelände. Aber es ist noch Apfelmost da. Wäre das etwas?«
»Gerne«, sagte Greathouse, obwohl Matthew wusste, dass der Mann sich einen Krug Starkbier wünschte.
»Für mich bitte auch«, sagte Matthew.
»Mariah?«, rief Ramsendell, und die schwarzhaarige Frau hörte mit dem Saubermachen auf und spähte ins Zimmer. Ihr Mund hing schlaff und ihr linkes Auge zuckte. »Würdet Ihr bitte in die Küche gehen und unseren Gästen zwei Becher Apfelmost eingießen? Wenn Ihr bitte die Zinnbecher nehmen könntet. Curtis, möchtet Ihr irgendetwas?«
Hulzen schüttelte den Kopf. Er war damit beschäftigt, Tabak aus einem Hirschlederbeutel in eine Tonpfeife zu stopfen, die mit einem Rautenmuster verziert war.
»Für mich bitte eine Tasse Tee«, fügte Ramsendell hinzu.
»Jawohl, Sir«, gab die Frau zurück und verschwand hinten im Haus.
»Diese Menschen brauchen eine Arbeit«, erklärte Ramsendell und setzte sich an den Tisch. »Damit sie sich ihre Handfertigkeiten bewahren und eine Herausforderung haben. Wobei manche ihre Hände nicht so gut beherrschen können. Und natürlich gibt es auch die, die entweder nicht aus dem Bett können oder wollen. Jeder Fall ist anders, versteht Ihr?«
Greathouse räusperte sich. Matthew fand, dass er trotz seiner sonstigen Abgebrühtheit aussah, als fühlte er sich hier äußerst unwohl. »Ich befürchte, dass ich das nicht verstehe. Woher kommen diese Menschen? Und wie viele sind hier?«
»Nun, zurzeit haben wir vierundzwanzig Männer und acht Frauen als Patienten. Sie sind natürlich in getrennten Teilen des Hospitals untergebracht. Und dann haben wir noch Räume für die, die gewalttätig sind, oder die … wie soll ich es ausdrücken … ihren Nachttopf ignorieren. Wir versuchen ihnen hier beizubringen, dass sie trotz ihres verwirrten Geisteszustands noch die Macht haben, Entscheidungen zu treffen. Sie können weiterhin lernen.«
»Leider haben nicht alle diese Fähigkeit behalten.« Hulzen hatte ein Streichholz angezündet und steckte sich die Pfeife an. Als er weitersprach, quoll blauer Rauch von seinen Lippen. »Manchen kann man nicht helfen. Die müssen wir fesseln, damit sie sich und auch niemand anderen verletzen können, aber zumindest bekommen sie hier Essen und haben ein Dach über dem Kopf.«
»Womit wir sagen wollen, dass wir unsere Patienten nicht wie Tiere behandeln.« Ramsendell sah von Greathouse zu Matthew, um diese Feststellung zu betonen. »Sowohl Curtis als auch ich haben in London Erfahrungen mit Geistesgestörten gesammelt und uns beiden ist die übliche Methode, Patienten durch Fesseln und Anketten unter Kontrolle zu halten, zutiefst zuwider.«
»Woher kommen diese Patienten?«, wiederholte Matthew Greathouses Frage.
»Manche sind aus New Jersey, manche aus New York, andere aus Pennsylvania«, sagte Ramsendell. »Sowohl aus kleinen Dörfern als auch aus Städten. Manche haben einen gerichtlichen Vormund, andere sind hier von Verwandten eingewiesen worden. Manche haben wie Jacob einen Unfall erlitten, der die Geistesfähigkeiten beschädigt hat. Und andere sind anscheinend unter einem Unglücksstern geboren worden. Seit der Finanzkrise ist das Hospital in Philadelphia,