Brot des Lebens. Helmut Kratzl

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Brot des Lebens - Helmut  Kratzl

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„Rahmenplan für die Glaubensunterweisung“, der 1967 vom Deutschen Katechetenverein erstellt und von den katholischen Bischöfen Deutschlands herausgegeben wurde, sah vor, die Erstkommunion im zweiten Schuljahr zu halten, die Erstbeichte aber erst im vierten. In vielen Pfarren hielt man sich daran. 1972 hat sich die römische Kleruskongregation dagegen ausgesprochen, aber ohne es direkt zu verbieten. 1973 jedoch forderte Rom die Beendigung dieses Experimentes. Das führte zu erheblicher Unruhe in vielen Pfarren Deutschlands. Die gemeinsame Synode der Bistümer Deutschlands 1971–1975 in Würzburg sah die Bußerziehung als „durchlaufende Aufgabe der christlichen Erziehung“, getragen von der ganzen Gemeinde. Für den Zeitpunkt von Erstbeichte und Erstkommunion sei die konkrete Glaubenssituation des Kindes und vor allem seiner Familie entscheidend. Dennoch mahnte die Synode, „in der Regel“ die Hinführung zum Bußsakramente mit der Vorbereitung auf die Erstkommunion zu verbinden. Die Praxis blieb unterschiedlich.

      In der Erzdiözese München beispielsweise wurde unter Kardinal Julius Döpfner eine Neuregelung zum Bußsakrament „ad experimentum“ eingeführt. Beichte und Erstkommunion wurden getrennt, um die Kinder nicht zu überfordern. Als Joseph Ratzinger 1977 Erzbischof wurde und nach drei Monaten auch Kardinal, stoppte er auf Weisung Roms dieses Experiment. In einem Brief an die Pfarrer argumentierte er, dass es dagegen auch theologische Gründe gebe. Nicht alle Pfarrer folgten dieser Anweisung, später kam es zu einem Kompromiss.

      Auch in Österreich haben manche Pfarrer die Beichte in die vierte Klasse verschoben. Ich glaube nicht, dass theologische Gründe dagegen sprechen, eher pastorale. Gerade im Erstkommunionjahr ist die Hinwendung der Kinder und ihrer Familien zum Glauben, zu Kirche und Gemeinde sehr stark, sodass auch die Beichte in diesem Rahmen größere Aufmerksamkeit erfährt. Aber das Schwergewicht müsste doch auf der Hinführung zur Begegnung mit Christus im Altarsakrament liegen. Eine Feier der Versöhnung kann verschiedentlich aussehen, es muss nicht immer die Beichte sein.

       Unvorbereitet zur Kommunion gehen?

      „Jeder soll sich selbst prüfen und erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken“, rät der Apostel Paulus der Gemeinde von Korinth (1 Kor 11,28) und bei Matthäus mahnt Jesus, sein Opfer erst zum Altar zu bringen, wenn man sich versöhnt hat (vgl. Mt 5,23). Auch Kinder können verstehen, dass man nicht in die Tischgemeinschaft mit Jesus passt, wenn man mit anderen in Zwist und Streit lebt. Dass das Mahl der Liebe nur würdig empfangen wird, wenn man um Liebe bemüht ist. Daher sollte in der Vorbereitung auf die Erstkommunion ernst über Versöhnung gesprochen werden und dann auch ein schönes Fest der Versöhnung gefeiert werden. So nennt man heute übrigens auch die Beichte. Aber vielleicht ist eine gemeinschaftliche Feier erlebnisreicher als die individuelle Beichte. Schließlich hat uns gerade das Konzil gelehrt, wieder die verschiedenen Formen der Sündenvergebung zu feiern. Auch dort werden Sünden vergeben, so es nicht „schwere“ sind. Übrigens ist nach CIC can. 988 § 1 die Beichte nur für schwere Sünden verpflichtend. Und kommen diese im Leben eines siebenjährigen Kindes überhaupt vor? Für die Sünden eines Kindes passt nicht das Bild des „verlorenen“ Sohns mit dem barmherzigen Vater, der neu mit dem Festtagskleid, der Gnade, bekleidet werden muss. Eher doch das Bild der Kinder, die zu Jesus drängen und die er umarmt und vor den Eltern segnet.

      Neun Mal Kommunion am Herz-Jesu-Freitag – Garantie für die Seligkeit?

      Jugendliche tun sich heute schwer mit der heiligen Messe. Sie haben nur selten eine innere Beziehung zum Geheimnis der Eucharistie gefunden, beurteilen die Messe daher vor allem nach der äußeren Gestaltung. „Warum ist die Messe immer so schnarchlangweilig?“, schrieb mir ein Mädchen vor der Firmung. Ich bewundere ihre Wortschöpfung, bin aber traurig über diesen Eindruck. „Die Pfarrer sollten kreativer sein“, klagt ein anderer Firmling. „Ich gehe regelmäßig zur Messe“, teilt mir stolz ein Jungscharführer mit, „einmal im Monat“. Ja, das ist auch regelmäßig, aber was ist an den anderen Sonntagen? Und selbst wenn der Wille da wäre, die Beginnzeiten der Sonntagsgottesdienste sind für Jugendliche heute immer zu früh. Das wird noch ärger, wenn Priester immer mehr Pfarren betreuen und ihren Sonntag in einer Pfarre schon um 7.30 Uhr beginnen müssen.

      Jugendliche tun sich heute schwer mit der Messe. Das war aber nicht immer so. Als junger Priester habe ich das anders erlebt.

       Was hat früher die Messe attraktiver gemacht?

      In meiner Kaplanszeit in den 1950er Jahren habe ich eine Jugend erlebt, die ein ungezwungenes Verhältnis zur heiligen Messe hatte. Grund dafür war nicht die „alte Messe“, der heute wieder manche, auch Jugendliche, nachtrauern, es waren verschiedene Umstände, die gleichsam zur Messe „einluden“.

      Da war einmal die Tatsache, dass die Eucharistiefeier in der Gesellschaft eine besondere Wertschätzung erfuhr. Die Sonntagsmesse war für viele eine Selbstverständlichkeit, nicht wenige feierten sogar an Wochentagen mit. Dann war die erlebte Gemeinschaft. Jungschar- und Jugendgruppen nützten viele Gelegenheiten, zusammenzukommen, so auch Andachten und Gottesdienste. In meiner Jugendzeit hatten wir in der Pfarre St. Ulrich jeden Mittwoch um 6.15 Uhr eine Jugendmesse. Es kamen erstaunlich viele, auch weil wir uns treffen wollten. Und schließlich machte oft der Jugendkaplan die Messe „attraktiv“. Nicht durch ein besonderes Ritual oder gewagte Experimente, sondern – wie erstaunlich – durch die Predigt. Als ich in meiner Jugendzeit mit der Pfarre auf Sommerlager war, feierten wir ohne Frage täglich die Messe und hörten unseren jungen „Pater“ gerne. Als Kaplan fuhr ich auf Jungscharlager und auch dort feierten wir täglich die heilige Messe. Es gab kein Murren, es gehörte einfach zum Tagesablauf dazu. Manche gingen sogar während des Lagers zwischendurch zur Beichte.

      Es war erfreulich, dass die Jugend der Messe aus diesen Gründen näherkam. Bedenklich aber ist, wenn es dabei bleibt und die jungen Leute nicht auch zur persönlichen Begegnung mit Christus kommen. So schien eine versäumte Messe dann eher den Gemeinschaftssinn zu verletzen oder den Kaplan zu kränken, wurde aber nicht als Geringschätzung der Einladung durch Christus, den Gastgeber, empfunden.

       Herz-Jesu-Verehrung verständlich für Jungscharkinder?

      In den 1950er Jahren wurde die Herz-Jesu-Verehrung besonders betont. Unter anderem wurde eine der vielen Verheißungen an die hl. Margareta Maria Alacoque (1647–1690) verbreitet. Die Verheißung verspricht: „Wer an neun aufeinanderfolgenden ersten Monatsfreitagen die heilige Kommunion empfängt, wird eine gute Todesstunde haben und die Seligkeit erlangen.“ Als junger Kaplan gefiel mir diese Verheißung sehr und ich erzählte sie meiner großen Jungschargruppe. Zu meiner Überraschung waren etliche bereit, auf diese Verheißung einzugehen. Sie kamen am Herz-Jesu-Freitag regelmäßig zur Messe, beichteten vorher und gingen zur Kommunion. Ich weiß nicht, wie viele die neun Freitage „aufeinanderfolgend“ durchhielten. Sonst hätte man ja laut Verheißung wieder von vorne anfangen müssen. Aber ich freute mich riesig, für die Jugend ein neues Motiv für Messe und Kommunion gefunden zu haben.

      Heute wäre solches sicher nicht mehr möglich. Ich würde es auch nicht mehr tun. Denn rückblickend bekomme ich auch schwere Bedenken. Einmal, dass ich den Eindruck erweckte, man könne sich sein Heil „verdienen“. Zum anderen habe ich es versäumt, gerade an diesen neun Freitagen die Jugendlichen dem Geheimnis der Eucharistie persönlich näherzubringen, in der wir ja das Gedächtnis dessen feiern, der „sein Herzblut für alle vergossen“ hat.

      2. Kapitel

      Das Messverständnis, als ich Priester wurde

      Während meiner 60 Priesterjahre hat sich der Ritus der Messe

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